„Blue Knights“Der Polizist in der Rocker-Kutte

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Der „President“ des „Chapters Cologne“ an seinem Schreibtisch im Polizeipräsidium. (Bild: Stefan Worring)

Der „President“ des „Chapters Cologne“ an seinem Schreibtisch im Polizeipräsidium. (Bild: Stefan Worring)

Köln – Die Begrüßung geht schon mal daneben. Auf das harmlos gemeinte „Ah, Sie sind also der Rocker von der Polizei?“ streckt Andreas Hohendorf die Hand aus und entgegnet freundlich: „Ich bin kein Rocker.“

Das überrascht, denn der 43-Jährige nennt sich immerhin „President“ des „Chapters Cologne“ der „Blue Knights“. Er trägt eine Kutte mit vielen bunten Aufnähern, fährt eine 130 PS starke Touringmaschine von BMW und beschäftigt einen „Vice-President“, einen „Secretary“, einen „Treasurer“ (Schatzmeister) und einen „Road Master“ (Streckenplaner), aber der Begriff Rocker gefällt ihm nicht. „Der ist negativ belegt“, sagt Hohendorf, „den haben die Outlaw-Motorcycle-Gangs für sich in Beschlag genommen.“ Zum Beispiel die Hells Angels oder die Bandidos. Die Polizei hält diese Gruppen wegen mutmaßlicher Drogen-, Prostitutions- und Waffengeschäften unter strenger Beobachtung. In Hessen hat das Innenministerium kürzlich zwei Chapter der Hells Angels verboten.

Mehr als 20.000 Mitglieder weltweit

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Die „Blue Knights“ (Blaue Ritter) bezeichnen sich lieber als eine „weltweite Vereinigung Motorrad fahrender Polizisten“. Sie wurde 1974 in den USA gegründet und zählt rund um die Welt inzwischen mehr als 20.000 Mitglieder in 600 regionalen Unterabteilungen. Das „Chapter Cologne“ ist mit 40 Mitgliedern im bundesweiten Vergleich eines der größeren. Dass die „Blue Knights“ teilweise dieselben Fachworte verwenden wie verrufene Rockerclubs, liege schlicht daran, dass Titel wie „Vice-President“ oder „Secretary“ der amerikanischen Wirtschaftssprache entlehnt seien.

„Full Member“, also volles Mitglied bei den „Blue Knights“, dürfen nur Polizei- oder Zollfahndungsbeamte werden, die in einer Dienststelle mit Festnahmerechten arbeiten. Sie müssen einen Motorradführerschein und ein Motorrad besitzen. So schreiben es die Statuten vor. Hohendorf erfüllt die Voraussetzungen seit acht Jahren, vor zwei Jahren wurde der Kommissar zum Präsidenten der Kölner Gruppe gewählt. „Ich halte den Kontakt zu den weltweiten Chaptern und steuere Informationen über Treffen, Events oder Spendenaktionen weiter“, beschreibt er.

Vor allem der Zusammenhalt, die weltweiten Versammlungen und der Spaß an gemeinsamen Ausfahrten haben Andreas Hohendorf überzeugt, ein „Blue Knight“ zu werden. „In den USA wirst du von den anderen Mitgliedern sofort so behandelt, als kenne man sich schon ewig. Man wird in die Privathäuser eingeladen, kriegt ein Motorrad gestellt, bekommt Stadtführungen.“ Aus seinem Amerika-Urlaub im Vorjahr brachte Hohendorf knapp 50 Visitenkarten mit nach Hause. „Das war überwältigend.“

Bei allem Bemühen, sich von den Hells Angels oder Bandidos abzugrenzen, spürt Hohendorf dennoch oft misstrauische Blicke von Passanten, vor allem wenn die „Blue Knights“ in Gruppenstärke und voller Montur in der Stadt unterwegs sind. „Das löst sich dann immer schnell auf, wenn die Leute den Polizeiaufnäher auf unseren Westen erkennen“, sagt der 43-Jährige. „Aber wir versuchen natürlich schon, bestimmte Gebärden zu vermeiden, wollen immer freundlich und hilfsbereit sein. Da achte ich sehr drauf.“

Regelmäßige Aktionen für den guten Zweck

Auch der Kontakt mit Rockern der Hells Angels oder Bandidos bleibt nicht aus. Man trifft sich auf der Straße, an Tankstellen oder an der Ampel. „Wir grüßen uns, reden kurz übers Wetter und das Motorrad und sagen Auf Wiedersehen“, schildert Hohendorf. „Das klappt in Köln ganz gut, da gibt es keine Probleme, das läuft menschlich und fair.“

Beruflich hat der Kommissar mit Ermittlungen in der Rockerszene ohnehin nichts zu tun. Hohendorf kümmert sich um die Logistik bei Großeinsätzen, sorgt für Verpflegung, Unterkunft und die reibungslose An- und Abreise der Einsatzkräfte. Das Motto der „Blue Knights“ beschreibt er so: „Fahre raus und tue Gutes.“ Jährlich sammelt das Kölner Chapter Geld für den ambulanten Kinder- und Hospizdienst. Ein Gruppenfoto wollen die „Blue Knights“ trotzdem nicht in der Zeitung gedruckt sehen, viele arbeiten als verdeckte Ermittler, sie möchten nicht erkannt werden.

Ein letztes wesentliches Detail gibt es, das den 43-jährigen Kommissar von den Mitgliedern „böser“ Rockerclubs unterscheidet: Hohendorf ist nicht tätowiert. „Sonst würde meine Mutter mich enterben“, sagt der Polizist. „Selbst, wenn ich mir Mama auf den Arm stechen lassen würde.“

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