K.O.-TropfenKeine Erinnerung an das Schreckliche

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K.o.-Tropfen werden meistens in offene Getränke der Opfer gegeben. Nicht selten passiert dies in Kneipen oder Diskotheken, aber auch auf privaten Partys. Da die Droge zunächst nur willenlos und erst später bewusstlos macht, können Täter ihre Opfer ohne Probleme an einen anderen Ort bringen. (Bild: Wehner)

K.o.-Tropfen werden meistens in offene Getränke der Opfer gegeben. Nicht selten passiert dies in Kneipen oder Diskotheken, aber auch auf privaten Partys. Da die Droge zunächst nur willenlos und erst später bewusstlos macht, können Täter ihre Opfer ohne Probleme an einen anderen Ort bringen. (Bild: Wehner)

Den mütterlichen Rat „Pass auf deine Getränke auf, wenn du ausgehst!“, sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es gibt ihn nämlich wirklich, den ultimativen Albtraum, aufgrund heimlich verabreichter Drogen wehrlos in die falschen Hände zu geraten.

Im Internet häufen sich die Geschichten, die hier im Schutz der Anonymität preisgegeben werden. Hauptsächlich Mädchen suchen hier Rat, wenn sie den Verdacht haben, unter dem Einfluss so genannter K.o.-Tropfen missbraucht worden zu sein. Am Anfang steht oft der vergnügliche Abend mit Freunden, dabei fließt Alkohol - und plötzlich kommt im wahrsten Sinne des Wortes das böse Erwachen. Vielleicht ist das Geld weg. Schlimmer ist es, wenn man feststellt, dass sexueller Kontakt stattgefunden hat, den man nicht wollte und den man sich aber nicht mehr in Erinnerung rufen kann. Wenn K.o.-Tropfen im Spiel waren, kann man sich kaum an die Geschehnisse erinnern. Allenfalls schemenhafte Bilder sind bisweilen noch vorhanden.

Extrem gefährlich

K.o.-Tropfen sind flüssige, oft geruchs- und geschmacksneutrale Substanzen, die unbemerkt in Getränke oder Speisen gemischt werden. Besonders gut eignen sich Longdrinks, da diese den leicht salzigen Geschmack von GHB (Gamma-Hydroxydbuttersäure), besser bekannt als Liquid XTC, überdecken. Die Party-Droge, die in sehr geringen Dosen entspannend, euphorisierend und sexuell stimulierend wirkt und sehr schnell zur Abhängigkeit führt, ist extrem gefährlich. Ein Tropfen zu viel kann das Opfer töten. Anfang 2008 gab es in Köln zwei Tote, denen so genannte K.o.-Tropfen verabreicht wurden.

Schon wenige Tropfen der Droge beeinträchtigen das Erinnerungsvermögen und die Willenskraft. Für Außenstehende ist nur schwer zu erkennen, dass das Opfer möglicherweise gegen seinen Willen handelt. Mädchen, aber auch Jungen, sind unter den Drogen zwar noch in der Lage, selbstständig zu gehen, können aber keine Entscheidung mehr treffen und sind deswegen außerstande, sich gegen Übergriffe jeglicher Art zu wehren. Außerdem folgt der Willenlosigkeit meist eine Ohnmacht.

Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, K.o.-Tropfen würden nur in großen Discotheken zum Einsatz kommen. Auch auf kleinen Privatfeiern ist es schon zu sexuellem Missbrauch mit Hilfe von GHB gekommen. Strafrechtlich verfolgt werden aber nur die wenigsten Fälle, weil nur wenige Anzeige erstatten und die Beweislage schwierig ist. Doch die Behauptung, dass sich K.o.-Tropfen nur für eine sehr kurze Zeit in Blut und Urin nachweisen lassen, stimmt so nicht ganz: Das Landeskriminalamt NRW versichert in seiner monatlichen Polizeizeitung „STREIFE“, dass sich noch nach 96 Stunden Restspuren in den Körperflüssigkeiten nachweisen lassen. Eine Haaranalyse kann, sofern die Haare in der Zwischenzeit nicht gebleicht oder gefärbt wurden, noch Wochen später durchgeführt werden. Da sie aber sehr kostenaufwändig ist, wird sie in der Regel nicht angewandt. Deshalb sollte man in jedem Fall schnell die Polizei einschalten, wenn man den Verdacht hat, Opfer geworden zu sein. Angst und Scham nutzen nur den Tätern!

Auch Euskirchener Beratungsstellen haben das wachsende Problem mit den K.o.-Tropfen erkannt. Jedoch suchen nur wenige Betroffene professionelle Hilfe. Die Schamgrenze, sich nach einer Vergewaltigung unter der Wirkung von GHB Hilfe zu holen, ist meistens noch höher, als sie es ohnehin schon ist. Betroffene erleiden gleich ein mehrfaches Trauma: Sie können sich nicht an die Tat erinnern, was eine besondere Demütigung ist und ihnen das Gefühl gibt, nicht glaubwürdig zu sein. Zudem ist es extrem schwierig, sich mit etwas auseinander zu setzen, was in der eigenen Erinnerung nicht existiert. Umso wichtiger ist die professionelle Betreuung nach einem Erlebnis mit K.o.-Tropfen. Die Erinnerungslücken können starke Psychosen auslösen, denen man mit psychologischer Unterstützung vorbeugen kann. Hier gilt: Je frühzeitiger, desto wirkungsvoller.

Manche Krankenhäuser bieten auch eine so genannte „Anonyme Sicherung“ von Beweisen eines Sexualdeliktes, falls man noch nicht weiß, ob man eine Anzeige erstatten möchte. Vor allem sollte man sich aber an Organisationen wenden, um sich über die verschiedenen Vorgehensweisen beraten zu lassen. Die Beratungen werden auf Wunsch auch anonym durchgeführt. Schweigepflicht besteht für die Mitarbeiter sämtlicher Beratungsstellen ohnehin.

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