14 Meter Westwall gehen nach Texas

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Bis an die Fundamente freigelegt wurde ein Teilstück der der Panzersperren am Westwall zwischen Losheim und Hallschlag. Erst so wird erkennbar, dass der größere Teil dieser Höckerlinie unter der Erde liegt.

Bis an die Fundamente freigelegt wurde ein Teilstück der der Panzersperren am Westwall zwischen Losheim und Hallschlag. Erst so wird erkennbar, dass der größere Teil dieser Höckerlinie unter der Erde liegt.

188 Tonnen Beton werden in transportfähige Teile zersägt.

Eifel - Offenbar geht es um eine „geheime Kommandosache“ am Westwall. Ein 14 Meter langes Teilstück der Höckerlinie zwischen Losheim und Kehr wurde vergangene Woche bis an die Fundamente freigelegt und offenbar mit einer Spezialsäge teilweise bereits in transportfähige Einzelstücke zerlegt. Mitarbeiter der Baufirma zucken allerdings beim Stichwort „Presse“ zusammen: „Da soll gar nicht drüber gesprochen werden.“

Wie Norbert Kraff von der Bundesvermögensverwaltung in Trier gestern Nachmittag bestätigte, möchte die Ortsgemeinde Scheid zur besseren Erschließung der landwirtschaftlichen Grundstücke beiderseits der Höckerlinie einen Verbindungsweg schaffen.

In dieser Situation meldete sich ein Amerikaner aus Dallas (Texas) bei der Bundesvermögensverwaltung in Trier mit der Anfrage, ob er nicht ein 14 Meter langes Teilstück der „Drachenzähne“ für sein Privatmuseum in Dallas bekommen könne. Kraff: „Da haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Der Amerikaner wollte 14 Meter Westwall haben, und die Lücke ist breit genug für den Gemeindeweg.“

Saddam und Stalin

Laut Kraff kommt der US-Amerikaner für alle Kosten auf. Immerhin müssen rund 188 Tonnen Beton transportiert werden. Kleinere Teile der Höckerlinie bekommen das „National Museum of Military History“ im luxemburgischen Diekirch sowie das Museum im ostbelgischen Truppenübungsplatz Elsenborn. Das ist der Dank des Amerikaners für die Vermittlung an die Bundesvermögensverwaltung durch den Diekircher Museumschef Roland Gaul.

Norbert Kraff beschreibt den Amerikaner so: „Er hat sich schon eine Saddam-Statue im Irak gekauft, außerdem hat er Stalin-Statuen in seinem privaten Museum. Und jetzt will er eben ein Stück von den Drachenzähnen. Der hat Geld genug und einen Spleen.“

Der freigelegte Abschnitt der Panzersperre liegt unmittelbar hinter der Landesgrenze in Rheinland-Pfalz. Dort steht die Panzersperre nicht unter Denkmalschutz. Auf Nachfrage bei Gudrun Schmitz von der Denkmalschutzabteilung bei der Kölner Bezirksregierung setzte diese sofort alle Hebel in Bewegung, um die Angelegenheit zu klären. Sie erfuhr, dass die Stelle in Rheinland-Pfalz liegt, in der Gemarkung Scheid. Somit haben nordrhein-westfälische Denkmalschützer keinen Einfluss auf das Geschehen.

Gudrun Schmitz: „Wenn das in unserem Bereich läge, hätte ich einen sofortigen Baustopp veranlasst. Der Westwall ist ein Denkmal.“ Die Kölner Bezirksregierung sei gerade dabei, die besonders gut erhaltene Höckerlinie auf NRW-Seite unter Denkmalschutz zu stellen.

Gerade erst in der vergangenen Woche gab es verwaltungsintern im Hellenthaler Rathaus eine Gesprächsrunde, bei der es darum ging, den Westwallabschnitt Losheim bis Hollerath langfristig zu erhalten. Nach dem Anruf des „Kölner Stadt-Anzeiger“ entsandte Bürgermeister Manfred Ernst sofort einen Kundschafter ins Höhengebiet, um vor Ort zu recherchieren.

„Keine Information“

„Absolut keine Information“ über den Westwall-Abbruch in der Eifel hatte gestern der zuständige Gebietsreferent vom Mainzer Landesamt für Denkmalpflege, Dr. Günther Stanzl. „Wenn der Amerikaner mit den Behörden handelseinig geworden ist, würde mich das wundern“, sagte der zuständige Denkmalschützer. Stanzl, ein gebürtiger Wiener, kennt sich immerhin in der Höckerlinie aus: „Da zwitscherln die Vogeln.“ Er kündigte an, der Sache in den nächsten Tagen nachzugehen.

Dass da „die Vogerln zwitscherln“, weiß natürlich auch Manfred Trinzen von der Biologischen Station des Kreises Euskirchen: „Der Westwall macht auch an der Landesgrenze keinen Halt. Wir versuchen im Kreis Euskirchen, die Höckerlinie als lineare Struktur in den Landschaftsschutz einzubeziehen - als geschützter Landschaftsbestandteil.“ In einem anderen Fall hat der Einspruch der Biologischen Station schon Erfolg gebracht: In der Schneifel gab es einen vorläufigen Baustopp für eine Radarstation in unmittelbarer Nähe eines Bunkers, in dem Fledermäuse leben.

Heinz Ritz von der Oberfinanzdirektion Münster, die im Auftrag des Bundes den Westwall in der NRW-Eifel bautechnisch betreut, hatte bereits letzte Woche von dem Fall jenseits der Grenze gehört. Und er war sicher: „In Nordrhein-Westfalen wäre ein solches Vorgehen nicht möglich.“ Erst in der vergangenen Woche sei bei einem Gespräch in der Kölner Bezirksregierung noch einmal bestätigt worden, dass die Höckerlinie geschützt ist. So ein Fall wie der des US-Amerikaners, der sich ein Stück Westwall kauft, sei ihm „jedenfalls noch nicht vorgekommen“. Auch für Wolfgang Wegener vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege ist sowas „in Nordrhein-Westfalen nicht vorstellbar“.

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