Wurde Louise Kerton Opfer eines Gewaltverbrechens?

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Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Kripo aus Kent / England und Aachen will - neun Monate nach dem spurlosen Verschwinden von Louise Kerton, die bei Euskirchen Urlaub machte - endlich intensiv ermitteln, was mit der jungen Frau geschehen ist.

Kreis Euskirchen - Britische Ermittler, darunter der ehemalige Sicherheitschef der Königin Elisabeth II., David Seaborn Davies, glauben an ein Gewaltverbrechen. Dafür hat die federführende Kripo Aachen jedoch keine handfesten Beweise. Deshalb lehnte es die Staatsanwaltschaft bisher standhaft ab, ein Strafverfahren einzuleiten.

Die junge Frau hatte vor Jahren den damals ebenfalls in Kent lebenden Johannes (Name geändert) kennen und lieben gelernt. Als die Mutter mit einem Bruder von Johannes im vergangenen Jahr in den Raum Euskirchen umzog, kamen Louise Kerton und ihr Verlobter Johannes zu Besuch in die Voreifel.

Da der junge Mann allerdings eine Pension in Kent betrieb, reiste er eine Woche vor seiner Lebensgefährtin wieder zurück nach Großbritannien. Die 25-Jährige sollte am 30. Juli folgen. Wie deren zukünftige Schwiegermutter später bei der Polizei zu Protokoll gab, habe sie Louise am Abreisetag mit ihrem Auto bis zum Aachener Bahnhof gebracht, wo mittags um 12.04 Uhr am Gleis 8 der Schnellzug 420 über Verviers und Brüssel nach Ostende abfuhr.

Johannes wartete eine Woche lang an der Fähranlegestelle in Dover vergebens auf seine Verlobte. Wenig später erstatteten Louises Eltern Vermisstenanzeige bei der Polizei in Aachen, wo sie angeblich verschwunden sein soll. Die Beamten in Aachen suchten vergeblich nach der jungen Frau. Zwar gab es mehrfach Hinweise, dass sie im Obdachlosen-Milieu der Kaiserstadt abgetaucht sein soll, aber kein Beamter hat seither die junge Frau lebend gesehen.

Die verzweifelten Eltern Kath und Phil Kerton mobilisierten die Presse entlang der Reiseroute von Euskirchen bis Dover, sie verteilten an allen Bahnhöfen Plakate mit einem Bild ihrer Tochter. Aber alles vergebens.

Die Kripo Aachen beteuerte, dass sie nichts unversucht gelassen habe, um den mysteriösen Fall aufzuklären. Unter anderem sei das Umfeld ihres letzten Aufenthaltsortes bei Euskirchen mit Leichenspürhunden ergebnislos abgesucht worden. Die mehrstündige Durchsuchung von Wohnhaus, Grundstück und Wagen der Familie wurde bereits am 20. August mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Familie durchgeführt.

Die britische Polizei scheint allerdings hinsichtlich der Frage, ob nicht doch ein Gewaltverbrechen vorliegen könnte, anderer Ansicht zu sein als ihre Aachener Kollegen. Jedenfalls kam es am vergangenen Donnerstag auf Wunsch der Polizeibehörden in Kent zu einem Gespräch mit der Kripo und der Staatsanwaltschaft Aachen. Die Unterredung fand laut Pressemitteilung des Polizeipräsidiums „in angenehmer und kooperativer Atmosphäre“ statt und wurde „mit großem Respekt vor den unterschiedlichen Rechtssystemen geführt“. Unter anderem erfuhren die Aachener Beamten, dass es in Großbritannien Erkenntnisse gibt, die den deutschen Behörden bislang unbekannt waren.

Beispielsweise übergaben die Briten jetzt eine Vielzahl von Vernehmungsprotokollen an die deutschen Beamten. Deutsche und britische Beamte vereinbarten, eine gemeinsame Ermittlungsgruppe zu installieren, die in enger Zusammenarbeit Louises Schicksal aufklären soll. Die Ermittlungsgruppe besteht aus drei Aachener Polizisten und drei Beamten aus Kent. Abhängig von den Ergebnissen der Arbeitsgruppe wird der Fall Louise Kerton neu bewertet und anschließend der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung vorgelegt.

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