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Iran vor den GasexportenFallende Gaspreise in Europa langfristig möglich

Lesezeit 4 Minuten
Gasexporte Iran

Der Iran will künftig viel Geld aus dem Gasexport ziehen.

  • Der Iran will innerhalb der nächsten 15 Jahre Gasexporte zu seiner wichtigsten Einnahmequelle machen.
  • Durch ein größeres Angebot könnten auch die Preise in Deutschland fallen.

Teheran – Der Gas-Gigant Iran betritt wieder die internationale Bühne - und will die Exporte des Rohstoffs zu einer seiner wichtigsten Einnahmequellen machen. Auch Gaskunden in Europa könnten profitieren, falls ein größeres Angebot die Preise drückt. Ob das am Ende wirklich klappt, ist bisher aber alles andere als klar. Viele Sanktionen gegen Teheran sind aufgehoben, zugleich werden Alternativen zum Ölgeschäft gesucht. Erdgas ist eine zentrale davon.

Der Iran hat nach Russland mit 29,6 Trilliarden Kubikmetern die zweitgrößten Gasreserven der Welt, das Ölministerium selbst schätzt die aktuellen Reserven sogar auf 34 Trilliarden Kubikmeter. Laut Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris produzierte das Land zwischen Kaspischem Meer und Persischem Golf 2013 aus Erdgas die riesige Energiemenge von 6 211 500 Billionen Joule. Der überwiegende Teil wurde bis dato zur eigenen Versorgung genutzt.

Künftig soll mehr Gas ins Ausland gehen. „Der Erdgas-Export ist mittel- und langfristig eines der strategischen Wirtschaftsziele“, sagte Vize-Ölminister Amir-Hussein Samani-Nia laut Medienberichten. Er rechnet in den nächsten 10 bis 15 Jahren mit Milliardengewinnen aus dem Geschäft mit den Nachbarländern und besonders mit Europa.

Preise für Haushalte und Industrie könnten fallen

Am Ende könnte mehr Gas am Weltmarkt die Preise für Haushalte und Industrie senken. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betont zudem, mehr Lieferländer würden die Unabhängigkeit der deutschen Versorgung erhöhen. „Dabei können langfristig Reserven aus dem kaspischen Raum eine Rolle spielen“, sagt Anke Tuschek vom BDEW.

Doch bis zusätzliches iranisches Gas auf nennenswerte Marktanteile komme, werde es noch dauern. „Eine unmittelbare Auswirkung auf das internationale Gasgeschäft erwarten wir vorerst nicht“, so Tuschek. Und selbst wenn das Gasangebot steigt, heißt das nicht automatisch, dass es für Endverbraucher günstiger wird. Eine Studie des Experten Steffen Bukold ergab zum Jahreswechsel: Relativ tiefe Einkaufspreise kommen nur selten am heimischen Heizkessel an, die Versorger hätten 2015 wegen der großen Spanne 1,3 Milliarden Euro extra eingenommen.

Zwar sank der deutsche Gasverbrauch im Schlussquartal 2015 nach BDEW-Daten um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber insgesamt erwartet das Statistische Bundesamt für 2015 ein Import-Plus von 974 (2014) auf 1124 Milliarden Kilowattstunden. Noch dominierten 2014 Russland mit 38, die Niederlande mit 27 und Norwegen mit 22 Prozent der Einfuhren.

Gasförderung bleibt hochpolitische Angelegenheit

Auch weil er lange von westlichen Direktinvestitionen abgeschnitten war, hat der Iran noch keine großen Exportkapazitäten. Deren Aufbau würde aus Sicht heimischer Experten mindestens fünf Jahre Vorlaufzeit in Anspruch nehmen. Der Chef der Ölbehörde, Rokneddin Dschawadi, will die Branche fördern: „Langfristig wollen wir die Erdgasproduktion von 750 Millionen auf 1,4 Milliarden Kubikmeter am Tag erhöhen.“

Ähnlich wie beim Öl ist die Gasförderung auch eine hochpolitische Angelegenheit. Der Iran wetteifert mit Saudi-Arabien um die regionale Führungsrolle am Golf, die französische Großbank Société Générale warnte vor „neuen geopolitischen Spannungen“. Einen von Riad unterstützten Vorschlag, die Ölförderung wegen des andauernden Preisverfalls für das „schwarze Gold“ zu deckeln, lehnt Teheran ab - jedenfalls solange eigene Ölexporte nicht in Schwung gekommen sind.

„Eine Zusammenarbeit (beim Einfrieren) wäre danach möglich, aber bis dahin sollen sie uns mit dem Thema in Ruhe lassen“, sagte Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh Anfang der Woche beim Besuch des russischen Energieministers Alexander Nowak. Die Branchenexperten der Bank Sal. Oppenheim rechnen damit, dass das globale Ölangebot durch Irans wiedergewonnen Zugang zum Weltmarkt noch einmal um 1 Prozent zulegt.

Für Europa Flüssigerdgas-Export geplant

Ob Öl oder Gas: Um in der ersten Liga mitspielen zu können und auch Deutschland stärker zu beliefern, braucht Teheran Know-how aus dem Ausland. Erste Verhandlungen mit Frankreichs Rohstoff-Riesen Total soll es schon während des Staatsbesuchs von Präsident Hassan Ruhani im Januar in Paris gegeben haben. Auch andere Konzerne haben Interesse.

Aber wie kommt das Gas aus dem Land? Vize-Ölminister Samani-Nia glaubt, der Export über Pipelines lohne sich nur bei Abnehmern in der Region wie Armenien, Irak oder Pakistan. „Für Europa planen wir den Export von LNG (Flüssigerdgas).“ Bei niedrigen Temperaturen verflüssigtes Erdgas - mit Spezialschiffen transportiert - gilt als Plan B zur Pipeline.

Noch ist Letztere oft wirtschaftlicher. Aber für Europa müsste der Iran dann weiter mit der Türkei bei der Trans-Anatolian Natural Gas Pipeline arbeiten. Das Problem: Wegen unterschiedlicher Standpunkte im Syrien-Konflikt stecken beide Nachbarn in einer politischen Krise. (dpa)

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