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A 1-AusbauPrognosen zu den Altlasten in der Dhünnaue gehen weit auseinander

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Rheinbrücke Leverkusen

Leverkusener Rheinbrücke

Köln/Leverusen – Wie genau will Straßen NRW für den geplanten Ausbau der A 1 in die Dhünnaue eingreifen, welche Gefahren und Kosten sind damit verbunden? Um diese Fragen ging es am dritten Tag des Erörterungsverfahrens in der Stadthalle Köln-Mülheim.

Der lange Verhandlungstag begann mit einem ausführlichen Vortrag von Ingrid Obernosterer, Geschäftsführerin des geotechnischen Büros Düllmann, das die Untersuchungen im Bereich der Altlast Dhünnaue im Auftrag des Landesbetriebs Straßenbau durchführt. Sie demonstriert Entstehung und Zusammensetzung der Altlastdeponie und den Plan, wie Straßen NRW, in die Deponie einzugreifen will, um die wesentlich breitere neue Autobahn in diesem Bereich unterzubringen.

Insgesamt müssen nach Obernosterers Berechnungen 230 000 Kubikmeter Boden ausgehoben werden. Acht Prozent davon, also 17 708 seine als höher schadstoffbelastet einzustufen. Weitere 19 Prozent seien gering belastet – dabei handele es sich um altes Dämmmaterial, das durch Kontakt mit Giften kontaminiert worden sein könnte. Der restliche Aushub sei gänzlich unbelastet und könne problemlos abgebaut werden.

Aus dem Publikum gibt es reichlich Kritik für diese Annahme. Zum einen wird angezweifelt, dass die oberen Schichten grundsätzlich als unbelastet eingeordnet werden können.

Zweifel an der Tragfähigkeit

Zum anderen glauben die Einwender nicht, dass Straßen NRW genau weiß, wie der Untergrund genau aussieht. „Das wurde alles schön durchmischt“, sagt der Sachverständige Rolf Kraneis. Kein Mensch könne wissen, wie die Grenzen zwischen hoch- und weniger belastetem Material verlaufen, auch die umfangreichen Probebohrungen könnten nur Hinweise geben. „Bei der Aushebung müsste man jede Baggerschaufel einzeln untersuchen.“ Zudem zweifelt Kraneis die vorausgesetzte Standfestigkeit der Deponie als Untergrund für eine vielbefahrene Autobahn an. „Ich erwarte einen Setzungsunterschied von zehn bis 20 Zentimeter, nicht von ein bis zwei Millimeter“, sagt der Ingenieur. Damit sei zu erwarten, dass die fertige Straße ziemlich schnell wieder saniert werden müsse.

„Wir haben schon jede Menge Autobahnen gebaut, vertrauen sie uns da mal“, entgegnet Christoph Jansen, Projektleiter bei Straßen NRW. Dafür erntet er sowohl Gelächter wie auch Kopfschütteln im Publikum. Kraneis lässt im Protokoll festhalten, dass er einen Nachweis für die Wirksamkeit der Verdichtung des Untergrunds fordert. Das vorliegende Gutachten sei „wunschgemäß optimiert“.

Das beim Öffnen einer Giftmülldeponie gerade die Sicherheit eine große Rolle bei den Bedenken der Anwohner spielen würde, weiß Ingrid Obernosterer natürlich. Und so geht sie in ihrem Vortrag ausführlich auf die geplanten Vorkehrungen während der Abtragung ein: Über der Ausgrabungsstelle werde eine Art Leichtbauhalle errichtet, die Abluft werde gefiltert, bevor sie in die Atmosphäre entlassen werde. Belasteter Boden werde in luftdicht verschlossenen Containern abtransportiert, Fahrzeuge müssen bei Verlassen der Baustelle eine Reinigungsanlage durchfahren. Dazu wird aus dem Saal das Beispiel der schweizerischen Giftmülldeponie Bonfol eingebracht, wo es 2010 beim Abbau in ebenso einer Halle zu einer Explosion kam und wo anschließend nur noch mit Robotern gearbeitet werden konnte – erhebliche Kostensteigerungen waren die logische Folge. Überhaupt beschäftigen die Kosten die Betroffenen. Aktuell rechnet Straßen NRW mit dem Aushub von 80 000 Kubikmeter belastetem Boden. „Daraus werden eine Million werden – und die Kosten auf eine Milliarde Euro steigen“, sagt ein Sachverständiger. Den Halbsatz: Dafür könnte man auch die große Tunnellösung haben, spart er sich. Den denkt ohnehin jeder im Saal.

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