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Politiker in KölnOB-Referent gibt SPD eine Mitverantwortung für das Reker-Attentat

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Wahlwerbung der Kölner Obermeisterkandidatin Henriette Reker am Tag des Attentates am Tatort in Braunsfeld.

Köln – Knapp ein Jahr nach dem Attentat auf Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Rekerist der Angriff erneut zu einem Gesprächsthema in Köln geworden.

Der Täter, der psychische kranke Frank S., wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt. Die Frage nach der Schuld ist damit, wenn auch noch nicht rechtskräftig, gerichtlich geklärt.

Auslöser für die erneute Debatte ist ein Interview, das Pascal Siemens, Vorstandsmitglied der Kölner Grünen, Leiter des OB-Wahlkampfs von Henriette Reker und seit 1. September Referent im OB-Büro, dem Kölner Monatsmagazin „Stadtrevue“ gegeben hat. Anlass war ein Buch über Henriette Reker, das Siemens zusammen mit dem Kommunikationstrainer Jonathan Briefs geschrieben hat. Briefs war im Wahlkampf als Coach für Henriette Reker tätig, 

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„Mitverantwortlich für aufgeheizte Stimmung“

In dem Interview geben Siemens - der bei dem Attentat auf Henriette Reker ebenfalls schwer verletzt worden war - und Briefs der SPD eine Mitverantwortung für die aufgeheizte Stimmung in der Stadt, die zu dem Attentat geführt haben könnte: „Das wurde gerade von Herrn Ott forciert. Er betonte, dass Schüler und Behinderte keine Sport treiben könnten, weil Turnhallen von Flüchtlingen belegt sind.“ Es sei „ein schlimmer Gedanke“, so Briefs, dass „jemand so etwas vielleicht als Sprungbrett nimmt, um in welcher Weise auch immer aktiv zu werden“, sagte er. Zudem wirft Siemens der SPD vor, sich nicht an das „Fairness-Abkommen“ gehalten zu haben, das Thema „Flüchtlinge “ nicht für den Wahlkampf zu funktionalisieren: „Auch das weist über Köln hinaus, wie man an den Erfolgen der AfD sieht.“

SPD reagiert verärgert auf Vorwürfe

Rolf Mützenich, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des SPD Köln, sagte dem „Kölner Stad-Anzeiger“: „Wir sind sehr verärgert über den Vorwurf. Zu behaupten, dass Parteichef Jochen Ott im OB-Wahlkampf für eine aufgeheizte Stimmung gesorgt habe, die das Attentat befördert habe, ist bodenlos, verleumderisch und bösartig.“ Derartige Vorwürfe hätten im Prozess gegen den Attentäter keinerlei Rolle gespielt.

Empörte Reaktion auf Facebook

Der Verurteilte habe das in keinerlei Form überhaupt nur erwähnt. Angesichts der Nähe des damaligen Wahlkampfhelfers und heutigen Referenten im OB-Büro zu Reker müsse man sich fragen, ob Henriette Reker von dem Vorwurf wusste, so Mützenich. 

Empört über die Äußerungen Siemens' zeigte sich auch der Kölner Musiker und Streetworker Franco Clemens auf seiner Facebook-Seite: „Dieser traumatisierten Schocklogik folgend, müßte ich Jochen Ott, für alles persönlich verantwortlich machen, was mir in meinem Berufsleben bereits an Gewalt begegnet ist oder der ich ausgesetzt war.“ In seiner Karriere als Brennraumsozialarbeiter und Straßenmusiker sei er selbst bereits zwei Mal mit einem Messer verletzt worden. 

Reker: Buch ist keine Autobiografie

Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist es eher unangenehm, dass ein Buch über sie erscheint, dessen Titel eine Autobiografie vermuten lässt.  Ihr wäre es lieber, „wenn die Namen der Autoren da ganz oben stehen würden -  und nicht meiner", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Sie selber halte wenig davon, dass nicht einmal ein Jahr nach ihrem Amtsantritt ein solches Werk erscheine.

Vorabdruck des Buches gelesen

Reker wollte dem Vorhaben offenbar  aus ganz persönlichen Gründen keine Steine in den Weg legen. Denn beide Autoren waren als Mitarbeiter ihrer Wahlkampfmannschaft bei dem Attentat auf dem Markt in Braunsfeld dabei; Pascal Siemens wurde durch Messerstiche schwer verletzt. Sie habe einen Vorabdruck des Buches gelesen, sagte sie. Zudem hätte die  Verfasser ihr manche Passagen im Entwurf zur Kenntnis gegeben.

Pascal Siemens gibt „persönliche Erklärung" ab

Am Montagnachmittag ruderte Pascal Siemens zurück: „Weder Jochen Ott noch die Kölner SPD tragen Verantwortung für das Attentat auf Oberbürgermeisterin Henriette Reker“, ließ er die Medien in einer „persönlichen Erklärung“ wissen. Die Kritik, dass Ott mit seinen Äußerungen zur Flüchtlingsunterbringung mit dem Thema Flüchtlinge im Wahlkampf zu einer aufgeheizten Stimmung beigetragen habe, halte er allerdings nach wie vor für zutreffend, so Siemens weiter.

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