SkandalSo lief die Hehlerei in der Flüchtlingsunterkunft – „drei Jacken übereinander“

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Menschen müssen nicht mehr geschützt werden. Bald wird die Flüchtlingsunterkunft Auermühle abgebaut.

Menschen müssen nicht mehr geschützt werden. Bald wird die Flüchtlingsunterkunft Auermühle abgebaut.

Leverkusen – „Nike-Store“. So hieß Cocos Bereich in der Flüchtlingseinrichtung an der Auermühle. Der offenbar bestens vernetzte Marokkaner sei aus Frankreich nach Schlebusch gekommen, sagt der Mann von der Security, der vom ersten Tag an in Schlebusch dabei war. Schnell sei ihm aufgefallen, was da eigentlich läuft in den Zelten. Hehlerei im großen Stil: Schuhe, sonstige Sportklamotten, Parfum, leichte Drogen. Mit allem habe Coco gehandelt.

Und für Nachschub sei immer gesorgt gewesen. Reihenweise seien Flüchtlinge „mit drei Jacken übereinander“ aus der Stadt zurück gekommen. Oder von Ausflügen in die weitere Umgebung. Die Leute hatten ja Zeit. Keine Arbeit, kein Sprachkurs.

„Das musste doch auffallen“, sagt der Sicherheitsmann zu den Vorgängen am Eingang. Sei es ja auch: seinen Kollegen von der Security. Obwohl die nicht alleine am Eingang standen. Dort musste jeder seine Karte scannen lassen.

Unter Aufsicht der Mitarbeiter vom Malteser-Hilfsdienst. Doch die Organisatoren der Einrichtung hätten nicht reagiert. Weder auf das Offensichtliche, noch auf die Hinweise der Sicherheitsleute.

Auch sonst habe man es nicht so genau genommen in der Unterkunft, in die das Land ein paar hundert Flüchtlinge schickte. Freilich nie so viele wie angenommen: rund 650 Menschen hätten Platz gehabt auf dem Gelände. Bei den Leverkusener Maltesern war man stolz, in kurzer Zeit eine Anlaufstelle dieser Größenordnung aus dem Boden gestampft zu haben.

Mit dem Aufbau war es aber nicht getan – im Betrieb der Unterkunft lief einiges schief. Das wurde vor einem knappen Monat aktenkundig. Aus Zufall. Besser: weil ein Flüchtling einen Wutanfall bekommen hatte. Er sollte nach Kerpen verlegt werden, und das wollte er nicht. Also ging er zu Sahra Leichenich, der jungen Leiterin der Einrichtung. Ihr erzählte er, was abgeht unter ihren Augen. Wie die Geschäfte laufen in Cocos „Nike-Store“. Dort hatte der Flüchtling selbst Ware abgeliefert.

Das machte die Aussage glaubwürdig, auch für die Polizei. Die hatte Leichenich alarmiert. Und bei einer Razzia wurde dann auch noch einiges gefunden.

„Wir sollten nur eingreifen, wenn es Stress gab“

In den Monaten zuvor hätte man noch viel mehr entdecken können, sagt der Sicherheitsmann. Und es wäre so einfach gewesen – hätten die Malteser nur mal hingeschaut. Bei den täglichen Begehungen sei es aber „nur um die Sauberkeit“ gegangen. Und es sei auch nicht so gewesen, dass die Security-Leute unmittelbar dabei waren: „Wir standen vorne oder hinten auf dem Gang. Wir sollten nur eingreifen, wenn es Stress gab. In die Zimmer durften wir nicht rein.“ Doch allein im Vorbeigehen habe er jede Menge Schuhkartons gesehen. Zum Beispiel. Aber auch eine massive Eisenstange unter einem Bett. „Die habe ich da rausgeholt.“ Zur Sicherheit, denn Stress habe es auch unter den Flüchtlingen gegeben: „Zeitweise waren Syrer und Afghanen in einem Zelt.“

Das Warenangebot bei Coco sei natürlich für jeden interessant gewesen, der an der Auermühle ein und aus ging. Für die Sicherheitsleute, für die Reinigungskräfte, für die Malteser. Beschäftigte aller Gruppen hat die eigens gegründete Ermittlergruppe im Visier. „Das ist auch noch Stand der Dinge“, sagt Polizeisprecher Thomas Held.

Coco aber ist außer Reichweite. Er soll wieder in der Heimat sein: genug verdient mit Sportsachen, Schuhen, Parfums. Die Unterkunft an der Auermühle ist geschlossen. Der „Nike-Store“ auch.

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