NRWStreit um Frauenquote wird heftiger – Männer fühlen sich benachteiligt

Lesezeit 3 Minuten
Frauenquote (1)

Frauenquote. Symbolbild

Düsseldorf – Seit Wochen laufen die Proteste gegen die von der nordrhein-westfälischen Regierung eingeführte Frauenquote für Landesbedienstete, der Ärger jedoch wird immer größer.

Justizminister Thomas Kutschaty hat im Plenum des Landtages eingeräumt, dass mittlerweile schon „eine mittlere zweistellige Anzahl“ von Beamten Rechtsmittel gegen das seit 1. Juli geltende Gesetz eingelegt hat.

Nach Gewerkschaftsangaben liegen deutlich mehr als 50 Klagen vor, die von den Berufsverbänden unterstützt werden, hieß es in einer Anhörung zu dem Gesetz.

Beispielsweise in der NRW-Finanzverwaltung haben über Nacht und mitten in der laufenden Beförderungsrunde 673 Frauen ihre Position verbessert. 699 Männer jedoch, die vor dem beruflichen Aufstieg standen, wurden zurückgestuft – teilweise um Hunderte Listenplätze.

Dies ist einer noch unveröffentlichten Antwort von Finanzminister Norbert Walter-Borjans auf Anfrage der FDP-Fraktion zu entnehmen, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.

Von 83 Beförderungen entfielen 63 auf Frauen

Von den 83 Beförderungen, die im ersten Monat der Neuregelung in der Finanzverwaltung konkret vorgenommen wurden, entfielen der Ministerantwort zufolge 63 auf Frauen.

Das Verhältnis wäre noch deutlich ungleicher, wenn mehrere Beförderungen nicht gerichtlich untersagt worden wären Alleine fünf Eilverfahren oder Klagen gegen die Steuerverwaltung in Köln sind schon anhängig, hinzukommen Fälle in Aachen, Wuppertal, Hagen, Bochum, Bielefeld und dem Bergischen Land.

In den fünf Entscheidungen, die bereits vorliegen, haben die Verwaltungsgerichte immer zugunsten der klagenden Männer entschieden. Die geschlechtsbezogene Bevorzugung von Frauen wurde als verfassungswidrig eingestuft. Die aktuelle Vorgehensweise sei nicht nur individuell ungerecht, sondern widerspreche auch dem staatlichen Interesse, die leistungsstärksten Bewerber zu gewinnen.

Im Plenum des Landtages jedoch hat Justizminister Kutschaty für die Landesregierung jetzt angekündigt, gegen die fünf Gerichtsbeschlüsse juristisch vorzugehen. Er sei weiterhin „von der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelung“ überzeugt, die lediglich „Schluss mit einer mathematischen Reihung von Frauen und Männern bei minimalen Unterschieden im Nachkommastellenbereich“ mache, so der Minister. Gegen die fünf Entscheidungen habe die NRW-Regierung deshalb Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt. Und wenn nötig, werde man auch noch vor den Verfassungsgerichtshof oder den Europäischen Gerichtshof ziehen. Die Entscheidung der rot-grünen Regierungskoalition, „aus Gründen der Gesichtswahrung jahrelang durch alle Instanzen prozessieren zu wollen“, sei fatal, so FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel. So würden die von den Gerichten verfügten Beförderungssperren zum Dauerzustand. „Die neuen Statistiken belegen zudem, dass der berufliche Aufstieg von männlichen Beamten zukünftig zum Ausnahmefall wird.“ In eine „Karrieresackgasse abgeschoben“, drohe die „innere Kündigung“ der Betroffenen.

Rot-Grün hat zum 1. Juli in einer Dienstrechtsform gesetzlich festgeschrieben, dass Frauen im NRW-Landesdienst bereits dann den Vorzug vor ihren männlichen Kollegen erhalten, wenn nur eine „im Wesentlichen gleiche Eignung“ vorliegt. Konkret bedeutet dies, dass Frauen auch dann bevorzugt werden sollen, wenn sie innerhalb einer bestimmten Beurteilungs-spanne schlechter bewertet wurden als Männer.

Vor allem bei der Polizei und der Finanzverwaltung mit den gemeinsam mehr als 70 000 Beschäftigten sorgen die neuen Vorgaben für erhebliche Unruhe. Vermutlich um die Auswirkungen des Gesetzes zumindest anfangs etwas abzufedern, hat Finanzminister Walter-Borjans im Juni noch 1500 Beförderungen durchgeführt. Innenminister Ralf Jäger ließ für 2017 geplante Höherstufungen vorziehen und schuf im Juli 2200 Beförderungsstellen.

Walter-Borjans bestreitet, dass die Juni-Beförderungen etwas mit der Frauenquote zu tun hatten. FDP-Politiker Witzel jedoch bezweifelt das: „Durch diese millionenschwere Beruhigungspille wurden mit dem Geld des Steuerzahlers einige hundert Klagen schlichtweg weggekauft.“

KStA abonnieren