Ding-Fabrik in Köln-NippesWo Tüftler Roboter und Plasmaschneider bauen

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Arthur und Oleg, zwei Mitstreiter, in einem der Werkstatträume. Hier wird mit Holz gearbeitet.

Arthur und Oleg, zwei Mitstreiter, in einem der Werkstatträume. Hier wird mit Holz gearbeitet.

Nippes – Würde Daniel Düsentrieb, der geniale Erfinder, in Nippes wohnen, so könnte man ihn wohl unter der Adresse Erzbergerplatz 9 besuchen. Denn hier im Keller befindet sich die offene Werkstatt und das Fabrikationslabor „Ding-Fabrik“. Oder er wäre zumindest einer der Mitstreiter im gemeinnützigen Verein mit rund 100 Mitgliedern, der die Einrichtung betreibt.

Vermutlich würde er auch regelmäßig vorbeischauen, um an seinen neuesten Entwicklungen zu arbeiten. „Hier sind wir sehr gemischt, vom Hartz-IV-Empfänger bis zum Doktor der Physik, vom Schüler und Studenten bis zum Rentner“, sagt Harald Schramke.

Verwinkelte Räume

Seit drei Jahren residiert die „Ding-Fabrik“ auf 430 Quadratmetern im großen Keller des Mehrfamilien-Wohnhauses – dem „Bluna-Keller“, einem früheren Lagerraum der Limonadenmarke. Der Verein, der in seiner Form einmalig in Köln ist, richtet sich an technische Tüftler und Macher: Die Idee ist, gemeinsam eine Werkstatt zu betreiben – mit Ausrüstung und Maschinen, die sich ein einzelner Technik-Begeisterter und Hobbybastler weder räumlich noch finanziell erlauben könnte.

Man teilt Maschinen, Werkzeuge und Ideen; regelmäßig gibt es hier auch „Repair-Cafés“, wo Privatleute ihre defekten Haushaltsgeräte vorbeibringen können. In gemeinschaftlicher Arbeit werden diese wieder fit gemacht. „Wir wollen unseren Nutzern ermöglichen, industrielle Produktionsverfahren einzusetzen, und eine Werkstatt für Projekte bieten“, sagt Schramke. Auch bei der jährlichen Ausstellung „Passagen“ beteiligt man sich, seit man in Nippes ist; es gibt regelmäßige Workshops von Nähen bis Programmierung.

Suche nach einer neuen Bleibe

Doch der Verein ist nun akut bedroht: Ende des Jahres muss die „Ding-Fabrik“ aus ihren bisherigen Räumen ausziehen. Denn der Vermieter des Objekts habe den Mietvertrag gekündigt, da er andere Pläne verfolge, so die Mitglieder. Wie im Gewerbemietrecht üblich, hatte der Vertrag eine recht kurze Kündigungsfrist.

Wie der Vermieter im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erläuterte, sei die Nutzung der Räume nicht mehr mit dem Wohnobjekt vereinbar gewesen: Der Verein sei über die Jahre von der Mitgliederzahl her viel größer geworden, setze schwerere Maschinen ein, und es sei auch nachts gearbeitet worden. Seinerzeit habe er die Ding-Fabrik sehr gern aufgenommen, aber die Räumlichkeiten und das Umfeld gäben es nicht mehr her. Für die zukünftige Nutzung des Kellers gebe es Ideen, diesen Künstlern und Musikern zur Verfügung zu stellen.

Momentan suchen die Vereins-Mitstreiter daher fieberhaft nach einer alternativen Bleibe, die möglichst weiterhin in Nippes sein soll. Mindestens 300 Quadratmeter sollten es schon sein, um alle Gerätschaften und Materialien unterbringen zu können. „Wir leben von der Nähe zu unseren Leuten, die manchmal ganz spontan für zwei Stunden vorbeikommen, um sich ans Werkeln zu begeben.“

Doch bisher ist das Ergebnis der Suche dürftig. „Wir haben bislang nichts gefunden – und wenn, dann sehr weit ab vom Schuss. Wir brauchen zumindest einen Bahnanschluss in der Nähe; in Porz-Wahn beispielsweise ergäbe es daher wenig Sinn.“ Auch sein Kollege will ans bevorstehende Ende gar nicht denken. „Irgendwo und irgendwie machen wir sicherlich weiter – aber das Flair ginge verloren, wenn wir an den Stadtrand müssten.“

Wunderwelt der Technik

Beim Gang durch die verwinkelten Räume wird schnell klar, was verloren ginge. Es ist eine Wunderwelt der Technik, die einen erwartet – der Fachmann staunt und der Laie umso mehr. Rund 150 Geräte und unzählige Werkzeuge weist die Werkstatt auf. In der Galerie steht eine CNC-Maschinenfräse, in einer anderen Ecke wird an einem Plasmaschneider gebaut, der in der Lage ist, Metallstücke millimetergenau auszuschneiden. Auf einem Schrank steht ein großes Uhrwerk, das aus Holz gearbeitet ist und mit seinen unzähligen Zahnrädern im Prinzip so funktioniert wie eine hochwertige mechanische Uhr von Rolex und Konsorten.

Max, gerade mal 14 Jahre alt, ist in einer Ecke mit einem Kumpel dabei, einen 3D-Drucker zusammenzusetzen. „Er ist unser jüngster Mitstreiter. Der Älteste ist Anfang 80, er beschäftigt sich mit Latex – nicht mit dem Material, sondern der gleichnamigen Programmiersprache.“

In einem weiteren Raum stehen erste Teile eines Roboters, der in näherer Zukunft in der Lage sein soll, wie ein Mensch zu laufen. „Der Entwickler des Modells ist derzeit in China. Unser Ziel ist, einen funktionsfähigen Roboter aus günstigen Materialien zusammenzusetzen.“ Arthur ist in der Holzwerkstatt gerade dabei, an seinen aus Bambusrohren geschnitzten indianischen Flöten mit sechs Löchern zu arbeiten. „Ich komme extra aus Düsseldorf hierhin, aber es lohnt sich“, lobt er.

Wie in jeder WG ist jedoch auch in der Ding-Fabrik die Küche das eigentliche Zentrum: Ein Ort des gemeinsamen Kochens, des Entspannens und Austauschs. Arthur hat ein Blech Pizza für alle gemacht. „Was uns ausmacht, ist der interdisziplinäre Ansatz: Techniker, Handwerker und Künstler arbeiten neben- und miteinander, und geben sich gegenseitig Tipps“, so die Runde einhellig.

www.dingfabrik.de/raumsuche

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