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Streit über „Ilias“Kölner Universität schickt Studenten zurück an den Kopierer

Lesezeit 4 Minuten
Müssen Studenten bald wieder kopieren?

Müssen Studenten bald wieder kopieren?

Köln – Wer einst ein fleißiger Student sein wollte, den führte der Weg zwischen Vorlesung und Seminar stets in die Bibliothek. Dort wurde dann in den Semesterapparat geschaut, und – vorausgesetzt, kein anderer Kommilitone war schneller – der nächste Kopierer angesteuert, um alles zu vervielfältigen, was man für diesen und kommende Uni-Tage so brauchte.

Auch heute geht man zwischen Vorlesung und Seminar noch in die Bibliothek, der Kopierer ist dabei jedoch immer seltener das Ziel. Heute sind die Materialien für die jeweilige Lehrveranstaltung in digitalen Semesterapparaten bereitgestellt. Per Kennwort loggt man sich aus der Uni, von Zuhause oder auch aus der Bahn ein und lädt sich herunter, was für die kommende Lehrveranstaltung wichtig ist. Gelesen werden kann auf dem Tablet, Laptop oder Handy – auch Ausdrucken ist kein Problem.

Streit um „Ilias“ brodelt schon länger

Auch an der Universität Köln haben Studenten seit 2008 dank der E-Learning-Plattform „Ilias“ die Möglichkeit, digitale Skripte bequem herunterzuladen. Ab dem 1. Januar kommenden Jahres jedoch weicht die digitale Zukunft – zumindest vorübergehend – früherer Kopierwut. Den Streit darüber gab es schon häufiger, zuletzt vor einem Jahr. Damals wie heute liegt es an Unstimmigkeiten des Urheberrechtes und der Verwertungsgesellschaft Wort, kurz: VG Wort – ein Zusammenschluss aus Autoren und Verlagen, der Tantiemen aus Zweitnutzungsrechten einnimmt und an die Urheber weitergibt.

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Wurden bislang in digitalen Uni-Skripten urheberrechtlich geschützte Texte bereitgestellt, konnte das recht simpel über eine Pauschale gelöst werden. Das ist zwar angenehm, darf aber keine Dauerlösung sein. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2013, wonach es Universitäten zumutbar sei, digital verbreitete Texte einzeln mit der VG Wort abzurechnen.

Vereinbarung läuft aus

Die Vereinbarung auf pauschalisierte Vergütung zwischen Hochschulen und VG Wort nach Paragraf 52a des Urheberrechtsgesetztes läuft zum Ende dieses Jahres aus. Der nun von Kultusministerkonferenz und VG Wort im Oktober geschlossene neue Rahmenvertrag, setzt das Urteil des BGH um. Demnach muss jede Seite aus jedem Skript einzeln gemeldet und bezahlt werden.

An der Universität Köln hat man sich nun dazu entschlossen, dem Rahmenvertrag nicht beizutreten – ebenso wie der Großteil der Hochschulen in NRW. Die Entscheidung für einen Nicht-Beitritt zum Rahmenvertrag sei „nicht aus Kostengründen gefallen“, schrieb Rektor Axel Freimuth in einer E-Mail vom vergangenen Donnerstag. Man erkenne das Recht der Autoren auf eine „angemessene Vergütung ihrer Arbeit voll an“, bestreite aber die „Art und Weise, wie dieses Ziel erreicht werden soll“. Ein Beitritt zum Rahmenvertrag würde für die Universität „unverhältnismäßige Aufwände“ mit sich bringen, „ohne eine befriedigende Situation herbeizuführen“, so Freimuth.

Wie tief der Einschnitt durch Einzelabrechnungen sein kann, deckte eine Pilotstudie an der Universität Osnabrück bereits im Wintersemester 2014/2015 auf. Damals hielten über ein Drittel der Dozenten das Verfahren für unzumutbar. 26 Prozent der Studenten gaben an, dass sich der Aufwand der Literaturbeschaffung „stark erhöht“ habe. Zwar beteuert die VG Wort, das Meldeverfahren seit der Pilotstudie an der Universität Osnabrück vereinfacht zu haben, den Hochschulen reicht das jedoch nicht. Robert Staats (VG Wort) verweist darauf, dass als Grundlage für weitere Gespräche ein Meldeverfahren stehe, das man seit seinem Pilot-Einsatz an der Universität Osnabrück vereinfacht habe. Über alles Weitere, so Staats, müsse „gegebenenfalls gesprochen werden.“ Hieran sind auch die Hochschulen interessiert und haben der VG Wort bereits Bereitschaft signalisiert, sich über einen neuen Vertrag zu „differenzierten Pauschalabrechnungen“ austauschen zu wollen. Eine Antwort der Verwertungsgesellschaft steht bislang aus. Sich bilateral zu einigen, kommt für die Uni Köln dagegen nicht in Frage. Sollte sich keine Änderung einstellen, werden am 30. Dezember alle Systeme der Universität Köln, über die urheberrechtlich geschützte Texte verbreitet werden, offline geschaltet.

„Einfach nicht zeitgemäß“

Die Kölner Studenten werden nun dazu angehalten, sich alle betroffenen Texte vor diesem Stichtag zum privaten Gebrauch herunterzuladen und auf ihren Rechnern zu sichern. Trotzdem fürchten sie das, was nun kommt: „Für mich ist das ein Widerspruch zum digitalen Lernen und einfach nicht zeitgemäß“, sagt Felix Sommerfeld (24), der im ersten Master-Semester Politikwissenschaft studiert.

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