Demo gegen AfD-ParteitagKölner Karneval bekennt Farbe

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Detlef Vorholt, Stephan Brings und Christoph Kuckelkorn nach dem Redaktionsgespräch beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ (v.l.).

Detlef Vorholt, Stephan Brings und Christoph Kuckelkorn nach dem Redaktionsgespräch beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ (v.l.).

Köln – Wahrscheinlich hat es so etwas in der Geschichte des organisierten Kölner Karnevals noch nicht gegeben: Der Präsident des Festkomitees hat rund 100 Vertreter mit letzten Informationen für die erste politische Kundgebung der Kölner Karnevalisten informiert.

Seit Tagen rotiert die Geschäftsstelle am Maarweg in Zeiten, in denen es sonst eher ruhig zugeht, wie sie es sonst zur Vorbereitung von Prinzenproklamation oder Rosenmontagszug tut. Am 22. April sollen Traditionskorps, Familiengesellschaften, Tanz- und Musikgruppen unter dem Motto „Mir all sin Kölle“ im Grüngürtel aufmarschieren und für das bunte Köln demonstrieren.

Uniformen und Kostüme erlaubt

Der neue Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn hofft auf eine Dynamik, der sich möglichst keiner entziehen kann. „Ihr singt aus voller Brust das Lied vom Stammbaum. Jetzt leben wir ihn.“

Der ehemalige Zugleiter weiß, wie man Ereignisse inszeniert und mit den richtigen Worten vermittelt: Karneval außerhalb der Session, Jecke und Politik, Parteinahme vor der Landtagswahl? Alles kein Thema. „Wir zeigen, wofür wir stehen. Der Karneval bekennt Farbe, indem man Farbe trägt.“ Deshalb sind Uniformen und Kostüme ausdrücklich erlaubt.

Ziel sind auch die Zweifler

Das Ziel sei, „Leute zu einer Kundgebung zu holen, die sonst nicht für oder gegen etwas demonstrieren.“ Auch die Zweifler sollen kommen, möglicherweise sogar die, die mit dem Gedanken spielen, durch ein Kreuzchen bei der AfD den anderen Parteien einen Denkzettel zu verpassen. „Sie sollen sich anhören, was wir zu sagen haben. Wir wollen sie zum Nachdenken bringen.“

Die Kundgebung der Karnevalisten ist in vielerlei Hinsicht einzigartig, nicht nur weil die Bühne vom Vize des Düsseldorfer Festkomitees – dort heißt es „Comitee Carneval“ – kostenlos bereit gestellt wird.

„Das ist sehr mutig“

So eine Aktion wäre vor nicht all zu langer Zeit unvorstellbar gewesen, sagt Stefan Brings. „Wenn wir vor unseren Leuten sagen, was wir von der AfD halten ist das nicht mutig. Was aber die Karnevalisten hier tun, das ist sehr mutig.“ Detlef Vorhold von den Paveiern sagt: „Das ist ein Schulterschluss von Leuten, von denen man nicht erwartet hätte, dass sie sich dahinstellen.“ Mit platten Parolen auf andere zeigen, ist Brings und Vorholds Sache nicht.

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Vorurteile, Alltagsdiskriminierung, Sympathien für eine Abgrenzung vom angeblich Fremden und dem Rest der Welt findet man im unmittelbaren Umfeld. „Man muss ehrlich sein“, sagt Stefan Brings. „Auch wir wissen nicht, ob alles richtig läuft. Auch wir haben Zweifel, Angst und Sorgen. Aber der Weg, sich abzuschotten, Menschen in Gruppen aufzuteilen und Sündenböcke zu suchen, ist in jedem Fall falsch. Wir wollen etwas gegen die Übermacht der Vorurteile tun.“

Bands machten den Anfang

Zusammen mit ihren Kollegen bei Bläck Fööss, Höhnern, Kasalla und Cat Ballou gaben Brings und die Paveier die Initialzündung für die bislang einmaligen Aktivität. Das schlechte Gefühl, im Karneval im Maritim auf der gleichen Bühne zu stehen wie Rechtspopulisten, habe sie motiviert. Als man über Protestformen nachgedacht habe, sei ihnen zunächst allerlei eingefallen, was recht drastisch ausgefallen wäre, heißt es. Nachdem das Festkomitee die Sache in die Hand nahm, wurde aus dem Protest gegen die AfD eine Kundgebung für für ein buntes Köln, für Toleranz und Vielfalt.

Andere Musikgruppen haben sich den Bands des so genannten „Six-Pack“ angeschlossen, gemeinsam werden sie am 22. April ab 14 Uhr Musik machen. Hinzu kommen Reden von Karnevalspräsidenten, Kuckelkorn aber auch von Aktiven, die in Sitzungen in die Bütt steigen.

Trotzdem soll aus der Kundgebung kein Karnevalsfest werden. Bierbuden und Essstände werden nicht aufgebaut. Die Rheinenergie liefert Trinkwasser. Das muss für die Versorgung von Tausenden Teilnehmern reichen.

Wie viele Menschen kommen, weiß keiner. Kuckelkorn hofft auf Zehntausend. Manches hängt wohl auch davon ab, wie die Demos anlässlich des AfD-Bundesparteitags in der Innenstadt laufen. Möglicherweise finden viele am Nachmittag den Weg vom Heumarkt zum Inneren Grüngürtel zwischen Aachener und Vogelsanger Straße. Die bekanntesten kölschen Bands sind auf beiden Schauplätzen aktiv.

Mehr Infos unter www.koelnerkarneval.de.

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