AfD-ParteitagZentrale Fragen in der AfD bleiben auch nach Köln offen

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Frauke Petrys Zukunft in der AfD ist ungewiss.

Berlin – Bernd Lucke wollte sich am Sonntag nicht äußern. Zwar hätte der Gründer der AfD allen Anlass gehabt, den Umstand zu kommentieren, dass die Parteivorsitzende Frauke Petry von den Kölner Delegierten nun so abserviert wurde, wie er einst von ihr abserviert worden war.

Doch der Wirtschaftsprofessor, der später aus der AfD austrat und jetzt bei einer unbedeutenden Partei namens Liberal-Konservative Reformer aktiv ist, verzichtete auf diesen  Triumph.

Die Ergebnisse des Kölner Parteitages lassen sich kurz zusammenfassen: Die AfD stellte Petry praktisch kalt. Die Delegierten weigerten sich, ihren realpolitischen Zukunftsantrag überhaupt nur zu behandeln. Sie verabschiedeten ein Wahlprogramm mit den zentralen Forderungen, eine „ungeregelte Massenimmigration in unser Land und in unsere Sozialsysteme“ zu beenden und den Euro-Raum zu verlassen.

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Schließlich bestimmten sie den rechtsnationalen Vizeparteichef Alexander Gauland und die wirtschaftsliberale und bis dato eher unbekannte Alice Weidel zu Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl.

Was das alles für die Zukunft bedeutet, ist ungewiss. Im Ganzen halten Experten die Aussichten der AfD für nicht so düster, wie es sich mancher Gegner der Partei wünschen würde.

Der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Mentefactum, Klaus-Peter Schöppner, sagte dieser Zeitung: „Das Seltsame an der Partei ist, dass sie nur Fehler macht.“ Die AfD sei erkennbar innerlich zerstritten. Die Spitzenleute schauten ausnahmslos auf sich selbst. Und es gebe keine Abgrenzung zu rechtsextremistischen Positionen und Personen. Tatsächlich ist etwa Gauland ein Vertrauter des sogar in der AfD umstrittenen thüringischen Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke, den Petry aus der Partei schmeißen will.

Trotzdem sei die Alternative für Deutschland  in den Umfragen  „immer noch drittstärkste Partei. Deshalb weiß ich nicht, ob der Parteitag zu einer Verschlechterung führen wird.“ Er vermute eher, „dass sie das auf den Kern des Protestwählerpotenzials reduziert“, so Schöppner. „Aber der Protestkern ist weiterhin ziemlich groß.“

Der Politikwissenschaftler Everhard Holtmann aus Halle äußerte sich ähnlich. „Die Position von Frauke Petry ist substanziell geschwächt“, erklärte er. „Es wäre konsequent, wenn sie jetzt zurückträte. Man kann sich schwer vorstellen, wie Petry noch eine funktionsfähige Parteivorsitzende abgeben soll.“ Auch hätten sich die Wahlchancen der AfD „auf jeden Fall verschlechtert“. Gleichwohl rangiere sie in den Umfragen anhaltend zwischen neun und elf Prozent, betonte Holtmann.

Darum sei es relativ unwahrscheinlich, dass sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitere. Umfragen weisen schon seit vielen Jahren aus, dass es ein fremdenfeindliches Potenzial in der Gesellschaft gibt, das mindestens so groß ist wie der gegenwärtige Zuspruch für die AfD in den Erhebungen der Demoskopen.

Was wird aus Frauke Petry?

Das alles ändert wiederum nichts daran, dass ein paar zentrale Fragen auch nach Köln offen sind: Was wird aus Petry? Sie kandidiert auf Platz eins der sächsischen Landesliste für den Bundestag; doch kann sie sich als Parteichefin halten? Was wird aus Höcke? Fliegt er? Oder bleibt er? Wie gut harmonieren der rechte Gauland und die etwas mainstreamigere Weidel? Gelingt es der AfD, eine dauerhaft funktionierende Führung zu bilden? Oder beherrschen unverändert Intrigen die Szene?

Die Antworten auf diese Fragen werden wohl eher nicht über den Einzug der AfD in den Bundestag entscheiden, wohl jedoch darüber, wie viele Abgeordnete sie entsenden kann. Allein dass die Bäume der deutschen Rechtspopulisten einstweilen nicht wie die jener in anderen europäischen Ländern in den Himmel wachsen, dürfte bis auf weiteres ausgemacht sein.

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