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RWE gibt AusblickDas sind die Folgen der Kraftwerk-Stilllegungen in Rhein-Erft

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Als erste von fünf Kraftwerksblöcken gehen die beiden in Frimmersdorf verbliebenen in die Sicherheitsbereitschaft.

Als erste von fünf Kraftwerksblöcken gehen die beiden in Frimmersdorf verbliebenen in die Sicherheitsbereitschaft.

Rhein-Erft-Kreis – Das Kraftwerk Frimmersdorf geht Ende September in den Ruhestand oder, wie es nach der Vereinbarung der Bundesregierung mit den Kraftwerksbetreibern im Gesetz heißt, in die Sicherheitsbereitschaft. Zwei Blöcke in Niederaußem und einer in Neurath werden 2018 und 2019 folgen und nur noch im Ausnahmefall wieder ans Netz gehen. Mit der Stilllegung der Kraftwerksblöcke und weiteren Effizienzsteigerungsmaßnahmen geht der Abbau von rund 1500 Arbeitsplätzen im Revier einher.

Auf Schloss Paffendorf zogen RWE-Power-Vorstandsvorsitzender Matthias Hartung und sein Vorstandskollege Lars Kulik gestern Bilanz und gaben vor allem einen Ausblick auf die Vorhaben im Revier bis 2020.

Die verbliebenen Kraftwerksblöcke P und Q mit einer Leistung von je 300 Megawatt in Frimmersdorf müssen nun so lange konserviert werden, dass sie im Bedarfsfall bis Ende 2021 mit einer Vorlaufzeit von zehn Tagen wieder hochgefahren werden können. „Das wird in seltenen Ausnahmen der Fall sein“, sagte Kulik. Als Kraftwerksbetreiber habe RWE Power keinen Einfluss darauf, die Entscheidung über eine solche Anforderung liege allein bei den Netzbetreibern. Ende 2021 wird das älteste Kraftwerk im Revier dann endgültig stillgelegt und zurückgebaut werden. Ähnlich ergeht es in Niederaußem zwei 300-MW-Blöcken und einem ebenso leistungsstarken Block in Neurath, die 2018 beziehungsweise 2019 für vier Jahre in die Sicherheitsbereitschaft gehen und dann endgültig vom Netz genommen werden.

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Der Abbau der Arbeitsplätze soll sozialverträglich erfolgen

Durch diese Maßnahmen werde sich der CO2 -Ausstoß im Revier um 15 Prozent reduzieren, sagte Hartung. „Bis 2030, wenn der Tagebau Inden ausläuft und das Kraftwerk Weisweiler abgeschaltet wird, reduziert sich der CO2 -Ausstoß um 40 bis 50 Prozent.“ Damit unterstütze das Unternehmen die Klimaziele der Bundes- und der Landesregierung und erreiche im Gegensatz zu anderen Branchen, dem Straßenverkehr und den privaten Haushalten, eine entscheidende Verbesserung, betonte Hartung „Dieser Beitrag wird von den Demonstranten, die hier im Rahmen des Klimacamps aufgetreten sind, völlig ignoriert.“

Rund 1500 Arbeitsplätze werden durch Effizienzsteigerungsprogramme und die Abschaltung der Kraftwerksblöcke im rheinischen Revier verloren gehen. Das soll sozialverträglich erfolgen, betriebsbedingte Kündigungen gebe es nicht, versprach Kulik. Gleichzeitig muss das Unternehmen aufgrund des hohen Altersdurchschnitts der Belegschaft für qualifizierten Nachwuchs sorgen. Deshalb werden in den kommenden Jahren jeweils 35 Ausbildungsplätze zusätzlich angeboten und bis 2019 insgesamt 360 Absolventen unbefristet eingestellt. 8000 Arbeitsplätze böten die Kraftwerke und Tagebaue noch. Mittelbar hingen im Revier weitere 16 000 Arbeitsplätze von der Braunkohle ab.

Matthias Hartung skizzierte in dem Pressegespräch die künftige Struktur des Unternehmens. Hatten die RWE Töchter Generation und RWE Power bisher einen gemeinsamen Vorstand, so werden sie künftig als eigenständige Töchter der RWE AG mit eigenen Vorständen agieren.

Generation ist zuständig für Steinkohle- und Gaskraftwerke sowie für die internationalen Kraftwerksstandorte. Atomkraft und Braunkohleverstromung sind das Geschäft von RWE Power. Die Aufgaben stünden künftig unter dem Leitsatz „Zukunft sicher Machen“, erklärte Matthias Hartung. „Mehr und mehr entwickeln wir uns vom Produzenten von Kilowattstunden hin zum Anbieter von Versorgungssicherheit.“ Dazu sei es notwendig, die Flexibilität der Braunkohlenkraftwerke weiter zu erhöhen und sie kommerziell zu optimieren.

Die Regulierung der Folgekosten der Braunkohle sei sichergestellt, versprach Hartung auf Nachfrage. Die gesamte RWE AG stehe mit ihrem gesamten Vermögen dafür, dass Bergschäden beglichen und die Rekultivierung wie geplant ausgeführt werde. „Wir bleiben ein verlässlicher Partner der Region“, sagte Hartung. Das zeige sich auch im Engagement von RWE in der Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR), zum Beispiel der weiteren Entwicklung des Gewerbegebiets Terra Nova.

Weitere Investitionen hingen nach wie vor von der Wirtschaftlichkeit ab. Zurzeit sei der Markt vom Preisverfall geprägt. Habe man 2106 noch 35 Euro je Megawattstunde Strom erzielen können, bewege sich der Strompreis aktuell bei etwa 31 Euro und drohe, im nächsten Jahr auf 27 Euro pro Megawattstunde zu sinken. An der Planung von BoAplus halte man nach wie vor fest, sehe aber zurzeit keine wirtschaftliche Basis für das Projekt.

Am Standort Niederaußem soll weiter die stoffliche Nutzung der Braunkohle erforscht werden. Am Innovationszentrum Kohle wird unter dem Namen „Fabienne“ bis zum Jahr 2021 die Wandlung von Braunkohle in Synthesegas erprobt. Bis 2023 unterstützen das Land NRW und RWE Power eine Stiftungsprofessur an der Ruhr-Universität Bochum, die das Projekt wissenschaftlich begleiten soll. Die Professur werde nun zeitnah vergeben, stellte Lars Kulik in Aussicht.

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