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Lernen mit LogbuchSchlebuscher Gesamtschule zum dritten Mal mit Preis ausgezeichnet

Lesezeit 4 Minuten
Wer in der individuellen Zeit einen Test schreibt – oder Ruhe will – bekommt Kopfhörer.

Wer in der individuellen Zeit einen Test schreibt – oder Ruhe will – bekommt Kopfhörer.

Leverkusen-Schlebusch – „Heute habe ich einen großen Fehler gemacht und dadurch viel Zeit verloren“, hat Emre in sein Logbuch eingetragen. Am nächsten Tag hat der Sechstklässler erneut „Mathematik“ angekreuzt und in das Feld „Was ich heute machen will“ außer dem Themenfeld noch eingetragen: „Dominik helfen“.

„Ist das nicht schön?“, schwärmt Bruno Bermes, Leiter der Gesamtschule Schlebusch. „Die Kinder lernen, sich selbst Ziele zu stecken, reflektieren ihre Arbeit und entwickeln auch noch soziale Kompetenzen.“ Individuelle Lernzeit (ILZ) heißt das Konzept, nachdem jede Klasse bis einschließlich Stufe sieben eine Stunde am Tag mit selbstständiger Arbeit verbringt.

Drei Schwierigkeitsstufen

Dabei handelt es sich nicht um Hausaufgaben, es wurden gezielt Inhalte aus dem Lehrplan für den normalen Deutsch-, Mathe- und Englisch-Unterricht rausgenommen, von denen die Lehrer denken, dass die Kinder sie sich auch alleine Erarbeiten können.

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In drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen je nach Leistungsvermögen des Schülers. Auch Tests werden in der ILZ geschrieben – aber jeder Schüler schreibt dann, wenn er sich dazu bereit fühlt und setzt dazu Kopfhörer auf, um nicht von den anderen gestört zu werden.

30 Jahre GLS

Am Freitag, 29. September, feiert die Gesamtschule Schlebusch ihr 30-jähriges Bestehen. Ab 15 Uhr sind alle Interessierten auf das Schulgelände, Ophovener Str. 4, eingeladen. Es gibt Musik, Tanz- und Theateraufführungen, Mitmach-Aktionen und Verpflegung. Ab 17.30 Uhr gibt die Kölschband „Miljö“ ein Konzert. (stes)

Unter anderem für die Fortentwicklung dieses Konzeptes ist die Gesamtschule jetzt bereits zum dritten Mal mit dem Preis „Gute gesunde Schule“ der Unfallkasse NRW ausgezeichnet worden. Das Preisgeld in Höhe von 15 000 Euro wird für eine umfangreiche Auswertung verwendet. „Wir haben ein großes Institut beauftragt, zu überprüfen, ob unsere Schüler durch die ILZ wirklich eine bessere Entwicklung nehmen, als andere Schüler“, sagt Bermes, in dessen Büros sich die Akten stapeln, die nach Hamburg geschickt werden. „Es ist uns wichtig, dass wir überprüfen, ob das wirklich sinnvoll ist, was wir machen und dann nehmen wir auch gerne Geld in die Hand, damit nicht auch noch das Lehrerkollegium Hefte auswerten muss.“ Neben der ILZ, für das die Gesamtschule das Logbuch und Arbeitsmaterialien selbst entwickelt hat, lobte die Jury des Schulentwicklungspreises auch „Lernen im Projekt“, ein Konzept, in dem fächerübergreifend in kooperativen Lernformen unterrichtet wird. Außerdem wurde die Gesundheitsorientierung der Schule hervorgehoben. Seit einiger Zeit werden einzelne Schüler zu Fachleute für Gesundheit ausgebildet, die Ideen ausarbeiten, etwa für eine bewegte Pause.

„Die findet nicht unbedingt in den Pausen zwischen den Unterrichtsstunden statt“, erklärt Andreas Brenken, didaktischer Leiter der Schule. Auch in der individuellen Lernzeit können Schüler eine Karte ziehen und kurz auf den Gang gehen, um sich zu bewegen oder Entspannungsübungen zu machen. Zur gesunden Schule gehört auch die Mensa, die von zwei ausgebildeten Köchinnen und 15 Teilzeitkräften bewirtet wird. Brötchen werden selbst gebacken, Beilagen gibt es als Buffet – so werde auch weniger weggeschmissen. Süßigkeiten werden nicht mehr verkauft. Aber selbstgebackenen Kuchen. „Kuchen gehört zum Leben dazu“, findet Schulleiter Bermes, ein bisschen was müsse man sich ja auch gönnen.

Die Konzeption der Arbeitsmaterialien für die individuelle Lernzeit, Projektgruppen, Weiterbildungen, Schulentwicklungsausschuss – es sei nicht immer leicht, alle Kollegen dafür zu motivieren, sich an der ständigen Weiterentwicklung der Schule zu beteiligen, gesteht Bermes ein.

Gute Lehrerauslastung

Doch grundsätzlich herrsche eine positive Arbeitsatmosphäre an der Schule, auch, weil die Lehrerauslastung bei mehr als 100 Prozent liegt, und so keine Überstunden aufgebaut werden. Und neue Strukturen würden die Arbeit oft auch erleichtern. „Wenn die ILZ-Materialien einmal stehen, muss der Lehrer für fünf Stunden in der Woche keine Vorbereitung mehr leisten, das ist eine große Zeitersparnis“, sagt Bermes. Lehrerin Sarah Litzinger stimmt ihm zu. „Bei den neuen Kindern in der fünften Klasse geht es am Anfang etwas chaotisch zu, aber es ist toll zu sehen, wie schnell sie eigenständiges Arbeiten lernen und wie gut sie ihre eigene Leistung einschätzen können.“ Dann nimmt Litzinger zwei Wäscheklammern von der „Hilfe-Kette“. Jeder Schüler hat eine Klammer mit seinem Namen drauf, wenn er eine Frage hat, geht er zu der Kette und hängt die Klammer auf. Die Lehrerin arbeitet sie nach und nach ab – und bleibt so selbst auch in Bewegung.

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