Kerpener unter VerdachtFamilie verhinderte möglichen Terroranschlag in Köln

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Mögliches Anschlagsziel: Köln.

Köln/Kerpen – Der 17-jährige Mann, der im Verdacht steht, einen Sprengstoffanschlag in Köln vorbereitet zu haben, war dem Staatschutz durchaus bekannt. Am Montag nahmen ihn Polizisten in Hannover fest, bevor er womöglich einen Anschlag in Köln begehen konnte.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ stand der Jugendliche aus Kerpen seit 2020 unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden. Über die sozialen Netzwerke soll der junge Eiferer sich zunehmend islamistisch radikalisiert haben. Dabei soll der Jugendliche Kontakte zu Extremisten im Raum Hannover geknüpft haben.

Die Schule brach er demnach ab, ließ sich einen langen Bart stehen und heiratete nach islamischem Ritus eine Frau, die sich in der Öffentlichkeit nur vollverschleiert zeigte. Das sind typische Indizien für eine Hinwendung zum radikal-islamischen Salafismus, der einzig Koran, Sunna und Sharia (islamische Rechtssammlung) als Verhaltenskompass anerkennt.

Alles zum Thema Herbert Reul

Am vergangenen Samstag wandte sich die Familie des Teenagers an die Polizei. Gleich mehrfach hatte der Sohn, der sich oft in Hannover aufhielt, nach Informationen dieser Zeitung mit den Eltern telefoniert. Dabei berichtete er davon, dass „die Männer“ ihn unter Druck setzen würden, einen Bomben-Anschlag in Köln zu begehen. Alarmiert richtete die Kölner Polizei eine Ermittlungsgruppe ein.

Die Staatsschützer gingen davon aus, dass der junge Extremist seine Anweisungen zu einem Sprengstoffattentat durch mutmaßliche Anhänger der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) erhalten hatte.

Über Handyortung festgenommen

Bald stellte die Sonderkommission fest, dass der Gesuchte am Bahnhof in Hannover ein Ticket nach Köln gekauft hatte. Über Handyortung wurde er dort durch die Bundespolizei festgenommen. Am Reisezentrum hatte der Islamist einen verdächtigen Beutel abgestellt. Eine Durchsuchung förderte allerdings nur Kleidung zu Tage.

Weitere Hinweise auf einen etwaigen Komplizen und einen verdächtigen Gegenstand im Intercity führten dazu, dass der Zug bei Wunstorf nahe Hannover gestoppt wurde. 100 Reisende mussten aussteigen, anschließend durchstöberten die Einsatzkräfte mit Sprengstoffspürhunden alle Abteile – allerdings ohne Ergebnis.

Verdächtiger in Polizeigewahrsam

Bleibt die Frage, was wirklich dran ist an der Terrorwarnung? Die Kölner Staatsschützer werten aktuell das Mobiltelefon des deutsch-türkischen Verdächtigen und andere Datenträger aus, um die Verdachtslage abzuklopfen.

Derzeit sitzt der Verdächtige im Zuge  der Gefahrenabwehr in Polizeigewahrsam. Die zuständige Terrorabteilung der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt zwar wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, allerdings betonte ihr Sprecher, dass „wir uns gerade am Anfang der Ermittlungen befinden.“ Nach wie vor gelte zunächst die Unschuldsvermutung. Sollten die Nachforschungen ergebnislos verlaufen, komme der Verdächtige wieder frei.

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Der Zugriff am Wochenende ist beileibe kein Einzelfall. Terrorexperten konstatieren, dass die militante Salafisten-Szene immer jünger wird. Mit Blick auf den Fall eines heute 17-jährigen syrischen Flüchtlings, der in Hagen einen Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge verüben wollte, hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Gespräch mit dieser Zeitung von einem „Muster schlechthin“ gesprochen. „Der Tatverdächtige wurde über soziale Netzwerke von einem Mentor in den Bau einer Bombe eingewiesen.“

Laut Anklage soll der IS-Instrukteur mit dem Kampfnamen Abu Harb den Jugendlichen über einen Telegram-Chat für seine detaillierten Pläne gelobt haben: Viele würden sterben und Autos brennen.

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