Abo

Düsseldorf "Im Schiffchen"Restaurant mit leichter Schlagseite

Lesezeit 3 Minuten
"Im Schiffchen" in Düsseldorf konnte nicht mehr in jeder Hinsicht überzeugen.

"Im Schiffchen" in Düsseldorf konnte nicht mehr in jeder Hinsicht überzeugen.

Düsseldorf – „Es war einmal“ – so fangen Märchen an und auch diese Kritik. Denn es war einmal ein Restaurant, das trug als eines von nur dreien in Deutschland drei Michelin-Sterne. Und da das Zweitrestaurant in der Etage drunter auch einen hatte, gab es in keinem Haus des Landes mehr Sterne als hier. Mit nun zwei Sternen gehört es immer noch zu den besten Deutschlands und ist Düsseldorfs Nummer eins. Doch umweht das wunderschöne Haus in Kaiserswerth mittlerweile ein Hauch von verblassendem Ruhm. Nicht davon betroffen ist allerdings der Wagenmeister mit Kapitänsmütze, der die Autos der Gäste parkt – weil man sonst einfach keinen Parkplatz in Kaiserswerth bekommt.

Französische Klassik

Jean-Claude Bourgueil kocht hier seit 1977 auf Grundlage der französischen Klassik; eine seiner Spezialitäten ist es, sie nach Asien zu öffnen. Auf der Karte findet man Gänseleber mit Würzbirne und Matchatee, was gerade wegen der bonbonhaften Fruchtnoten überzeugt. Der Kaisergranat mit Yuzu-Zitronenconfit ist ein Klassiker des Hauses – allerdings ist der darunterliegende Mangold nahezu geschmacklos. Das gilt leider auch für die Schnitte vom Vendée-Steinbutt. Das Fleisch bei der Velouté vom Rex-Kaninchen mit Zimt war sogar zäh. Und der Nachtisch mit Moro-Orangen und Campari-Granité schlicht zu sauer. Mehrere Tische beschwerten sich. Solche Fehler kennt man von diesem großartigen Koch nicht.

Millefeuille von der Gänseleber mit Würz-birne und Matchatee // 38 €

Großer Kaisergranat mit Yuzu-Zitronenconfit // 54 € Schnitte vom Vendée-Steinbutt in Champagner und Bohnenkrautsauce // 48 €

Interpretation eines Ceviche nach der Lima-Reise // 42 € Gebratenes Rebhuhn in Kaffeeduft // 36 € Gebratener Rehbockrücken mit Gewürzen und Waldpilzen // 49 € Moro-Orangen, Pomelo und Campari-Granité // 24 €

Acht-Gang-Menü // 169 € mit Weinbegleitung // 299 €

Puristische Perfektion

Im Idealfall setzen seine Gerichte auf ungemein süffige Harmonie. Manches wirkt einfach – ist aber puristische Perfektion. Und wie erfrischend ist es, wenn Bourgueil seine Kreationen mit einem Augenzwinkern benennt. Wie „Mein Sauerbraten nach der Modena-Reise“ oder die „Depeche aus Ceylon“ (Schokoladendessert in Form eines Briefumschlags). Dazu wird großes Küchentheater geboten: in Schleifen eingerollte Speisekarten, gediegenes Ambiente mit holzvertäfelten Wänden und klassischer Musik. Die via E-Book-Reader präsentierte Weinkarte bietet große Namen – zu ebenso großen Preisen. Früher wirkte hier die vielleicht steifste, aber auch perfekteste Restaurantbrigade Deutschlands, heute unterlaufen ihr zu viele Fehler, es mangelt an Timing und Aufmerksamkeit, bei Nachfragen wird auch mal eine Grimasse gezogen.

Jean-Claude Bourgueil

Acht Gänge plus drei Grüße aus der Küche, einem Zusatzdessert „Epilog“ und reichhaltigen Petits Fours dauert das Küchentheater. Auf Nachfrage waren drei Stunden avisiert, es wurden fast vier – bei halb besetztem Haus. Eine schwache Leistung und sowieso nicht mehr zeitgemäß, angebracht wäre, ebenfalls ein kleineres Menü anzubieten. Bei den Petits Fours konnte ich endgültig nicht mehr. Ich habe schon fantastische Abende im „Schiffchen“ erlebt, doch zurzeit wirkt es, als hätte Bourgueils ruhmvolles Gefährt ein wenig Schlagseite. Wirklich schade.

Im Schiffchen Kaiserswerther Markt 9, 40489 Düsseldorf, 0221/40 10 50,

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag ab 19 Uhr www.im-schiffchen.com

KStA abonnieren