Spektakulärer Einbruch in ChorweilerPolizei ist den Juwelen-Dieben auf den Fersen

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Der Juwelier „Goldfinger“ liegt direkt am belebten Londoner Platz in Chorweiler, nahe der S-Bahnstation.

Der Juwelier „Goldfinger“ liegt direkt am belebten Londoner Platz in Chorweiler, nahe der S-Bahnstation.

Chorweiler – Es ist der spektakulärste Juwelenraub in der Stadt seit Jahren: Durch einen verborgenen Tunnel unter einem Hochhaus in Chorweiler sind mehrere Einbrecher am Wochenende bis unter ein Juweliergeschäft gekrochen. Mit einem Bohrhammer stemmten sie die 20 Zentimeter dicke Betondecke auf, sägten zwei Löcher in den Boden und ein darüber liegendes Regalbrett eines hölzernen Vitrinenschranks und landeten zielgenau in der Auslage mit den teuersten Schmuckstücken. Der Gesamtwert der Beute: etwa 300.000 Euro.

Zunächst sah alles aus wie der perfekte Coup. Aber nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ verfolgt die Polizei bereits eine brandheiße Spur: Ein Zeuge hat die mutmaßlichen Täter in der Nähe der Ladenpassage am Londoner Platz gefilmt. Die Männer seien ihm verdächtig vorgekommen, hätten sich auffällig verhalten, heißt es. Der Zeuge arbeitet in der Sicherheitsbranche und gab an, „ein Auge für so etwas“ zu haben. Sein Handyvideo hat er der Kripo am Montag zur Verfügung gestellt, die Polizei misst dem Film große Bedeutung bei. Ob die Bilder demnächst zur Öffentlichkeitsfahndung freigegeben werden, ist noch unklar.

Als Toni Ucar am Montag um 9.14 Uhr sein Schmuckgeschäft „Goldfinger“ aufschließt, sieht er das Loch im Vitrinenboden sofort. Mehrere Schmuckständer in der Auslage sind umgestoßen, Ketten und Ringe fehlen. Ucar ruft die Polizei. Seit acht Jahren führt er das Geschäft in der Passage, davor betrieb er ein Juweliergeschäft im Chorweiler City-Center. Sichtlich mitgenommen stützt sich der 57-Jährige auf seiner Verkaufstheke ab, während Streifenbeamte Kunden und Schaulustigen den Zugang zum Laden versperren. Eine Etage tiefer arbeiten sich Ermittler in weißen Schutzoveralls durch den etwa 20 Meter langen Gang unter dem Gebäude, durch den die Täter gekommen sind – laut Polizei ein Versorgungsschacht, in dem elektrische Leitungen verlaufen, der aber auch begehbar ist, falls Reparaturen anstehen.

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Woher wussten sie, wo sie bohren mussten?

Der Einstieg befindet sich in einem benachbarten Ärztehaus, gleich gegenüber der S-Bahn-Haltestelle Chorweiler. Auch Rechtsanwälte und ein Institut für Schülernachhilfe haben in dem Hochhaus ihre Büros. Rechts neben den Fahrstühlen im Erdgeschoss befindet sich ein Müllraum, nicht größer als fünf Quadratmeter. Die Tür ist nicht verschlossen. In der Mitte ist eine dünne Stahlplatte in den Boden eingelassen. Wer sie anhebt, kann über eine kurze Leiter in den etwa 1,30 Meter tiefen Versorgungsschacht klettern, der sofort nach rechts abbiegt.

Schnell wird der Schacht breiter. Der Weg führt durch insgesamt sieben Räume, knöcheltief mit Wasser bedeckt und jeweils getrennt voneinander durch Betonwände mit hüfthohen Löchern. „Die Täter müssen sich da durchgezwängt haben, bis sie unter dem Juwelierladen standen“, schildert Polizeisprecher Christoph Gilles. Insgesamt etwa 20 Meter. Woher die Einbrecher allerdings wussten, wo exakt sie ein Loch in die Decke stemmen mussten, um in der lukrativsten Vitrine zu landen, ist der Polizei noch ein Rätsel. „Sie haben den Tatort vorher sehr genau ausbaldowert“, sagt Gilles.

Offenbar haben die Täter ausschließlich jene Schmuckstücke zusammengerafft, die sie aus dem Loch greifen konnten. Ob sie sich durch die Vitrine auch in den Laden gezwängt und sich im Geschäft umgesehen haben, ist laut Polizei noch nicht geklärt. Toni Ucar hält das für unwahrscheinlich. „Dann wäre die Alarmanlage losgegangen.“

Auch die genaue Tatzeit kann die Kripo bislang nicht eingrenzen. Fest steht nur: Am Samstag gegen 16 Uhr hatte Ucar das Geschäft verlassen. Wie immer hatte er es abgeschlossen und die schweren Rollläden aus Stahl heruntergelassen. „Von der Straße kommt da jedenfalls keiner rein“, sagte ein Polizist. Erst am Montagmorgen kehrte Ucar wieder zurück und sah, was geschehen war.

Ein weiterer Einbruchversuch vor zwei Wochen

Den Lärm, den die Täter durch das Aufstemmen der Betondecke verursacht haben müssen, hat offenbar niemand bemerkt. Jedenfalls haben sich keine Zeugen bei der Polizei gemeldet. Auch dem Besitzer des Kiosks gegenüber ist nichts aufgefallen. „Ich war den ganzen Sonntag hier und habe nichts Ungewöhnliches festgestellt“, erzählt er. Den Strom für den Bohrhammer haben die Täter vermutlich aus einer Steckdose im Müllraum geholt und ein Verlängerungskabel in den Schacht geführt.

Bei der Fahndung nach den Dieben geht die Polizei neben den Bildern aus dem Handyvideo noch einer weiteren Spur nach: Vor etwa zwei Wochen haben offenbar schon einmal Einbrecher versucht, in Ucars Geschäft einzusteigen – seinerzeit über das Dach. An einer Stelle direkt über dem Verkaufsraum hatten sie die Dachhaut aufgetrennt. Weiter kamen sie nicht. Vielleicht hatten sie nicht das richtige Gerät dabei. Vielleicht wurden sie auch gestört. Gestohlen wurde jedenfalls nichts. Erst viel später war Ucar auf den gescheiterten Einbruchsversuch aufmerksam geworden, als der Regen durch die undichte Stelle im Dach in seinen Laden tropfte. Auch damals hatte der 57-Jährige sofort die Polizei benachrichtigt. „Wir prüfen noch mögliche Zusammenhänge zwischen beiden Taten“, bestätigte Gilles.

Fürs Erste sucht die Polizei nun dringend Zeugen, denen am vorigen Wochenende Ungewöhnliches rund um den Juwelierladen aufgefallen ist. Wer Angaben dazu machen kann, wird gebeten, sich unter der Rufnummer 02 21/2 29-0 mit der Kripo in Verbindung zu setzen.

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