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KlangprobeEin unberechenbares Kollektiv

Lesezeit 3 Minuten
Pablo Held (v. l.), Tobias Hoffmann, Frederik Köster, Tobias Christl, Jonas Burgwinkel, Robert Landfermann und Niels Klein sind das Klaeng-Kollektiv.

Pablo Held (v. l.), Tobias Hoffmann, Frederik Köster, Tobias Christl, Jonas Burgwinkel, Robert Landfermann und Niels Klein sind das Klaeng-Kollektiv.

Köln – Wer immer noch glaubt, Jazz sei nur etwas für Intellektuelle, für einige wenige verkopfte Eingeweihte, der kennt des Klaeng-Jazzkollektiv nicht. Das sind sieben umtriebige Kölner Profimusiker, die sich 2009 zusammenschlossen, um mit Festivals und Improvisations-Workshops den Jazz insbesondere jungen Menschen näherzubringen. Einer von ihnen ist der Schlagzeuger Jonas Burgwinkel. Für den 30-Jährigen ist „Jazz eine lebendige Musik, die Strömungen aus der Pop- und Rockmusik und der Klassik in sich vereint, die sich ständig weiterentwickelt und dadurch frisch bleibt“.

Jonas Burgwinkel: Vor ungefähr fünf Jahren habe ich in der Philharmonie in Essen das Herbie Hancock Quartet gesehen mit Herbie Hancock am Klavier, Dave Holland am Bass, Brian Blade am Schlagzeug und Wayne Shorter am Saxofon. Das Tolle war aber nicht das Konzert selbst, sondern der Soundcheck davor: Ich saß in der ersten Reihe und durfte miterleben, wie die vier Jazz-Ikonen frei improvisierten und einfach nur Spaß hatten.

Frederik Köster: Ich wuchs in einem Haushalt auf, in dem ganz verschiedene Arten von Musik liefen. Mein Vater war Musiklehrer, der sowohl Klassik hörte als auch Rockmusik wie die Beatles und Pink Floyd sowie Jazz. Er hat seinen Schülern vermittelt, dass jede Art von Musik ihren Wert hat, solange sie gut gemacht ist. Diese Einstellung hat auch mich stark geprägt.

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Frederik Köster: „Revolver“ von den Beatles, weil sich Produzent George Martin da austoben konnte. Die vier Beatles haben natürlich super Songs für das 1966 erschienene Album geschrieben, aber George Martin hat unfassbar viele kreative Arrangement-Ideen beigesteuert, etwa für Orchester-Instrumente.

Zudem hat George Martin mit Tonbändern experimentiert, die er rückwärts und in doppelter Geschwindigkeit laufenließ. Ich glaube, damals wurde das Produzieren von Platten wie man es heute versteht erfunden.

Wie sich diese Weiterentwicklung anhört, zeigt Klaeng mit einem dreitägigen Festival im Kölner Subway: Vom 15. bis zum 17. Oktober steht der traditionsreiche Club, in dem bereits Jazzgrößen wie Chet Baker und Dexter Gordon spielten, ganz im Zeichen improvisierter Jazzmusik. „Es gibt kein anderes Genre, in dem es so sehr darum geht, im Moment zu sein, und das zudem jeden Augenblick eine andere Richtung einschlagen kann“, findet Pianist Pablo Held. Nicht vorgefertigten Strukturen folgen, sondern der Intuition – so wird live zelebrierter Jazz zu einem spannenden Spiel mit Möglichkeiten, in dem es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt.

Sieben Musiker, sieben Formationen

Als Band tritt das Klaeng-Jazzkollektiv zwar nicht auf, dafür hat jeder der sieben Musiker seine eigene Formation, mit der er – unterstützt von dem einen oder anderen Klaeng-Kollegen – seine musikalische Vision gestalten kann. Das Pablo Held Trio etwa macht akustischen Klavierjazz, Saxofonist Niels Klein spielt mit seiner Formation Tubes and Wires Elektro-Jazz und in der „Tobias Christl Lieblingsband“ verschmelzen sechs der sieben Klaeng-Mitglieder modernen Jazz und freie Improvisation mit Indie-Rock.

„Wir kommen alle aus einer Generation, die auf natürliche Weise von vielen unterschiedlichen Sachen beeinflusst wurde“, schildert Klein. „Wir sind in den 80er und 90er Jahren großgeworden, da war es normal, sich als Jazzer auch mit Rock und elektronischer Musik auseinanderzusetzen und nicht nur mit den traditionellen Spielformen des Jazz.“ Neben Workshops und Festivals ist ein weiteres Ziel des Kollektivs die Vernetzung mit Jazzmusikern aus anderen europäischen Städten. Zudem, so Sänger Tobias Christl, fungiere das Kollektiv als Sammelsurium guter Ideen: „Die wollen wir gemeinsam umsetzen – das ist einfacher und macht auch mehr Spaß.“

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