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HausbrandWohnwagen ersetzen das Zuhause

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Schock für die Webers: Das Feuer hat nicht viel im Haus verschont.

Schock für die Webers: Das Feuer hat nicht viel im Haus verschont.

Weiß – Der Tag, an dem es brannte, war ein Freitag. Zum Glück. "An einem anderen Wochentag wären die Kinder wahrscheinlich im Schlaf vom Feuer überrascht worden", sagt die Mutter Jenny Weber. Der Gesichtsausdruck der 35-Jährigen verrät, wie quälend allein der Gedanke daran ist. Jetzt, so kurz vor Weihnachten, sei sie besonders empfindlich, was ihre Emotionen betrifft, sagt sie.

Fast auf den Tag genau einen Monat ist es her, als die Familie Weber - Mutter Jenny, Vater Otto, die beiden Töchter Joanna und Shirley sowie die beiden kleinen Yorkshire-Terrier Daisy und Rocky - bei Freunden zu Besuch waren. An diesem Freitag durften die zehn- und 15-jährigen Mädchen lange aufbleiben, der nächste Tag war schulfrei. Als die Familie um Mitternacht nach Hause kam, loderten Flammen aus dem Dachgebälk ihres kleinen Hauses an der Weißer Hauptstraße. Dicker Qualm und beißender Geruch lagen in der Luft.

Geburtshaus komplett zerstört

Die Feuerwehr war von Nachbarn informiert worden und hatte die größten Brandherde schon gelöscht, richtete aber den gewaltigen Wasserstrahl immer noch auf das Haus. "Die machen ja alles kaputt", sei der erste Schreckens-Gedanke gewesen. Erst allmählich sei ihr das ganze Drama bewusst geworden. "Mein Nest, unser Ruhepol wurde zerstört", sagt Jenny Weber, die in dem Haus geboren wurde und dort aufgewachsen ist.

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"Was ist jetzt mit meiner Zahnspange?", habe Joanna, die jüngere Tochter, als erstes gefragt. Dass das Feuer auch die Ersatzbrille, die Puppen, den Schulranzen und alle persönlichen Dinge, die im Haus lagen, zerstört hatte - die Erkenntnis sei ihr erst viel später gekommen. Für die Familie war der Brand ein Schock , und eine nicht greifbare Angst sei bis jetzt geblieben. Vor allem Joanna habe das Erlebnis noch immer nicht verdaut. An dem zerstörten Haus gehe sie nur in Begleitung der Eltern vorbei, den Blick stur geradeaus gerichtet, erzählt die Mutter.

Defektes Kabel als Auslöser

Ein defektes Kabel in der Küche hat vermutlich zu dem Brand geführt. Die polizeilichen Ermittlungen seien abgeschlossen: Die Versicherung bearbeite jetzt den Fall, da die Kripo Brandstiftung als Ursache ausgeschlossen habe, berichtet der 37-jährige Otto Weber. Von außen erscheint das Wohnhaus beinahe unversehrt - die Mauern stehen noch. Innen zeugen die verkohlten Gegenstände und der Ruß allerdings von der Macht des Feuers.

Auch vier Wochen nach dem Brand weht noch ein abgestandener Geruch nach Feuer durch das Haus ohne Dach. Im ehemaligen Wohnzimmer steht das metallene Skelett eines Beistelltisches. In der einstigen Küche sind noch die Töpfe zu erkennen, eine Kuchengabel liegt am Boden auf einem schwarzen verkohlten Haufen.

Alle Zimmer renoviert

"Es ist, als ob man ein liebes Familienmitglied und sein ganzes früheres Leben verloren hätte", sinniert Jenny beim Anblick der Verwüstung im Haus. Otto findet ein paar historische Münzen. "Ach ja, die hat die Oma gesammelt", sagt er.

Die Oma war wie eine Mutter für Jenny Weber, sie wurde von ihr aufgezogen in dem Haus, das die Großeltern in den 60er Jahren gekauft hatten. Bis vor zwei Jahren lebte die Oma im Familienverbund, dann verstarb Hubertine Kleiner mit 82 Jahren. Danach haben die jungen Webers nach und nach alle Zimmer renoviert.

Oma hat einen Blitz geschickt

Aber die Möbel habe sie behalten, selbst den wuchtigen Esszimmerschrank aus Eiche, erzählt Jenny Weber. Auch von den antiken Sammlerstücken der Oma habe sie sich nicht trennen können, dafür sei sie schon belächelt worden. "Die Oma hat wahrscheinlich einen Blitz geschickt, damit ich mich endlich von ihr und den alten Sachen lösen kann", sagt Jenny. Diese Vorstellung gebe ihr Kraft und mache ihr Mut.

Die Webers sind eine Schaustellerfamilie, auch Jennys und Ottos Eltern und Großeltern hatten diesen Beruf. Derzeit betreibt die junge Familie eine Glühweinhütte am Wiener Platz. An Karneval sind sie mit einem Wagen auf dem Neumarkt vertreten, an Ostern beim Deutzer Frühlingsfest.

Unterstützung aus dem Dorf

Das ganze Jahr über sind die Webers in oder um Köln unterwegs, ihren festen Stützpunkt hatten sie allerdings in ihrem Haus in Weiß. "Nach dem lauten Trubel auf der Kirmes haben wir hier abends die Ruhe genossen", sagen Otto und Jenny. Vor allem wegen der Kinder, die die Offene Schule Rodenkirchen und die Hauptschule in Rodenkirchen besuchen, sei das feste Zuhause wichtig gewesen. "Bildung und der Schulbesuch sind ganz wichtig", sagt die Mutter.

Glücklicherweise besitzt die Familie mehrere Wohnwagen - sie stehen auf ihrem großen Grundstück neben dem nun unbewohnbaren Haus. Eltern und Kinder campen in je einem der gut ausgestatteten Wohnwagen. Wohlig warm ist es darin. Die benachbarte Gaststätte Zur Post versorgt die Webers mit Wasser. Es gehe ihnen vergleichsweise gut, versichert Jenny Weber. Trotz des Unglücks klagt das Ehepaar nicht, vor allem über die Anteilnahme und die Unterstützung aus dem Dorf hat sich die Familie riesig gefreut: Mitschüler, Nachbarn, der Kindergarten und die Schulen sowie die Rheinbogenstiftung und Freunde - sie alle haben gespendet und spontan geholfen. Dafür möchte Jenny Weber sich ganz herzlich bedanken, sagt sie: "Wir waren eigentlich schon immer auf der goldenen Seite des Lebens."

Die Familie möchte auf ihrem Grundstück ein neues Haus bauen, das alte soll abgebrochen werden. Aber erst einmal steht das Weihnachtsfest vor der Tür. Der Tannenbaum wird sicher keine Kerzen haben.

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