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GymnasiumUnterricht nach dem Feuer

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Die 9a hat ihren neuen Klassenraum im Ausweichquartier an der Mommsenstraße bezogen.

Die 9a hat ihren neuen Klassenraum im Ausweichquartier an der Mommsenstraße bezogen.

Sülz – Von wegen „Hurra, hurra die Schule brennt“, wie Schülerinnen und Schüler seit Generationen gut gelaunt grölen. Mascha kann da nur den Kopf schütteln. Die 15-Jährige findet gar nicht lustig, dass an ihrer Schule, dem Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium (EvT), tatsächlich jemand Feuer gelegt hat. In der Nacht zum vorigen Freitag brannte dort ein Klassenraum aus. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. „Jetzt haben ich und viele meiner Klassenkameraden einen weiteren Schulweg, weil unsere Klasse in die leer stehende Hauptschule an der Mommsenstraße umziehen musste“, sagt die Neuntklässlerin. Seit Dienstag werden insgesamt zehn Klassen der Mittelstufe dort unterrichtet, denn der gesamte A-Trakt des EvT ist bis auf weiteres nicht nutzbar. „Das sind mehr als die Hälfte aller Klassenräume der Schule“, rechnet der Vorsitzende der Schulpflegschaft, Martin Heinrichs, vor. Der Raum 004 im Erdgeschoß, in dem das Feuer gelegt worden war, ist komplett zerstört. Die angrenzenden Räume und die drei darüber befindlichen Etagen sind vom Ruß und dem Rauch so verschmutzt, dass Spezialfirmen zur Reinigung anrücken müssen.

Der kalte Rauch ist schon im Treppenhaus zu riechen. Ob er mit Schadstoffen belastet ist, prüft derzeit ein Chemiker. Die Polizei ermittelt. Deren Sprecher Wolfgang Baldes sagte: „Es handelt sich eindeutig um Brandstiftung. Von dem oder den Tätern allerdings haben wir bisher keine Spur. Wir ermitteln in alle Richtungen.“

Größere Nachteile als einen längeren Schulweg müssen die älteren Schüler hinnehmen. Der Montag nach dem Brand ist schulfrei. Julia aus der Jahrgangsstufe 11 steht trotzdem auf dem Schulhof des EvT vor dem Info-Kasten und schreibt sich ihren neuen Übergangsstundenplan zusammen. „Das ist echt doof. Diese Woche fällt eigentlich alles aus, außer meinem Leistungskursus Geschichte und den Fächern Kunst und Religion. Dabei stehen doch jetzt die Klausuren an. Und ich hätte die Vorbereitung im Unterricht gut gebrauchen können.“

schreckte Hausmeister Orbay Atlihan auf, als seine Tochter laut rufend ins Schlafzimmer gerannt kam: „Papa, Papa, Feueralarm.“ Atilhan schildert, was dann geshah: „Ich dachte erst noch, es wird wieder ein Fehlalarm sein. Den hatten wir schon öfter. Ich zog mir etwas über und ging hinaus. Wir wohnen ja direkt am Schulgelände. Zuerst bin ich in die Hausmeisterloge. Hier kann man sehen, in welchem der vielen Gebäude auf dem Gelände der Feueralarm ausgelöst wurde. Ich habe gesehen, dass es im A-Trakt vom EvT brennt und bin rüber gelaufen. Auf dem Schulhof sah ich schon die kaputten Fenster.

Als ich in das Gebäude rein wollte, spürte ich die Hitze. Da konnte man nicht rein. Der Hausflur war voller Qualm. Ich konnte nichts sehen und habe erstmal die Türen zum Hof aufgerissen, damit der Qualm abziehen konnte. Es ging alles so schnell. Doch es hatte sich schon die Leitstelle der Berufsfeuerwehr gemeldet. Die waren von der städtischen Gebäudeaufsicht informiert worden. Dort läuft der Alarm auch auf. Die Feuerwehr war umgehend da. Hoffentlich finden sie die Brandstifter. Die müssen bestraft werden. Ich bin nur froh, dass bei dem Feuer niemand zu Schaden gekommen ist. Ich habe doch selbst Kinder.“

ist seit eineinhalb Jahren Hausmeister des benachbarten Schiller-Gymnasiums und auch für das Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium zuständig. Beide Schulen teilen sich das Gelände an der Nikolausstraße. (eic)

Der Leiter des Gymnasiums, Bernd Schwesig, ist seit der Brandnacht ununterbrochen im Einsatz, trotz allem Ärger aber guter Dinge: „Das Krisenmanagement läuft rund. Die Verwaltung, die Lehrer, die Eltern und unsere Schülerinnen und Schüler, nicht zu vergessen die Hausmeister – alle ziehen in vorbildlicher Weise an einem Strang. Innerhalb von 48 Stunden – übers Wochenende – war das Ausweichquartier in der Mommsenstraße hergerichtet.“

Ehemalige Hauptschule umfunktioniert

Die ehemalige Hauptschule stand schon seit vergangenen Sommer leer. In Windeseile wurden jetzt das Wasser wieder angedreht, Heizung und Strom eingeschaltet. Wo nötig, fanden Reparaturen statt. So wurden beispielsweise Scheiben erneuert. Die Klassenräume wurden möbliert und geputzt. Sogar das Schullogo des EvT hängt nun am Eingangstor an der Mommsenstraße.

Nach dem ersten Tag resümiert die Koordinatorin der Mittelstufe, Kerstin Petermann, die ebenfalls in die Mommsenstraße umgezogen ist, um Chemie und Latein zu unterrichten: „Es klappt eigentlich ganz gut. Was fehlt sind unsere technischen Errungenschaften. Wir haben hier kein Internet, keine Computer. Das bedeutet Unterricht wie vor 30 Jahren. Aber das meistern wir ganz kreativ.“ Insgesamt 20 Klassen – mehr als die Hälfte der 850 Schüler – sind von dem Brandschaden betroffen. Den Kleinen mutete niemand den Umzug ins Ausweichquartier zu. Für die Klassen fünf und sechs findet der Unterricht daher nach Plan im EvT statt.

hat es im A-Trakt des Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasiums gebrannt. Vor sechseinhalb Jahren war dort innerhalb von zwölf Tagen zwei Mal Feuer gelegt worden. Am 24. Oktober 2006 waren die Gardinen in drei Räumen des Erdgeschosses angezündet worden.

war derselbe Klassenraum wie im aktuellen Fall durch ein Feuer vollständig zerstört worden. Eingestiegen waren die Täter auch damals durch Fenster im Erdgeschoss.

Günter Dionisios hatte danach den Einsatz eines privaten Wachdienstes angeregt, der zeitweise auch heute noch vor Ort ist. Beispielsweise wenn das Gebäude während Umbauarbeiten offen steht. Die Täter wurden bislang nicht gefasst. (eic)

Die Stufen 7,8 und 9 sind in die Mommsenstraße umgezogen, wo sie voraussichtlich bis zu den Osterferien unterrichtet werden. Der Oberstufenunterricht findet soweit möglich im F-Trakt des EvT statt. Hier kommt es zu Einschränkungen für die die Jahrgangsstufen 11. Die Älteren sollen sich weiter konzentriert auf ihr Abitur vorbereiten können.

Am Montag nach dem Brand sind Fachleute von der Versicherung und einer Spezialreinigungsfirma vor Ort. Anschließend wirkt Schulleiter Bernd Schwesig noch ein wenig gelöster und meint: „Die Reinigungsfirma hat mir soeben signalisiert, dass wir die oberste Etage, vielleicht auch die darunter nächste Woche schon wieder in Betrieb nehmen können. Das verschafft uns einigen Handlungsspielraum.“

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