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Mein VeedelMit Aleks Bechtel durch Weidenpesch

Lesezeit 6 Minuten
Am liebsten läuft sie zu Fuß durch ihr Veedel: Aleksandra Bechtel auf der Neusser Straße in Weidenpesch.

Am liebsten läuft sie zu Fuß durch ihr Veedel: Aleksandra Bechtel auf der Neusser Straße in Weidenpesch.

Weidenpesch – Der Dschungel liegt an der Neusser Straße. Hausnummer 527. Es duftet nach Rosen, die Luftfeuchtigkeit ist hoch, die Wellensittiche Jacki und Bubi zwitschern und Chihuahua-Dame Miss Marple pirscht sich durch die Vasen im Blumengeschäft La Fleur; dem Stammfloristen von Fernsehmoderatorin Aleksandra Bechtel. Vor knapp zehn Jahren hat sie das Geschäft von Thomas Mihm und René Hoffmann entdeckt. Warum sie Stammkundin geblieben ist? „Ich finde, Thomas und René binden die schönsten Sträuße Kölns. Hier sind sie immer geschmackvoll, ich war noch nie enttäuscht“, lobt sie. Kein Wunder, dass sie da auch Mihm ihren Brautstrauß binden ließ.

Die Karriere bei Viva begonnen

Ihre Moderationskarriere hat Bechtel beim Musiksender Viva zu dessen Sendestart vor 20 Jahren begonnen. Später führte sie durch Sendungen wie „Bitte lächeln“ (RTL 2), die „Disney Filmparade“ (Pro 7) oder „Heirate mich!“ (RTL 2). Vor knapp zwei Jahren ist sie zum zweiten Mal Mutter geworden, im September kommt der jüngere Sohn in den Kindergarten, dann möchte sie beruflich wieder „mehr Gas geben“. „Vorher hätte ich ein schlechtes Gewissen“, sagt die 40-Jährige.

Für den Kleinen ist Bechtel auch an der Neusser Straße 555 unterwegs. In der Änderungsschneiderei Kaya reicht sie Hülya Kaya-Arsian eine Kleinkinderjeans, das zerrissene Knie braucht einen Flicken. Die beiden Frauen duzen sich, sie verbindet eine lange Einkaufsgeschichte. „Weißt du noch, als ich mit dem Gala-Kleid hier war, das gekürzt werden musste?“, fragt Bechtel. Kaya-Arsian lächelt, nickt. „Ich hab das hier anprobiert“, berichtet Bechtel und deutet auf die Umkleide hinterm roten Vorhang. „Dann haben von der Straße aus ganz viele Leute durchs Schaufenster zugeschaut, so nach dem Motto: Guck mal, was hat die denn an? Das war für die Bambi-Verleihung, glaube ich.“ An dem Tag, als sie das Kleid abholen wollte, bekam Bechtel aber erstmal einen Riesenschreck: Das Geschäft war abgeschlossen. „Du hast dann einfach nebenan bei mir geklingelt“, erinnert sich Kaya-Arsian, „und ich hab dir den Schlüssel gegeben.“ „Ja“, fährt Bechtel fort, „fürs ganze Geschäft. Ich konnte es kaum glauben.“ „Du bist eben eine vertrauenswürdige Person“, findet die Schneiderin, die das Geschäft mit ihren Schwestern Selma Sahin und Nuran Kaya führt.

Seit 15 Jahren in Weidenpesch

Vor dem Atelier rattert die Straßenbahn durch die Schlucht der vierstöckigen Mietshäuser, ein Autofahrer hupt an der Ampel, es ist Mittagsverkehr auf der Neusser Straße – und es riecht nach Sauerbraten. Der Wind weht den Duft von nebenan herüber, in der Metzgerei Josef Seuwen ist der rheinische Küchenklassiker mit Spätzle und Apfelmus für 5,95 Euro im Angebot. Bechtel stellt sich an der Wursttheke an. „Was darf’s denn sein?“, fragt Verkäuferin Natascha Weiße. „Fünf Scheiben Salami, bitte“, bestellt Bechtel und verstaut die Wurst in ihrer braunen Lederhandtasche, einem Geschenk der Schwieger-Oma. Die Wurst braucht die 40-Jährige für den sechsjährigen Sohn. „Der will nichts als Salami-Brote für die Schule.“

Seit 1998 wohnt Bechtel, die vor allem bekannt ist für ihre Moderationen der Container-Show „Big Brother“, in Weidenpesch. Den Kölner Norden für sich entdeckt hatte sie, als sie ihre Ausbildung zur Verlagskauffrau begann. Anfangs war sie noch aus ihrem Geburtsort Hilden im Kreis Mettmann nach Köln gependelt. „Das war aber einfach zu weit“, erinnert sie sich. Und so zog sie in ihre erste Wohnung nach Bilderstöckchen. Was sie seit inzwischen 15 Jahren so sehr an Weidenpesch schätzt? „Bei uns zu Hause ist es sehr schön grün“, sagt sie. Mit ihrem Mann und den beiden Söhnen wohnt Bechtel am Rennbahngelände. „Und dann“, fährt sie fort, „mag ich einfach die Menschen, die hier leben. Sie sind so freundlich, ich kenne zum Beispiel jede Kassiererin im Supermarkt.“

Am liebsten ohne Auto unterwegs

Am liebsten ist sie ohne Auto unterwegs in ihrem Veedel. „Ich mag, dass hier alles in Fuß-, beziehungsweise in Fahrradreichweite liegt“, erzählt sie. Der Wind rüttelt an ihrem beigefarbenen Schal und zerrt an den blonden Haaren – sie zieht den braunen Halbmantel etwas enger an sich. Schließlich setzt sie nach: „Ich mag auch gern, dass es noch so viele kleine Fachgeschäfte hier gibt. Mir gefällt die Individualität, und ich lasse mich einfach sehr gerne von Fachleuten beraten.“

Besonders wichtig sei das zum Beispiel beim Thema Wäsche, etwa für besonders dekolletierte Gala-Kleider. „Wenn du da Wäsche drunterziehen möchtest, muss es etwas Hautfarbenes sein. Und um dafür das Richtige zu finden, brauchst du ein Fachgeschäft, die Wäsche soll ja nicht zu sehen sein“, weiß sie, „da musst du dich beraten lassen.“ Dafür besucht sie Dessous Danielle an der Kapuzinerstraße. Ob sie da auch wirklich auf den Rat der Fachverkäuferinnen hört? „Oh ja“, bestätigt Manuela Szczesniak. „Aus dem Fernsehen kenne ich Frau Bechtel als eher extrovertiert, das gehört ja zu ihrem Job. Aber privat ist sie das irgendwie gar nicht, finde ich, da hört sie zu, lässt sich gut beraten. Sie ist eine angenehme Kundin.“

Die auch noch schnell mit an die Theke treten und in eine Zeitschrift schauen muss. „Haben Sie das schon gesehen?“, will Szczesniak wissen. „Was denn?“, fragt Bechtel. „Wir sind für den Stern der Wäsche nominiert, den Oscar der Wäsche-Verkäuferinnen – als einer der zehn besten Läden Deutschlands. Da sind wir ganz stolz drauf.“ „Recht so“, lobt Aleksandra Bechtel.

Mehr Zeit für Wellness im Alltag

Einen Abstecher nach Niehl möchte sie auch noch machen. „Wir wohnen ja irgendwie im Grenzgebiet zwischen Weidenpesch und Niehl, darum bin ich mal hier, mal da unterwegs“, erklärt sie und tritt ein ins Kosmetikatelier Diamond an der Friedrich-Karl-Straße 113. Es duftet fruchtig, ein Hauch von Kirsche und Muskatnuss liegt in der Luft. Chefin Dorota Szenrok steht auf, begrüßt Bechtel mit einer herzlichen Umarmung; aber auch mit Schelte. „Lass mich deine Nägel sehen, Aleks“, fordert Szenrok. Sie blickt auf die rot lackierten Finger, wiegt den Kopf, hebt den Blick wieder und schaut Bechtel in die Augen. „Das sieht schrecklich aus, du warst zu lange nicht da.“ Bechtel gibt sich einsichtig und verspricht, wieder häufiger zu kommen, sobald ihr kleiner Sohn im Kindergarten ist, „dann habe ich wieder mehr Zeit für so etwas“. Raum für ein kleines bisschen Wellness im Alltag, darauf freue sie sich. „Es ist einfach ein schönes Gefühl, mit ordentlichen Nägeln nach Hause zu kommen“, findet sie.

Und wenn sie mal vergessen hat, wie sich der Kindersitz eigentlich montieren lässt, dann nimmt sie eben doch mal das Auto und parkt vorm Kinderladen Schweer. Der liegt in der gleichen Ladenzeile wie das Kosmetikatelier, nur ein paar Türen weiter. „Hier habe ich schon alles gekauft“, sagt Bechtel. „Schuhe, den Kinderwagen, den Buggy, Schränke, ein Bettchen.“ „Und Sie haben hier auch schon Frikadellen gegessen“, ergänzt Jürgen Schweer. „Oh ja“, erinnert sich Bechtel. „Die haben wir im Kabuff hinten gegessen, die hatte Ihre Frau gemacht.“ „Plätzchen auch schon mal“, ergänzt Beate Schweer lächelnd. Aleksandra Bechtel nickt. „Sehen Sie“, zieht sie ihr Fazit, „darum mag ich mein Veedel so: lauter nette Menschen.“

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