Public ViewingKöln im Final-Rausch

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Trotzdem Freundinnen: Bayernfan und Dortmundfan.

Trotzdem Freundinnen: Bayernfan und Dortmundfan.

Köln – Sie waren heiß begehrt und nur schwer zu bekommen: Die 87.695 Eintrittskarten für das deutsch-deutsche Champions League Finale am heutigen Abend im Londoner Wembley Stadion. Viele Fußball-Fans, die bei der Vergabe leer ausgegangen sind, wollen den Höhepunkt der Saison aber dennoch mit möglichst vielen anderen Menschen zusammen und Stadionatmosphäre erleben: In vielen Kneipen und Bars der Stadt versammeln sie sich zur Stunde, um beim Public Viewing ihren jeweiligen Favoriten zum Sieg zu schreien. Unser Autor Martin Boldt ist mittendrin. Erste Station ist die Sportkneipe Klimbim in Ehrenfeld.

Schwarz-gelbes Farbenmeer

Hier dominieren ganz klar die Farben schwarz-gelb. Das Lokal ist schon seit Jahren Fest in der Hand von Borussia Dortmund Fans, die ihrem Verein auch im Kölner Exil die Treue halten. Die Stimmung ist heiter bis gut gelaunt. Fragt man in die Runde, wird schnell klar, dass niemand heute Abend gekommen ist, um eine Niederlage zu sehen. "Die Chancen stehen doch gut", findet Christian Vogel, der wie fast alle der Anwesenden in Kutte - also in Trikot und Schal - erschienen ist. "Wir haben die Bayern schon öfters geschlagen, warum also nicht auch heute." Friedliche Bayern-Fans seien übrigens gerne zum gemeinsamen Schauen des Spiels willkommen. Man merkt, die Euphorie ist groß, so kurz vor dem Anpfiff, es wird gesungen, gefachsimpelt.

Das Klimbim ist jetzt zum Brechen voll, 300 Fans drängen sich um die drei Bildschirme. Wirt Wolf hat alle Hände voll zu tun. Die Mannschaften laufen aufs Feld. Die Hymne wird gespielt. Die Aufstellungen verlesen.

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Biergarten am Aachener Weiher

Durchmischter ist das Publikum im Biergarten am Aachener Weiher. Den Platz unter den Heizpilzen teilen sich Anhänger beider Teams. Zu hören sind allerdings auch hier fast ausschließlich Fans des BVB, was vermutlich an der Großchancen liegt, die Klopp Elf derzeit im Minutentakt hat. Die In-Location im Freien am stärksten unter den wenig frühlingshaften Temperaturen zu leiden. Mehr als die Hälfte aller Bänke ist leer geblieben, ein Trupp baut bereits ab.

Dass die Fans hier friedlich zusammensitzen, findet Ingo Enz super. "Ist doch schließlich ein deutsches Finale". So langsam könnten die Bayern aber mal aufdrehen. Wie vielen der Bayern-Unterstützer gefällt ihm nicht wirklich, was er in den ersten 30 Minuten von seiner Mannschaft geboten bekommen hat.

Schlagabtausch auf der Leinwand

Das Spiel ist mittlerweile ein offener Schlagabtausch, spannend und energiegeladen, dass merkt man auch bei den Zuschauern im Cafe Magnus auf der Zülpicher Straße. Alle Blicke richten sich gespannt auf die Leinwand. Auch Lee Zinn und Glen Gagnon aus den USA vergessen fast, ihr Bier zu trinken. "Es ist spannend, nur die Tore fehlen noch", ist Glens Fazit zur Halbzeitpause. Begleitet werden die zwei von Julia Schaaf. Sie ist zwar auch keine Expertin, für ein kurzes Briefing hat es allerdings doch gereicht.

Dann endlich in der 60. Minute: Das erste Tor des Spiels fällt - für die Bayern. Doch die Freude der Fans währt nicht lange. Denn schon kurz darauf gibt es auch bei den BVB-Fans in der Flotte kein Halten mehr, Gündogan besorgt per Foulelfmeter den Ausgleich. Jetzt ist wieder alles offen. Das freut auch Türsteher Johannes. Der 30-Jährige ist FC-Fan und daher heute Abend neutral. Ein schönes Spiel im Rücken, wenn man arbeitet, dagegen hat aber auch er nichts einzuwenden.

Die Überstunden für das Tickerteam scheinen abgewendet. Robben erlöst die Bayern-Fans. Im Bella Rosa ist der Jubel groß, die Sympathien scheinen hier sowohl bei Belegschaft als auch Zuschauern eher pro Bayern München zu liegen.

Aus! Das Spiel ist aus! Die Bayern machen das Double perfekt. Mal schauen ob auf dem Ring gleich spontane Autokorsos zu sehen sind.

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