AusstellungSchön wie ein alter Elefant

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„Visitors and other beings“ ist der Titel der Schau. (Bild: rg)

„Visitors and other beings“ ist der Titel der Schau. (Bild: rg)

Siegburg – Eine nackte alte Frau, verwüstet vom Leben, von Geburten und von Arbeit, bricht die Konventionen weiblicher Schönheit. Sie sieht aus wie ein schöner alter Elefant. So beschreibt die Kölner Künstlerin Heather Sheehan ihre Figur mit dem Titel „Her“.

Imposante 2,50 Meter hoch steht „Her“ in der ersten Etage des Siegburger Stadtmuseums, groß und grau wie ein Elefant. Sie besteht aus Plüsch und zwei Kunstharz-Augen. Der Stoff schlottert um das Figurgerüst, diese „Haut“ hängt und wirft Falten. Menschliche und tierische Gestaltmerkmale zu verbinden, ist eine alte Strategie der Plüschteddybären-Industrie. Der Bär ist niedlich und ungefährlich, weil er dem Kindchenschema folgt. Ein Klischee, und die in New York geboreneSheehanwendetdiese Strategie geschickt, um gerade die Klischees des Forever Young zu stören. Sie bringt den Betrachter dazu, emotional zweigleisig zu reagieren: Ihre Plüschfiguren sind nicht nur gleichzeitig menschlich und tierisch, sondern auch monströs und sympathisch, fremd und vertraut.

„Visitors and other beings“ ist der Titel der Schau, und wer nun Besucher und wer anderes Wesen ist, auch das bleibt schön doppeldeutig. Winzige, kleine und große „Visitors“, „Beings“ und „Friends“ , die meisten aus weißem weichem Stoff, bevölkern die Halle. Dazu gibt es „Portraits“, Aquarelle auf handgeschöpftem Papier. Diese Malereien funktionieren in Sheehans Konzept weniger gut, weil sie die nötige Ambivalenz nicht herstellen können. So faszinierend wie die Figuren im Raum mit ihren scheinbar aufmerksamen (blauen) Augen und ausdrucksvollem (roten) Mund sind aber wiederum die Fotoarbeiten, die in Zusammenarbeit mit Bart Michielsen entstanden. Hierfür hat die Künstlerin zum Rasierer gegriffen und den Plüschstoff auf den Kunstharzgesichtern teilweise entfernt, teilweise zu Frisur und Augenbrauen geformt. In starker Vergrößerung wirken diese Tafeln auf ihre Weise suggestiv: Die menschliche Gestalt scheintaus der Plüschpuppe hervorzubrechen. Der Betrachter wird zum Zeugen eines Häutungsprozessses. Die Frage ist alsowieder einmal: Was sehen wir und was steckt dahinter? Sie wird hier nicht theoretisch angegangen, sondern visuell und emotional.

Der Besucher, das andere Wesen, wird dazu gebracht, seine Perspektive zu verändern. Und mit diesem anderen Blick geht er wieder hinaus in die Fußgängerzone - und siehe da:Vertraute Fremde und fremd Vertrautes auch hier. Sheehans Konzept scheint aufzugehen. Visitors and other Beings, Soft Sculptures and Works on Paper. Zu sehen bis zum 22. Mai im Stadtmuseum, Markt 46. Geöffnet dienstags bis samstags 10 bis 17 Uhr, sonntags 10 bis 18 Uhr.

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