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BandportraitBissige Botschaften jenseits der Charts

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Die Smarslies sind: Thomas Smarsly, Peter Smarsly und Markus Corsten. (v.l.)(Bild: Leineweber)

Die Smarslies sind: Thomas Smarsly, Peter Smarsly und Markus Corsten. (v.l.)(Bild: Leineweber)

Rhein-Berg – Punk ist tot: Das skandierte 1978 die britische Anarcho-Punk Band Crass mit ihrem Song „Punk is Dead“, kaum ein Jahr nachdem die Sex Pistols mit „God Save the Queen“ die Hitparaden gestürmt hatten. Crass warfen den geistigen Führern der Bewegung Ausverkauf vor, den Punkrock selbst sahen sie zur reinen Modewelle verkommen.

Und heute? „Punk ist nicht tot“, befindet Markus Corsten (32), Bassist und Sänger der Köln-Lindlarer Formation Die Smarslies. Denn im Untergrund, wo alles begann, ungehört in Hitparaden, da lebt der Punkrock. Und mit ihm der Durst junger Menschen, komplexe Gefühle in simple Akkorde zu packen, unverblümte Kritik in schlagkräftige Texte. „Punk wird von jeder Generation neu durchlebt“, glaubt Schlagzeuger Thomas Smarsly (30). „Jeder Musiker, der Punkrock für sich entdeckt, bringt seine eigenen Emotionen in die Musik ein.“ So auch die Smarslies, die im Mai 2002 von Sänger und Gitarrist Peter Smarsly (27), Bruder Thomas Smarsly und Corsten gegründet wurden.

Mit ihrer bereits 2010 erschienen, aber immer noch aktuellen CD „Enthirnungsgefahr“ präsentieren sie lautstark ihre Vision von Punkrock. Rhythmisch rumpelnde Hochgeschwindigkeit trifft auf schneidende Gitarreneskapaden, auf mal hymnische, mal trotzige Gesangsharmonien. Unpoliert, wunderbar melodiös und voller knackiger Energie kommen die sechs Songs daher. Trotzdem vergisst die Band nie, satte Hooklines zu liefern, die sich unweigerlich in den Gehörgängen festbeißen.

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„Enthirnungsgefahr“ ist ein kompromissloses, ein furios dreckiges Werk, das mitreißt, ohne musikalische Plattitüden zu bedienen. Aufgenommen wurde es im Kölner Propeller Studio mit Produzent Wolfgang Proppe, Keyboarder des Kölner Indie-Pop-Urgesteins Erdmöbel. Gerade mal drei Tage verbrachten die Smarslies im Tonstudio, dann war die Scheibe eingespielt. Für die Stücke steuert Peter Smarsly den Großteil der Melodien bei, die zum Teil auch von Corsten geliefert werden. Zu dritt wird dann im Lindlarer Proberaum an den Songs gebastelt. Als Inspirationen für ihre Musik nennen die Smarslies unter anderem The Beatles sowie die deutschen Punk Bands WIZO, Slime und Die Ärzte. Auch US-amerikanische Formation wie die Punkrocker The Ramones und die melodische Hardcore Band Pennywise haben laut Peter Smarsly ihre Spuren im Sound hinterlassen, ebenso Thrash-Metaller der Marke Megadeth. „Wir verfolgen mit unserer Musik keine spezielle Richtung, es fließt ein, was gefällt“, schildert Corsten. „Es gibt allerdings viele Punkpolizisten, die einem vorschreiben wollen, wie Punk zu sein hat.“ Das ist den Dreien herzlich egal. Smarsly: „Punkrock bedeutet für uns, unser Ding zu machen, unsere Schiene weiter geradeaus zu fahren.“

In seinen Texten verarbeitet Peter Smarsly – der seine Songs übrigens auf der Akustikgitarre komponiert – denn auch nichts, was sich außerhalb seiner Erlebniswelt abspielt. „Es geht um alles, was mich umgibt“, sagt der Frontmann. Neben Autobiografischem und dem Spaß am Leben thematisiert er auch sein Bild der Gesellschaft: eine im Konsum und Erscheinungsbild das Heil suchende Masse, die sich lieber berauscht, als zu reflektieren. In „Generation der Vollidioten“ heißt es: „Fitnesscenter, ’ne Topfigur, keine eigene Meinung, aber coole Frisur. Ob Mode-Iro oder Vokuhila, Junge, Du bist Deutschlands nächster Superstar.“ Peter Smarsly: „Ich möchte Leute dazu anregen, Dinge die sie im Fernsehen sehen, kritisch zu hinterfragen.“

Rund 60 Mal haben die Smarslies – beruflich aktiv als Betriebswirt, Altenpfleger und Buchhalter – ihre bissigen Botschaften bisher live präsentiert. 2010 spielten sie mit Szenegrößen wie Normahl und den Dödelhaien auf einem Festival im Bürgerhaus Kalk. Aber auch in gediegenerem Rahmen konnte man das Trio bereits begutachten, zum Beispiel bei einem Musikfestival im Lindlarer Kultur-Restaurant „Artgenossen“. „Das Rahmenprogramm war eher jazzig, auch klassisch, und dann kamen wir“, schildert Corsten und fügt lachend hinzu: „Die älteren Semester guckten dann doch etwas erschrocken ob unseres Sounds, geklatscht haben sie trotzdem.“ Im Moment arbeiten die Smarslies an neuen Songs, im Herbst sollen die auf einem Album veröffentlicht werden. Bis dahin kann man sich die Zeit mit „Enthirnungsgefahr“ ausgezeichnet vertreiben.

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