Behörden-EklatPolizei holt Waszerka aus Büro

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Sonja Waszerka reichte Klage ein beim Arbeitsgericht Bonn. (Bild: Nickel)

Sonja Waszerka reichte Klage ein beim Arbeitsgericht Bonn. (Bild: Nickel)

Euskirchen – „Die Polizei wurde um 16.16 Uhr zur Amtshilfe gerufen“, bestätigte Polizeipressesprecher Lothar Willems einen ungewöhnlichen Einsatz der Beamten im Alten Rathaus. Dabei ging es darum, den Ersten Beigeordneten Thomas Huyeng und zwei ihn eskortierende Mitarbeiter dabei zu unterstützen, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Euskirchen, Sonja Waszerka, aus ihren Amtsräumen zu entfernen und ihr die Schlüssel abzunehmen.

Zugleich wurde der seit 1997 amtierenden Kollegin die fristlose Kündigung ausgesprochen. Am folgenden Tag erfolgte vorsorglich auch noch eine fristgerechte Kündigung. Inzwischen klagt Waszerka vor dem Arbeitsgericht Bonn gegen ihren Rauswurf.

Bürgermeister Dr. Uwe Friedl war gestern zu einer Stellungnahme nicht bereit. Als Begründung verwies er auf das Stichwort „Personalangelegenheiten“ sowie auf den laufenden Rechtsstreit. Die strittigen Fragen müssten nun vor Gericht ausdiskutiert werden. Zudem, so Friedl, gehe es um „schutzwürdige Interessen“ einer Mitarbeiterin, selbst wenn dieser gekündigt worden sei.

Deutlich mitteilsamer zeigte sich der Bürgermeister der Kreisstadt gegenüber den Ratsmitgliedern. Er leitete dem Stadtrat eine schriftliche Vorab-Information zu, in der er den Sachstand aus seiner Sicht darlegte. Daraus ergibt sich unter anderem, dass der Personalrat der Kündigung nicht widersprochen habe.

Nach Friedls schriftlichen Darlegungen seien Huyeng und seine beiden Begleiter gegen 14 Uhr am Alten Rathaus eingetroffen, um Sonja Waszerka die schriftliche Kündigung zuzustellen. Zwar habe die Zeiterfassung bestätigt, dass die Gleichstellungsbeauftragte im Dienst sei, aber sie sei zunächst nirgends aufzufinden gewesen. Ihre Bürotür sei verschlossen gewesen, und sie habe auch auf längeres Klopfen und Rufen nicht geöffnet. Ein Anruf einer Kollegin bei der Gleichstellungsbeauftragten sei nicht entgegengenommen worden. Nach Rücksprache mit Friedl und dem Personalrat habe Huyeng dann die Tür durch die Feuerwehr öffnen lassen.

Strikte Weigerung

Frau Waszerka habe am Schreibtisch gesessen und sich gewundert: „Hallo! Was ist denn hier los?“ Nach der Überreichung der fristlosen Kündigung und der Aufforderung, das Büro zu verlassen, der Waszerka nicht folgen wollte, habe Huyeng schließlich die Polizei um Amtshilfe gebeten. Erst nach der Androhung von Zwang seitens der Polizisten habe Waszerka ihren Arbeitsplatz geräumt. Die Herausgabe der Dienstschlüssel sei jedoch erst nach körperlichem Zwang erfolgt.

Die Sicht auf die Kündigungsgründe fällt für beide Seiten denkbar unterschiedlich aus. Deshalb wird sich nun das Arbeitsgericht mit dem Fall beschäftigen. Mit ihrer Interessenvertretung hat die Gekündigte eine Bonner Rechtsanwältin beauftragt. Möglicherweise ließ ein Widerspruch der Gleichstellungsbeauftragten gegen eine von der Stadt beabsichtigte Stellenbesetzung den Streit eskalieren. Waszerka hatte auf einen angeblichen Datenschutzverstoß in dem konkreten Fall verwiesen und eine erneute Ausschreibung verlangt. Weiteres Öl ins Feuer goss wohl der gescheiterte Versuch des Bürgermeisters, die Mitarbeiterin ins Rathaus zu einem Gespräch einzuladen.

Es ist allerdings unverkennbar, dass die Position der Euskirchener Gleichstellungsbeauftragten seit ihrer Berufung in die Stabsleiterstelle im Jahr 1997 vielfach geschwächt wurde. Mehrere Artikel im Archiv des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zeugen von dieser Entwicklung. Gleich ihr erster, dem Stadtrat vorgelegter Tätigkeitsbericht als recht hoch dotierte „Stabsstelle Gleichstellungsbeauftragte“ stieß 1998 auf wenig Begeisterung: „Alle Fraktionen übten mehr oder minder dezente Kritik an der Auflistung“, meldete die Presse. Auch ihr neu ausgearbeiteter Frauenförderplan wurde erst mal abgelehnt.

2005 ging es der von Frauen-Institutionen hochgelobten Gleichstellungsbeauftragten erneut an die Substanz, als ihre Planstelle um 50 Prozent gekürzt wurde. Damit könne sie die gesetzlichen Vorgaben für die Stelle nicht ausfüllen, beklagte Waszerka damals.

Weder Sonja Waszerka noch ihre Rechtsanwältin waren für eine Stellungnahme erreichbar.

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