Die Seele schreit

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Das Messer stets griffbereit: Die 14-jährige Fritzi (Bettina Storm) ritzt sich zwanghaft die Haut auf. In der Premiere des Theaterstücks "Ritzen" wuchs die Darstellerin über sich hinaus.

Das Messer stets griffbereit: Die 14-jährige Fritzi (Bettina Storm) ritzt sich zwanghaft die Haut auf. In der Premiere des Theaterstücks "Ritzen" wuchs die Darstellerin über sich hinaus.

Mit einer Aufführung des Jungen Theaters endete die Veranstaltungsreihe „Kultur ver-rückt“.

Weil's gut tut, wenn's weh tut, weil sie sich dann endlich selbst spürt, ritzt Fritzi sich mit einem Messer die Haut auf. Die selbstzerstörerische Manie der 14-Jährigen hat eine lange Vorgeschichte, die Fritzi in Mosaikstückchen preisgibt.

Bettina Storm vom Jungen Theater Leverkusen liefert im Ein-Personen-Stück „Ritzen“ unter der Regie von Markus Höller eine schauspielerische Glanzleistung ab, wenn sie dem Publikum mal schreiend, mal flüsternd, mal verzweifelt, dann wieder aggressiv von Fritzis promiskuitiver Mutter, ihrer Vergewaltigung, ihrem HIV-kranken Freund und der gescheiterten Flucht mit ihm nach Italien erzählt.

Die Premiere am Donnerstagabend im Jungen Theater an der Wiembachallee war gleichzeitig Abschlussveranstaltung der Reihe „Kultur ver-rückt“, die im vergangenen Oktober mit einer Ausstellungseröffnung und einer szenischen Lesung im Forum begonnen hatte. Dazwischen waren die Filme „Das weiße Rauschen“, „Elling“ und „Nahaufnahme“ gezeigt worden, die sich alle mit dem Thema Psychiatrie befassen. Zahlreiche Institutionen aus der Region, darunter das Sozialpsychiatrische Zentrum, die Rheinischen Kliniken Langenfeld, der Sozialdienst Katholischer Frauen, die Selbsthilfegruppe „Obenauf“ und die Stadt Leverkusen, wollten der Öffentlichkeit damit ein differenzierteres Bild von psychisch Kranken vermitteln.

Vorurteile, Unkenntnis und vage Ängste führen häufig dazu, dass die Betroffenen missachtet und ausgegrenzt werden, während Verständnis und etwas Anteilnahme der vielversprechendere Ansatz für alle Beteiligten wären. Ohnehin sind viele psychische Krisen nur vorübergehender Natur und mit fachkundiger Behandlung oft leicht in den Griff zu bekommen. Voraussetzung ist allerdings - neben der Einsicht in die eigene Hilfebedürftigkeit -, dass die zahlreichen Hilfsangebote auch angenommen werden. Aber auch dabei gilt es für viele, eine Hemmschwelle zu überschreiten.

Zu den weiteren Zielen der Veranstaltungsreihe gehörte es deswegen, auf das weit gespannte Netz der Einrichtungen hinzuweisen, die im Ernstfall für Erkrankte und ihre Angehörigen da sind. Dazu gehören neben den niedergelassenen Fachärzten vor allem die Tag und Nacht erreichbare Landesklinik, die Tagesklinik in Opladen, das Sozialpsychiatrische Zentrum, das Gesundheitsamt und der Sozialdienst Katholischer Frauen.

Das Theaterstück „Ritzen“ wird noch am 26. Februar, 12. und 16. März aufgeführt. Wiembachallee 46, jeweils 20 Uhr.

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