Ein modernes Rapunzel

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Haare bis zum Boden: Nese Melike Pedmezci-Ünsal

Haare bis zum Boden: Nese Melike Pedmezci-Ünsal

Sport kann sie nicht treiben, und fürs Haare waschen braucht sie drei Stunden. Die Mähne von Nese Melike Pedmezci-Ünsal reicht bis zum Boden.

Heilbronn - Die 27-jährige Nese Melike Pedmezci-Ünsal lässt seit ihrer Kindheit die Haare wachsen. Wie eine lange Schleppe zieht die gebürtige Türkin ihre dunkle, bis zum Boden reichende Lockenpracht hinter sich her - wie ein modernes Rapunzel, das im Märchen von einem Turm ihre Haare herunterließ.

Bestaunen lässt sich die 27-Jährige gern. „Ich mag es, wenn mir die Leute hinterherschauen“, sagt die zierliche, 1,65 Meter große Frau aus Nordheim bei Heilbronn.

Pedmezci-Ünsal hat Jura studiert; doch ob die Mutter eines kleinen Mädchens jemals als Juristin arbeiten wird, hängt von der Toleranz der Arbeitgeber ab: „Meine Haare würde ich für den Job jedenfalls nie abschneiden lassen.“ Viel lieber würde sie dagegen berühmt werden: Die 27-Jährige träumt von einer Karriere als Bühnenstar.

Auf der Straße ist Pedmezci-Ünsal stets Exotin. „Wenn ich nur zum Einkaufen gehe, werde ich schon bis zu 50-mal angesprochen“, erzählt sie. Fragen beantwortet sie gerne, auf zu viel Interesse steht sie dagegen nicht: „Wenn jemand versucht, mir an den Haaren zu ziehen, könnte ich ausflippen.“

Ans Abschneiden hat sie bisher noch nie gedacht. Schließlich haben lange Haare in der Türkei Tradition. Schon die Haare ihrer Mutter reichten bis zum Boden. „Früher wurde der Wert einer Frau in der Türkei an der Länge ihrer Haare gemessen“, erklärt Pedmezci-Ünsal.

Einmal wöchentlich ist Waschtag bei der Familie Pedmezci-Ünsal: Waschen, legen, trocknen dauert gut drei Stunden. Die Mähne kann nur in der Badewanne wirklich gezähmt werden. „Unter der Dusche reicht der Platz einfach nicht aus.“ Eine knappe Flasche Shampoo genügt. Im Alltag erlebt die Juristin ihre Mähne nicht als Einschränkung. Nur Sport könne sie nicht machen: „Aber damit kann ich gut leben.“

Den Friseursalon kennt Pedmezci-Ünsal gut von innen. Schließlich müssen die Spitzen regelmäßig geschnitten werden, damit die Haarpracht nicht zum Besen wird und den Boden kehrt. Irgendwann allerdings wird auch für die junge Frau der Traum aus Haar vorbei sein. „Wenn ich mal über 40 bin, werde ich mir die Haare schneiden lassen - eine alte Frau mit so langen Haaren, das geht nicht.“ (dpa)

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