Ein wahrhaft barmherziger Arzt und Mensch

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Bad Münstereifel - „Beeilt Euch, Gutes zu tun.“ Dieses Zitat stellten die Festredner Armin Ahrendt, Vorsitzender der Haass-Gesellschaft, Staatssekretär Michael Mertes und Bürgermeister Alexander Büttner am Dienstagnachmittag in den Mittelpunkt, als sie an das Wirken des Münstereifeler Mediziners Friedrich Joseph Haass in Moskau erinnerten. Besonders eindringlich gab der russische Intellektuelle Alexander Neshnyj diese Empfehlung zur Barmherzigkeit weiter. Bei ihm wie bei seinen Landsleuten, die den Münstereifeler Arzt verehren, heißt dieser Fjodor Petrowitsch. In seiner Rede, die das Wirken Haass' auch im unermüdlichen Kampf gegen bürokratische Willkür schilderte, klang an, dass viele russische Bürger sich in der Nachfolge des Arztes und Forschers sehen, der sich vehement für die Verbesserung der Lage russischer Gefangener einsetzte - und dass heute das Engagement nicht einfacher geworden ist. Anlass für das feierliche Treffen im kurstädtischen Rathaus war die Publikation der Anthologie „Der »heilige Doktor« von Moskau: Friedrich Joseph Haass Münstereifel 1780 - Moskau 1853“, die nun druckfrisch in deutscher Sprache vorliegt. Bereits 2003 war das Werk, das erstmals einen umfassenden Überblick über alle Facetten des Schaffens des Gelehrten, Naturforschers, Arztes und engagierten Menschenfreundes gibt und sein enormes Echo bis heute dokumentiert, in Russland zum 150. Todestag des berühmten Apothekersohns aus Münstereifel veröffentlicht worden.

„Heiliger Doktor“

Herausgeber der russischen Ausgabe ist der Schriftsteller Alexander Neshnyj. Für das deutsche Buch, das die Münstereifeler Friedrich-Joseph-Haass Gesellschaft herausgab, hat die Übersetzerin Maria Klassen nicht nur einen lesbaren und lesenswerten deutschen Text gestaltet. Mit Blick auf die deutsche Leserschaft wurde die Textsammlung auch redaktionell bearbeitet: Namen und Zusammenhänge, die in Russland geläufiger sind, wurden erklärt, eine Tabelle gibt einen Überblick über die Lebensdaten des „heiligen Doktors“, wie er von der Moskauer Bevölkerung bis heute genannt wird, und zwei prominente deutsche Autoren rahmen die Publikation ein.

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Das Vorwort gestaltete Fritz Pleitgen, dem in seiner Zeit als Korrespondent in Russland der Schriftsteller Lew Kopelew von Haass erzählte. Pleitgen schildert eindrucksvoll, wie der Bürgerrechtler ihn, entsetzt, dass der Deutsche von Haass noch nie gehört hatte, an dessen Grab in Moskau brachte. Frische Blumen hätten dort gelegen, erinnert sich der Journalist. Beobachtet von zwei KGB-Agenten, hätten sie dort ein denkwürdiges Interview erlebt, durch das Pleitgen später den deutschen Arzt auch in der Heimat bekannt machen konnte.

Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, steuerte das Nachwort bei. Der Mainzer Bischof würdigt das Verbindende, das Haass bis heute zwischen den Nationen und nicht zuletzt zwischen den Konfessionen stiftet. Im Gedenken an den tiefgläubigen Arzt gibt es einen regen Austausch zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche. „Die sich erbarmende Liebe ist die stärkste revolutionäre Kraft der Welt“ schreibt Lehmann und lässt Sympathie für das Seligsprechungsverfahren durchblicken, das 1998 durch das zuständige Erzbistum Köln eingeleitet wurde. Den Wunsch, dieses Verfahren zu beschleunigen, äußerten viele Gäste der Buchpräsentation am Dienstag.

Friedrich Joseph Haass Gesellschaft (Hrsg.): Der „heilige Doktor“ von Moskau - Friedrich Joseph Haass, ISBN 978-3-00-023156-8, 499 Seiten, 19, 80 Euro

 www.haass-gesellschaft.de

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