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Franz-Josef Antwerpes ist Kölns bekanntester Winzer

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Franz-Josef Antwerpes kostet in Koeln seinen selbst hergestellten "Klein-Koelnhauser Zuckerberg".

Franz-Josef Antwerpes kostet in Koeln seinen selbst hergestellten "Klein-Koelnhauser Zuckerberg".

Köln - Mit Napoleon braucht man Franz-Josef Antwerpeserst gar nicht zu kommen: "Hören Sie mir auf! Dieser Franzose hat mitseinem Minderwertigkeitskomplex den Weinanbau in Köln zerstört." BeimThema Wein ist Antwerpes in seinem Element. 21 Jahre lang war er als Kölner Regierungspräsident dereinflussreichste Beamte des Rheinlands. Auch jenseits der KölnerBucht ist Antwerpes bekannt geworden, als er die Kinder der singendenKelly-Familie zum regelmäßigen Schulbesuch vergatterte und mitstrengen nächtlichen Verkehrskontrollen auf dem Kölner Autobahnringfür Aufsehen sorgte. Seine eigentliche Passion gilt jedoch dem Weinbau. 1981 hatte eram Kölner Regierungspräsidium 20 Weinstöcke von der Ahr gesetzt. Umsie kümmerte er sich auch noch, als er längst in den nicht ganzfreiwilligen Ruhestand geschickt wurde. Doch auch damit ist es nun vorbei. Am Dienstag erntet Antwerpeszum letzten Mal die Trauben der Spätburgunder-Reben. Diese haben -bei einem Pflanzalter von zwei Jahren - bereits das ehrwürdige Altervon 25 Jahren erreicht. Reben in diesem Alter tragen nicht mehr viel,auch ist die Pflege mittlerweile zu aufwändig geworden, wie Antwerpeserläuterte. Bisher hat der "Kleinkölnhausener Zuckerberg" 17 Jahrgängehervorgebracht. Der erste stammt aus dem Jahr 1986. Der Wein war ganzüberwiegend für wohltätige Zwecke - vor allem für die KölnerAidshilfe - versteigert worden. Der Ertrag dieser Versteigerungenbeläuft sich auf über 50 000 Euro. Als Winzer sieht sich Antwerpes in historischer Mission. Köln wareine große Weinbauregion, eben bis Napoleon kam. Deshalb solle sichdie rheinische Großstadt auch unbedingt einen eigenen Weinberggönnen, fordert Antwerpes. Im Weinanbau plädiert er für die reine Lehre: Verächtlich näselndimitiert er die Aussprache von Modeweinen wie Chardonnay oder PinotGrigio. Keine Gnade finden bei ihm auch die derzeit angesagtenkalifornischen Weine: "Ein Gesöff ohne Charakter. Das sind allesBlender. Legen sie den drei Jahre in den Keller, dann können sie ihnwegschütten." Er selbst schwört weiterhin auf einen prallen Spätburgunder. Einedles Getränk, das erst nach einigen Jahren im wohltemperiertenKeller seinen vollen Charakter entfalte. Doch das wüssten nur diewenigsten, tadelt Antwerpes und fordert drastische Sanktionen: "Wereinen Spätburgunder zu früh trinkt, müsste zur Arbeit im Weinbergvergattert werden. Wer ansonsten für Recht und Ordnung ist, der kannauch so etwas vertreten." Der Wein von Antwerpes ist auf Boden angesiedelt, unter dem sichder Schutt des ehemaligen Verwaltungsgebäudes befindet. Das Haus ausdem 19. Jahrhundert, das im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurde, war ausGips und Kalk gebaut worden - einem Boden, auf dem sich derSpätburgunder prächtig entwickelt. "Ich bin also einKriegsgewinnler," schließt Antwerpes messerscharf. Bis zu 250 Euro bietet die Kölner Prominenz für eine der rarenFlaschen. Angesichts der Marktpreise hält sich Antwerpes mit demeigenen Genuss zurück: "Ich würde den Wein selbst trinken, aber erist mir zu teuer." Kölns Alt-Oberbürgermeisters Norbert Burger (SPD) hatte den Weinvon Antwerpes übrigens einst einen "suure Hung" (sauren Hund)gescholten und damit die Winzerehre seines Parteifreundes schwerverletzt. Die Retourkutsche an Burgers Adresse kam prompt: "Derkriegt keine Flasche geschenkt, da kann er auf Knien betteln." (ddp)

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