Trubelig auf satte ArtDie Auferstehung der Lasagne im „Da Mé“

Lesezeit 5 Minuten
Da Mé - ein „Schnellimbiss“ auf dem Niveau von Sternerestaurants.

Da Mé - ein „Schnellimbiss“ auf dem Niveau von Sternerestaurants.

Köln – Wirklich Cappuccino? Nach zwölf Uhr? Nicht doch lieber Espresso?“ Sné de Petris, die so herzlich und direkt ist, wie man sich eine italienische Mamma vorstellt, hat natürlich Recht. Cappuccino ist in Italien nach dem Essen wie eine Beleidigung für den Koch, denn er lässt es aussehen, als sei man nicht satt geworden. „Mancher hört auf meinen Rat, mancher nicht“, sagt sie und lässt keinen Zweifel daran, wer besser fährt. Ja, es ist ungemein familiär im „Da Mé“, das sich mit einem gerüttelt Maß an Understatement als „Tavola Calda“, also als Schnellimbiss bezeichnet.

Dabei sind die Öffnungszeiten fast das Einzige, was das Restaurant von anderen unterscheidet: Um 19 Uhr ist Schluss. Und natürlich die überragende Qualität der frischen Nudeln, der Pasta fresca. Die ist hausgemacht und auf dem Niveau von Sternerestaurants. Zum Beispiel die Ravioli mit Pilzfüllung in Salbei-Butter, wirklich al dente gekocht, super authentisch, der Salbei aromatisch und nicht lätschig rumschwimmend, die Füllung mit feiner Würze. Mehr braucht man nicht, um glücklich zu sein. Die Bandnudeln mit Steinpilzen lassen einen genauso lächeln.

Wein war sein Geld wert

Es gibt natürlich auch anderes auf der rund 30 Gerichte umfassenden Karte, darunter eine „Lasagne Emiliana“ mit 100 Prozent Rindfleisch, die diesen in tausenden italienischen Restaurants totgekochten Klassiker wieder auferstehen lässt, mit betontem Fleischgeschmack und feiner Béchamel-Cremigkeit. Auch Kalbsschnitzel mit Marsala-Sauce, Oktopussalat oder Insalata Caprese werden geboten – aber die hausgemachte Pasta ist das absolute „Must-Eat“.

Die (sehr kleinen) gebratenen Jakobsmuscheln an schwarzem Reissalat waren herzhaft salzig, beim Vitello Tonnato hätten mehr Kapern für noch mehr Säure-Kicks gesorgt und die beiden einzigen angebotenen Desserts waren gut, aber wie viel lieber hätte ich noch ein Nudelgericht gegessen! Wein gibt es in diesem „Schnellimbiss“ nur glasweise. Ich weiß nicht genau, was ich bei meinen Besuchen trank, denn die Flaschen bekam ich nie zu Gesicht, aber sowohl der Barbera d’Asti (0,15l für 5 Euro) wie der Roero Arneis (4,50 Euro) waren ihr Geld wert.

Trubelig auf satte Art

Man sitzt hier bei Essen und Trinken entweder auf bunten Plastikstühlen, einer Bank oder riesigen Schaumweinkorken samt Agraffen. „Mangiare!“, ruft Signora de Petris, die mit ihrem Mann Mario 18 Jahre lang das „Il Carpaccio“ auf der Lindenstraße geführt hat, und wieder rauschen Teller aus der Küche. Das Essen kommt fix auf den Tisch, die Gäste wechseln schnell, es ist trubelig auf satte Art. So lass’ ich mir einen Schnellimbiss gefallen!

Fazit: Die hausgemachte Pasta hier essen und selig lächeln.

Neue Langgasse 4, 50667 Köln-Innenstadt, ☎ 0221/ 27744099, geöffnet Mo-Sa 11.30 bis 19 Uhr, mariodepetris.de

Henns Auswahl:

Ravioli con burro e salvia: Handgemachte Ravioli mit Pilzfüllung/ Salbei/ Butter (12 Euro)

Lasagne Emiliana: Hausgemachte Lasagne mit Rindfleisch (9 Euro)

Vitello Tonnato: Kalbsfleisch/ Thunfischsauce/ Kapern (11 Euro)

Capasante con Riso Venere: Jakobsmuscheln/ schwarzer Reissalat (12 Euro)

Auf der nächsten Seite: Das „485 Grad“ an der Kyffhäuser Straße

„485 Grad“ - Pizza auf Sterne-Niveau

„Thunfisch-Pizza 48,50 Euro“ steht an der gekachelten Wand. Daneben ein Regalbrett mit Mais-Dosen. 485-Grad-Macher Sebastian Georgi hat einen ganz eigenen Humor – Dosenmais käme ihm nämlich nie auf die Pizza, und 48,50 Euro kostet hier Gott sei Dank auch nichts. Das kleine Restaurant wird beherrscht von einem imposanten Ofen, der auf ideale 485 Grad heizt. Der Slogan lautet „72 Stunden Teigruhe in 60 Sekunden gebacken“. Das Wasser für den Teig wird gefiltert und das Mehl aus Italien importiert. Ergebnis: Das „485 Grad“ bietet Pizza der Extraklasse. Gut zu wissen: Es sind neapolitanische und nicht Pizzen römischer Art mit dünnem, knusprigem Teig. Der neapolitanische Teig ähnelt mehr dem eines Brotes, der Rand sollte dank dunkler Flecken ein Leopardenmuster haben, die Pizza ist angenehm weich und füllt ungemein.

Caprese 2.0 // 6 Euro

Pizza Margherita // 7,50 Euro

Pizza Hellboy // 10,50 Euro

Pizza Anchovis Ocean Dream // 11,50 Euro

Pizza Maguro Tuna // 13,50 Euro

Pizza Kölsch Bloot // 9,50 Euro

Schoko Fondant mit Maracuja // 6 Euro

Cheese Cake mit Kirschen // 5,50 Euro

Viele Gedanken macht man sich hier über den Belag. Der Thunfisch ist von Top-Qualität, wird roh nach dem Backen auf die Pizza gelegt und geht mit Ingwer, Kräuter-Schmand und Avocados eine mitreißende Verbindung ein. Die salzigen Anchovis finden in süßen Tropea-Zwiebeln und Kalamata-Oliven mit unglaublich intensivem Aroma ihre perfekten Partner, bei der scharfen „Hellboy“-Pizza kommt unter anderem Chilihonig zum Einsatz. Das ist Spitzenküche auf Sterne-Niveau – mit Pizzen. Beeindruckend auch die Margherita. Dazu werden hausgemachte Eistees und Limonaden angeboten, bald soll eine kleine Wein- und Craft-Beer-Karte dazukommen. Da Georgi einer der besten Sommeliers des Landes ist, wird dies ein weiterer Besuchsgrund sein.

Hier die Bedienungsanleitung für das „485 Grad“: Gehen Sie mit mindestens vier Personen, bestellen Sie zuerst zweimal Caprese 2.0, danach unterschiedliche Pizzen. Essen Sie nicht den Rand, lassen sie ihn sich für zu Hause einpacken (er schmeckt auch kalt). Und statt eines Desserts lieber noch eine Pizza!

Gelingt alles? Fast. Die Pizza „Kölsch Bloot“ mit Blutwurst von der Metzgerei Hennes ist eine großartige Idee, doch Apfel und rote Beete lassen sie zu süß werden. Die Nachtische, vor allem der aromentiefe Schoko Fondant sind allesamt überzeugend, aber nach den Pizzen bräuchte man etwas Leichtes zum Abschluss. Dass man an der Theke bestellen muss, wird leider nirgendwo erklärt, so dass ein älteres Ehepaar eine Viertelstunde am Tisch sitzt, bevor ihnen das jemand vom Personal erklärt. Aber: Alles Marginalien. Das „485 Grad“ bietet Pizza einer anderen Klasse. Der Preis ist angesichts der fantastischen Qualität mehr als gerechtfertigt. Wow!

Fazit: Schlichtes Ambiente mit Pizza einer neuen Dimension. Großes Gaumenkino!

485 Grad, Kyffhäuser Straße 44, 50674 Köln 0221/39753330, Mo-Do 11.30-22.30 Uhr, Fr 11.30-23 Uhr, Sa 12-23 Uhr, So 14-21 Uhr www.485grad.de

KStA abonnieren