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Das Essers in der OttostraßeZwischen rotem Veltliner und Krautfleckerl

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Neuehrenfeld – Die Ottostraße ist eindeutig Wohngebiet. Prächtige Altbauten reihen sich aneinander, Autos dicht geparkt zwischen den Baumreihen, Kinder lernen Fahrradfahren, Reihenhäuser, Schulen, Spielplätze. Zufällig verirrt sich kein Mensch in diese Ecke Neuehrenfelds. Die einzige Laufkundschaft plündert nach dem Unterricht den Kiosk – äußerst heikles Pflaster für Gastronomen.

Gasthaus mit großem, hellem Raum

Nichtsdestotrotz gehört das Essers seit Dezember 2004 zu den besten Adressen der Stadt. Qualität spricht sich eben rum. Andreas Esser und Iris Giessauf sind ein deutsch-österreichisches Paar mit der Mission, dem Begriff „Gasthaus“ seinen ursprünglichen Sinngehalt zurückzugeben: Raus aus der angeranzten Pommes-Schweineschnitzel-Ketchuptütchen-Ecke, zurück zur gutbürgerlichen Küche mit hervorragenden Zutaten aus der Region zu bezahlbaren Preisen. Kein Altherrenkneipen-Mief, kein missmutiger Köbes, der sein Gepampe als lokaltypische, liebenswürdige Eigenheit verkauft, sondern ein großer heller Raum, herzliches Servicepersonal, wahnsinnig gutes Essen und eine ebenso erlesene und spannende Weinkarte.

Iris und Andreas beziehen ihre Produkte ausschließlich aus Deutschland oder Österreich und zählen bereits auf der Karte ihre Lieferanten auf. Diese Transparenz ist ihnen wichtig und schafft Vertrauen. Wer im Essers das Backhendl bestellt (an jedem ersten Donnerstag im Monat) kann sich sicher sein, dass er kein Legebatterie-Hühnchen auf dem Teller hat – Genuss mit gutem Gewissen.

Andreas Esser und sein Kollege Alexander Benz kochen klassisch und mit viel Liebe zum Produkt. Die Karte wechselt täglich, aber gewisse Lieblinge wie die Krautfleckerl, die Forelle und das Entrecôte bleiben erhalten. 

Gerichte, die glücklich machen

Krautfleckerl sind eine köstliche österreichische Spezialität aus geschmortem Kraut, also Weißkohl, kleinen Nudeln, Speck, ein bisschen Kümmel, Schmand und Rinderbrühe.

Dafür schiebe ich meine Kümmelaversion freudestrahlend beiseite und löffel selig den Teller leer. Es gibt ausschließlich Gerichte, die glücklich machen: Matjes aus dem Aalrauch auf Linsensalat, Serviettenknödel mit Schwammerlsauce, saure Maultaschen, Marillen-Palatschinken. Und während man mit vollen Backen und breitem Grinsen vor sich hinträumt, steht Gastgeberin und Sommelière Iris plötzlich neben dem Tisch und fragt: „Mogst a Glasserl Wein probieren?“ Natürlich mog ma a Glasserl Wein probieren.

Das berühmte Kalbsschnitzel gibt’s jeden Sonntag. Reservierung empfohlen. Wer sonntags und montags mal unauffällig den Blick schweifen lässt, wird diverse Spitzengastronomen der Stadt erkennen, die selber kaum fassen können, dass die halbe Konkurrenz bei Iris sitzt. Im Gasthaus. Zwischen rotem Veltliner und Krautfleckerl. So muss das sein.

Gasthaus Essers, Ottostraße 72, 50823 Köln, ☎ 0221/425954, Öffnungszeiten: täglich ab 17.30 Uhr

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