Interview„Alles, was gut tut, ist erlaubt“

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Magnus Heier in einem finnischen See

Magnus Heier in einem finnischen See

Was passiert beim Schwitzen in der Sauna im Vergleich zum normalen Schwitzen?

Wir schwitzen viel schneller und wir schwitzen mehr: bis zu einen halben oder gar einen dreiviertel Liter bei einem längeren, heißen Saunagang. Deshalb hat man so starken Durst nach dem Saunieren. Und deshalb sollte man auch viel trinken.

Warum ist es gesund, in der Sauna zu schwitzen?

Dem Saunieren werden viele gute Eigenschaften zugeschrieben. Was ich medizinisch nachvollziehen kann, ist vor allem die Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems. Nicht nur durch die Hitze in der Sauna selbst, sondern vor allem auch durch die nachfolgende Abkühlung. Ob das Immunsystem gestärkt wird, ist schwer zu sagen, die Studienlage ist hier sehr dünn. Aber man hat beobachtet, dass Erkältungen bei Menschen, die regelmäßig saunieren, seltener sind.

Wer sollte besser nicht in die Sauna gehen?

Menschen mit entzündlichen Infekten, solche mit akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder etwa frisch Operierte sollten auf die Sauna verzichten. Außerdem jeder, der Fieber hat. Aber das ist eigentlich selbstverständlich. Ansonsten gibt es keine Beschränkung. In Finnland gibt es ein Sprichwort, das besagt: „Wer zur Sauna gehen kann, der kann auch in die Sauna gehen“. Meiner Meinung nach ist es nicht sinnvoll, beim Saunieren zwischen Anfängern, Fortgeschrittenen und Profis zu unterscheiden. Selbst Kinder, Schwangere oder sehr alte Menschen dürfen prinzipiell in die Sauna gehen. Aber immer gilt: Wer sich unwohl fühlt oder keine Lust mehr hat, sollte raus – vor allem Kinder sollten diese Regel beachten.

Ist Sauna körperlich nicht zu belastend für diese Menschen?

Offensichtlich nicht, vorausgesetzt, man sauniert behutsam und nicht wie ein Kampfsportler. Es sollte einem gut tun. Es gibt keine medizinischen Regeln, nach denen man sich richten MUSS. Beim Abkühlen ist das anders. Sie sollten nicht einfach in die Tonne mit Eiswasser springen, denn das ist eine extreme Kreislauf-Belastung. Stattdessen: Unter der kalten Dusche langsam abkühlen, dann in das Becken. Das ist schonender. Und das fühlt sich auch besser an.

Wie genau merkt man, ob die Sauna gut tut oder nicht?

Sie spüren intuitiv, was richtig für Sie ist. Wenn Sie denken, das ist mir zu heiß und Ihr Puls rast, dann setzen Sie sich auf die unterste Stufe oder gehen einfach raus. Übrigens auch während eines Aufgusses oder anderen Sauna-Zeremonien. Ich habe den Eindruck, dass die Sauna-Meister in diesem Punkt verständnisvoller, vielleicht auch ängstlicher geworden sind. Viele sagen zu Beginn des Aufgusses, dass die Besucher, die sich nicht wohl fühlen, jederzeit gehen können. Das sollten Sie auch tun.

Spielt die Dauer des Saunaganges keine Rolle?

Natürlich. Aber es gibt nicht die optimale, die richtige Dauer für alle. Es gibt etwa keine medizinische Begründung dafür, warum man beim Sauna-Besuch zweimal oder dreimal genau 20 Minuten schwitzen sollte. Ihre innere Uhr ist die einzig präzise. Die geläufigen Sauna-Regeln, die man so kennt, haben sich in der Tat etabliert, aber es gibt keinen Nachweis für ihre Wirksamkeit. Ausschlaggebend ist doch die Frage: Wie viel Zeit habe ich? Kann ich einen ganzen Tag in der Sauna verbringen oder habe ich eben nur 20 Minuten nach dem Training im Fitness-Studio? Beides kann gut tun.

Und was ist mit Aufgüssen?

Auch dafür gibt es keine Regeln. Machen Sie einfach, was sich gut anfühlt. Ich war einmal in Finnland in einer der ältesten Saunen des Landes – mit mehr als 100 Grad. Alle paar Minuten kam einer rein, der auf Finnisch fragte: „Löyly?“ – also: „Aufguss?“ – und anschließend einen machte. Ich konnte es kaum aushalten. Aber die Finnen schon. Einer trug eine Mütze aus Filz, weil die Ohren in der extremen Hitze schmerzhaft heiß werden. Das sah lustig aus. Aber er fühlte sich wohl. So wie die anderen. Anschließend stiegen wir – nach einer kalten Dusche – in den eiskalten See (siehe Foto). Das klingt zwar extrem – aber so lange Sie sich wohlfühlen, ist es auch gut so.

Das Gespräch führte Sabrina Birkenbach

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