100 Jahre ScheurebeFünf Weintipps mit einem Schuss Riesling

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Mosel Weinberge 130916

An steilen Felshängen über der Mosel thronen die Rebstöcke.

Scheurebe kann wie der Riesling in verschiedenen Stilrichtungen ausgebaut werden. Es gibt sie in knochentrocken über feinherb bis hin zum Winzersekt.

2015 Scheurebe feinherb / Weingut Sinß /Nahe / 6,80 Euro

Ein feinherber Genuss

Ein Genuss sind feinherbe Varianten aromatischer Rebsorten, die mit genug Säure ausgestattet sind. Die dezente Süße klebt dann überhaupt nicht am Gaumen, sondern unterstützt raffiniert die Fruchtaromen. So auch bei diesem duftigen Weißwein von Johannes Sinß.

Das Bukett zeigt frische Aromen von Yuzu-Zitronen, Melisse, Jasminblüten, frischen Muskat-Trauben, Grapefruit und Orangenzesten. Am Gaumen schlank, leicht im Alkohol, mit einem raffinierten Spiel zwischen Aromen, frischer Säure und ein paar Gramm Restzucker. Der ideale Wein für die Sushi-Sashimi-Auswahl, die mit zart süß wirkendem Reis sowie eingelegtem Ingwer daher kommt.

Sinss Wein

2015 Scheurebe feinherb, Weingut Sinß, Nahe

Weingut Sinß, Hauptstraße 18,  55452 Windesheim,  06707/8510,  www.weingut-sinss.de

2015 Scheurebe trocken / Weingut Thorsten Krieger / Pfalz / 8,45 Euro

Für Sommertage auf der Terrasse

Nicht ganz so laut fällt diese knackige, trockene Scheurebe von Jungwinzer Thorsten Krieger aus. Hier zeigen sich feine und eher kühlere Aromen von Schwarzen Johannisbeeren, Stachelbeere, Grapefruit, Limette, Minze und Melisse. Am Gaumen spannt sich ein kräftiger Säurebogen, der erahnen lässt, warum trockene Scheureben auch gerne mit Sauvignon Blanc verwechselt wird.

Wer aber genau hinschmeckt, spürt, dass die Säure eben nicht so grün-rassig wie beim Sauvignon ausfällt, sondern eher saftig, wie man es vom Riesling kennt. Hinzu kommen Mineralität, ein mittelkräftiger Körper und viel Aromen im Nachhall. Ein erfrischender Weißwein für die letzten warmen Sommertage auf der Terrasse.

Wein Krieger

2015 Scheurebe trocken, Weingut Thorsten Krieger

Weinkontor Lindenthal, Ecke Dürener Straße/Geibelstraße 33, 50931 Köln-Lindenthal, www.weinkontor-lindenthal.de

2015 Scheurebe trocken / Weingut Weegmüller / Pfalz /  8 Euro

Exotik von der Scheureben-Queen

Die Powerfrau Stefanie Weegmüller ist die deutsche Scheurebe-Queen. Kaum eine Auszeichnung, die sie noch nicht mit ihrem raffinierten Weißwein gewonnen hat. Sie war schon immer ein Fan dieser Rebsorte, selbst als diese noch als  süßer Kitsch geschmäht wurde.

Ihre trockene Variante ist eher von exotischen Aromen geprägt: Maracuja, Mango, Mandarine, aber auch Grapefruit und Minze zeigen sich in der Nase. Am Gaumen ist der Wein trocken mit viel Struktur und Fleisch auf den Rippen, was die frische Säure mühelos trägt. Das ist ein mittelkräftiger Wein mit langem Nachhall, der etwa zu Couscous-Salaten mit frischen Elementen wie Minze und Granatapfelkernen passt.

Wein Weegemüller

2015 Scheurebe trocken, Weingut Weegmüller, Pfalz

Weingut Weegmüller, Mandelring 23, 67433 Neustadt, 06321/83772 www.weegmueller.de

2015 Scheurebe Kabinett / Weingut Geil / Rheinhessen / 7,80 Euro

Mit verspielter Süße

Das Weingut Geil im rheinhessischen Bechtheim liegt unweit von Alzey, der Geburtsstätte der Scheurebe. Für Johannes Geil-Bierschenk auch ein Grund, warum die Rebsorte so gut zum dortigen Klima und dem Boden passt. Unbedingt probieren sollte man seine fruchtige Interpretation der Rebsorte.

Die an Riesling erinnernde Säure steckt Restzucker mühelos weg, so dass liebliche Weine mit einem animierenden Süße-Säure-Spiel punkten können. Hier zeigen sich intensive Aromen von Mango, Grapefruit, Cassis, Minze und Blutorangen. Am Gaumen salzig, frische Säure und eine die Aromen betonende verspielte Süße. Mit 9,5 Prozent Alkohol besonders leicht und geeignet, Fruchtdesserts oder Gerichte mit Ziegenfrischkäse zu begleiten.

Wein Geil

2015 Scheurebe Kabinett, Weingut Geil, Rheinhessen

Weinhaus Linke  (mehrere Standorte in Köln) u.a. in Ehrenfeld, Siemensstraße 1, 50825 Köln www.weinhaus-linke.de

2015 Iphöfer Scheurebe Kabinett trocken / Weingut Hans Wirsching / Franken / 9,80 Euro

Tiefgründige Aromen

Der Traditionsbetrieb im fränkischen Iphofen ist nicht nur für seine exzellenten Silvaner bekannt, sondern auch für die Scheurebe. Hier können die Reben ihre Wurzeln tief in den schwefelhaltigen Gipsboden graben. Der besondere Boden sorgt dafür, dass die für Scheurebe typischen Aromen besonders tiefgründig ausfallen.

Der Kabinett trocken zeigt ein exotisches Bukett mit Aromen von Ananas, Passionsfrucht, Mandarine, hinzu kommen Noten von Minze und Ingwer. Der Gaumen wird durch eine frische Säure belebt, im Nachhall zeigen sich noch einmal die intensiven Aromen sowie eine feine Würze und Mineralität. Eine besonders feine Scheurebe, die zu Sushi gut passt, aber auch aromatische Gerichte begleiten kann, die zum Beispiel mit Koriander verfeinert wurden.

hans-wirsching-scheurebe

2015 Iphöfer Scheurebe Kabinett trocken, Weingut Hans Wirsching.

Weingut Wirsching, Ludwigstraße 16, 97346 Iphofen www.weingut-wirsching.de

Das sollten Sie über die Scheurebe wissen

Scheurebe Wein dpa 130916

Drei Flaschen Weißwein der Rebsorte "Scheurebe" mit einem speziellen Etikett, das auf den 100. Geburtstag der Züchtung am 14.04.2016 in Alzey (Rheinland-Pfalz) hinweist.

Der erfolgreiche Rebenzüchter Georg Julius Scheu, ein waschechter Niederrheiner aus Krefeld, hat vor hundert Jahren die fast nur in Deutschland verbreitete Scheurebe gezüchtet. Scheurebe ist wie Dornfelder oder Huxelrebe eine von vielen Kreuzungen, die einen festen Platz in der hiesigen Weinlandschaft haben, wenn auch nur einen kleinen. Es mag an dem kühlen Klima liegen – es befeuerte die Suche der Züchter nach qualitativ hochwertigen Reben. Diese sollten auch in weniger begünstigten Lagen gut ausreifen und solide Erträge bringen.

Riesling ist meist mit im Spiel

Dieser Gedanke lässt sich vor allem an den oft verwendeten Kreuzungspartnern ablesen. Denn meistens ist der noble Riesling mit im Spiel – die Rebsorte, die für die besten und alterungsfähigsten Weine in Deutschland steht, aber eben hohe Ansprüche an die Lage hat. Als Elternteil beliebt war auch stets der Silvaner. Er reift zwei Wochen früher aus als Riesling und wird für seinen soliden Wuchs sowie die Erträge sehr geschätzt. Ob Regent, Scheurebe, Bacchus oder Müller-Thurgau – mindestens eine der beiden beliebten Rebsorten ist bei der Kreuzung als Elternteil dabei gewesen.

Erst süß beliebt, dann geschmäht

Georg Julius Scheu, der im letzten Jahrhundert im rheinhessischen Alzey wirkte, war ein sehr erfolgreicher Rebzüchter und Forscher, der viel für den deutschen Weinbau getan hat. Als einer der ersten erkannte er das kommerzielle Potenzial des Müller-Thurgau. Renommierte Betriebe wollten die Anfang des 20. Jahrhunderts aufkommende Sorte als Massenträger verbieten lassen. Doch Scheu erkannte und warb für das Potenzial des Rivaners für den Konsumweinsektor und sorgte damit dafür, dass viele Winzer mit der wenig anspruchsvollen und leicht zu pflegenden Sorte ein gutes Einkommen erzielten. Scheu verbesserte das Klonenmaterial von Silvaner und Portugieser und forschte an Rebkrankheiten.

Weintrauben Weinberge WEinernte 130916

Dicken Trauebn hängen an den Reben.

Die Scheurebe als Meisterstück

Scheus Meisterstück ist allerdings die nach ihm benannte Rebsorte Scheurebe, für die er im Jahre 1916 Riesling, Silvaner und Trollinger kreuzte. Heraus kam eine sehr aromatische Rebsorte, die in den 1970er Jahren als süß ausgebauter Wein viele Fans hatte, allerdings auch vehement geschmäht wurde, als sich der Publikumsgeschmack eher den trockenen Weinen zuwandte.

1990er Jahre Riesling- und Burgunderboom

Mit dem Riesling- und Burgunderboom seit den 1990er Jahren hat sie viel Rebflächen verloren. Erst in den vergangenen Jahren erlebt sie in Rheinhessen und der Pfalz ein kleines Revival. Hier haben junge Winzer die Möglichkeiten der trocken ausgebauten Scheurebe entdeckt, die mit ihrem grasig-fruchtigen Bukett und der frischen Art geschmacklich in Konkurrenz mit dem internationalen Sauvignon Blanc geht. „Ich wollte mich um eine heimische Rebsorte bemühen“, erklärt Johannes Geil-Bierschenk vom gleichnamigen Weingut, warum er auf Scheurebe setzt. „Die Säure der Scheurebe fällt nie so grasig-harsch aus wie beim Sauvignon Blanc, sondern verrät mit ihrer Saftigkeit, dass hier Riesling mit in der DNA ist.“

Spannende Alternative zu Riesling oder Silvaner

Zwar nimmt die Rebsorte mit 1,4 Prozent der Gesamtrebfläche in Deutschland nur einen Nischenplatz ein. Eine spannende Alternative zu Riesling, Silvaner und anderen populären deutschen Sorten ist sie aber allemal. Dieses Jahr wird sie hundert und wir feiern mit fünf bemerkenswerten Weinen.

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