Stand-Up-Paddeln mit Hund„Gassigehen kann man im Winter wieder“

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stand up paddeln mit hund

Mit ihren knapp sechs Jahren hat Fanny längst die Seepferdchen-Reife. Sie schwimmt mühelos längere Strecken und kann Gegenstände aus dem Wasser holen. Sie beherrscht den perfekten Bauchplatscher und hat auf einem KD-Schiff bereits bewiesen, dass sie bordtauglich ist.

Heute wollen wir herausfinden, ob sie auch auf dem Board eine gute Figur macht, denn sie ist für einen Stand-up-Paddling-Kurs für Hunde angemeldet. Meine Fanny wird – genauso wie Labrador Sonho oder Mischling Duncan – natürlich nicht alleine auf dem aufgeblasenen Ding sitzen. Nur hat bisher auch keiner der Zweibeiner, die sich an diesem Sonntag mit ihren haarigen Begleitern am Bleibtreusee einfinden, je auf einem so genannten SUP-Board gestanden.

Kara Erz, unsere Trainerin, ist dennoch überzeugt, dass wir das gemeinsam hinkriegen. Selbst wasserscheue Hunde, betont sie, hätten oft sehr schnell Spaß und blieben sogar eher auf dem Board als die Wasserratten unter den Fellnasen. Die nämlich würden in der ersten Aufregung dazu tendieren, erstmal einen Abgang zu machen. „Logisch“, denke ich, „die wissen ja bereits, dass sie schwimmen können.“

„Die Hunde unterschätzen, wie anstrengend das ist“

Vorab bekommen alle Vierbeiner eine Schwimmweste umgeschnallt. Was Manolo und Fanny dem Gesichtsausdruck nach zwar befremdlich finden aber ohne Gegenwehr geschehen lassen, hat einen guten Grund: „Die Hunde unterschätzen, wie anstrengend das ist“, erläutert Erz. Anstrengend deshalb, weil sie die Wackelbewegungen des Boards ausgleichen müssten. Stand-up-Paddling mit dem Hund sei ein bisschen vergleichbar mit dem Power-Plate genannten Vibrationstraining. „Bei der Euphorie, die die entwickeln, merken die nicht, wenn sie müde werden.“ Und falls sie ins Wasser gehen, sei es einfacher, sie am Griff der Weste wieder hochzuziehen.

In ihrer gelben Weste sieht Fanny ein bisschen so aus, als trage sie ein Biene Maja-Karnevalskostüm. Nur, dass Bienen nicht hecheln. Und das tut mein schwarzes 30-Kilo-Mädchen, weil sie am Wasser per se immer total aufgekratzt ist. Kein Berner Senner, sondern ein Berner Seenhund, sage ich immer.

„Wie kannst du nur ohne mich weg...“

Noch am Ufer stehend, zeigt uns Erz, wie wir das Paddel gemäß unserer Körperlänge einstellen und erläutert, was wir bei unseren ersten Gleitversuchen beachten müssen. „Immer, wenn es wackelig wird, lautet der Masterplan, sich so klein wie möglich zu machen.“ Heute ist es zum Glück windstill. Also durchatmen und drauf. Erstmal im Sitzen oder Knien die leichte Bewegung des Boards ausbalancieren.

„Was passieren kann, ist, dass ihr ins Wasser fallt. Dann werdet ihr nass. Wichtig ist, dass ihr Euch dann erstmal nur um Euch selbst kümmert.“ Ich sehe, wie unsere Trainerin das Board von Fabian (29), Isis (31) und den anderen Kursteilnehmern leicht anschiebt, dann setzt sich auch meins in Bewegung. Hinter mir höre ich meinen am Baum angebundenen Hund jaulen. Der Tonfall ist eindeutig: „Wie kannst du nur ohne mich weg...“

Ich beobachte, wie sich Fabian neben mir langsam aus dem Vierfüßlerstand hochschiebt und aufrecht stehenbleibt. Weil es so leicht aussieht, versuche ich es ebenfalls und spüre, wie sich die innere Anspannung verflüchtigt, als sich herausstellt, dass die Schaukelei gar nicht so dramatisch ist. Meine Knie bleiben dennoch wackelig, als ich die ersten Male das Paddel einsetze. Nachdem wir alle drei, vier Probe-Kreise geschafft haben, sollen die Hunde mit aufs Board.

Frauchen über Board

Fanny, vom Temperament her ein Bulldozer, der grundsätzlich im dritten Gang anspringt, prescht vor ins Wasser, macht jedoch keine Anstalten, aufs Board zu kommen. Kara Erz lockt sie mit Leckerli, was bei meinem verfressenen Mädel zum Erfolg führt. Schwupp ist Fanny mit an Bord und versetzt dieses in heftige Schwingung. Man sieht ihr sofort an, dass ihr das Ganze nicht geheuer ist und sie an Flucht denkt. Kara Erz hält sie am Halsband davon ab, gibt unserem Board einen Schups und schon sind wir weg vom Ufer. Ich bleibe vorsichtshalber in kniender Position und versuche, mein Tier dazu zu bewegen, sich ebenfalls zu setzen. Es dauert einen Moment, bis es das Kommando befolgt und die Dinge geschehen lässt.

In einiger Entfernung gleitet Stefan mit seinem Hund übers Wasser. Beide wirken tiefenentspannt. Duncan, ein spanischer Straßenhund sei „ein Schisser vor dem Herrn“, hatte Herrchen im Vorfeld verkündet und war entsprechend skeptisch, ob sich das Tier überhaupt aufs Brett locken lassen würde. Auch Labrador Sonho macht den Eindruck, als würde es ihm mit Frauchen Isis auf dem Wasser gefallen. Zumindest solange, bis Herrchen auf dem zweiten Board ins Blickfeld kommt, was sich als strategischer Fehler erweist. Denn nun ist der Hund im wahrsten Sinne des Wortes hin- und hergerissen. Plötzlich flutscht er blitzschnell zwischen Frauchens hüftbreit aufgestellten Füßen hindurch und springt ins Wasser, woraufhin das Board derart schwankt, dass auch Isis sich nicht mehr auf den Beinen halten kann.

Im Gegensatz zum Film, wo Mann-über-Bord-Szenen meistens dramatisch enden, hat die 31-Jährige die Situation schnell im Griff und zieht sich wieder aufs Board, derweil der Labrador mittels geschicktem Pfoteneinsatz an Land paddelt.

Der Hund als Galionsfigur

Fanny sitzt wie eine überdimensionale Galionsfigur vorne auf dem Board und schaut sich ihr Umfeld interessiert an. Bleib bloß, wo du bist, lautet mein unausgesprochener Befehl, und sie tut mir den Gefallen. Allmählich fühle ich mich so sicher, dass ich beschließe, es noch mal im Stehen zu probieren. Behutsam stelle ich mich hin, kann dabei aber trotzdem nicht verhindern, dass unsere Unterlage mehr in Bewegung gerät. Ich sehe Fanny an, dass ihr das nicht gefällt, dann sehe ich nur noch eine gelb-schwarze Bewegung und im nächsten Augenblick sehe ich nichts mehr.

Das Wasser ist weniger kalt, als ich erwartet hatte. Während sich der Kopf meines Hundes bereits aufs Ufer zubewegt, versuche ich, mich wieder aufs Board zu ziehen. Auch das klappt besser, als befürchtet.

Am Ende ist Isis zwar dreimal ins Wasser gefallen, aber trotzdem begeistert. Der Hund von Stefan (37) macht den Eindruck, als wolle er nie wieder an Land, und für Miriam (40) steht am Ende des zweistündigen Workshops ebenfalls fest, dass dies nicht der letzte Versuch war.

Wasserspaß für Mensch und Tier

Kara Erz überrascht das nicht. „Ich habe viele Wiederholungstäter“, sagt die 28-jährige Hundefachwirtin. Sie ist Inhaberin der Kölner Hundeschule Woofcoach und jemand, der Hunde als Sozialpartner versteht. Heutzutage laufe der Hund im Gegensatz zu früher nicht einfach nur nebenher mit, sondern werde zunehmend als Gefährte und Partner verstanden, der als Familienmitglied bei möglichst vielen Aktivitäten mit dabei sei und die Gestaltung der Freizeit mitpräge. Vor dem Hintergrund, dass sich Stand-up-Paddling gerade zu einer der weltweit am schnellsten wachsenden Trendsportarten entwickelt und dabei jede Altersgruppe erreicht, war es für die Kölner Hundetrainerin naheliegend, den Bewegungsspaß auf dem Wasser für Mensch und Tier als Workshop anzubieten.

Die Begeisterung für Stand-up-Paddling ist für Thomas Britz leicht nachvollziehbar. „Bei anderen Wassersportarten braucht man Wind oder Wellen“, sagt der Inhaber der Kölner Muskelkater Sport GmbH. Ein weiterer Vorteil sei, dass man die leicht aufpumpbaren, nur etwa zehn Kilo schweren Boards in einem Rucksack zusammengefaltet leicht transportieren und überall mit hinnehmen könne. Aufgrund der hohen Nachfrage hat Britz Einsteiger-Allroundmodelle, die mit dem Hund nutzbar wären, mit ins Programm genommen und bietet zum Ausprobieren auch den Verleih der Boards an.

Kara Erz hält ihre Kurse auf dem Otto-Maigler-See in Hürth oder dem Bleibtreusee in Brühl bis weit in den Oktober hinein ab. „Gassigehen kann man im Winter wieder!“

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