Für Ehre und Karriere

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Mit Peter Alexander kennt sich Journalistik-Student Adrian Pflug bestens aus.

Mit Peter Alexander kennt sich Journalistik-Student Adrian Pflug bestens aus.

Worauf Personaler bei Ehrenämtern achten und warum Gutes tun trotzdem nichts für knallharte Karrieristen ist.

Eigentlich steht Adrian Pflug auf Rock. Aber jeden zweiten Samstag legt er Platten von Heino und die schönsten deutschen Operetten auf. Dafür fährt der Journalistik-Student extra von Dortmund nach Köln. Am Geld kann es nicht liegen - es gibt keins. Was also treibt einen 23-Jährigen zu diesem uncoolen DJ-Job? „Ich hatte schon immer eine soziale Ader“, meint er. Und deshalb spielt er auch gerne zum 124sten Mal den Gefangenenchor von Nabucco - das Lieblingsstück der Patienten des Kölner Krankenhauses „St. Hildegardis“. Seit über dreißig Jahren gibt es hier schon einen eigenen Krankenhaussender, ganz oben unter dem Dach der Klinik. Adrian Pflug ist seit dreieinhalb Jahren dabei und verdankt diesem Ehrenamt sogar seine Studienentscheidung: „Ich hatte Physik-Leistungskurs und wollte nach dem Abitur irgendwas Technisches machen“, erzählt er. Doch dann hat ihm das Radiomachen im Krankenhaus so viel Spaß gemacht, dass er sich in Dortmund für Journalismus einschrieb.

Ob er bei seinem Job im Krankenhaus auch an die Karriere denkt? „Nein“, meint Adrian Pflug, „überhaupt nicht“. Könnte er aber. Denn in den Personalabteilungen der Unternehmen wird ehrenamtliches Engagement gerne gesehen. Und auch Stiftungen legen Wert darauf, dass ihre Stipendiaten keine Karrieristen sind, die für ihr eigenes Fortkommen über Leichen gehen. „Es geht um eine Geisteshaltung“, erklärt Arndt Schnörig, Leiter des Studienförderwerks der „Stiftung der deutschen Wirtschaft“ (SDW). „Unternehmerisches Denken bedeutet auch, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen“. Und so lesen sich die Lebensläufe der SDW-Stipendiaten wie eine Anleitung zum Gutmenschentum: Mitarbeit in der Fachschaft, Leitung eines Hilfsprojekts in Südafrika, Rettungsassistent beim Deutschen Roten Kreuz, Jugendsprecherin im Leichtathletik-Verband. „Inzwischen wissen viele Studierende, dass gemeinnütziges Engagement die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht“, sagt Schnöring, „aber das ist der falsche Grund, sich für einen guten Zweck einzusetzen. Man muss wirklich dafür brennen.“ Dann sei es auch vollkommen egal, ob das Ehrenamt etwas mit dem Beruf zu tun hat oder nicht, so Schnöring.

Inzwischen wird es sogar lieber gesehen, wenn Studenten sich für etwas einsetzen, das gar nichts mit ihrer Fachrichtung zu tun hat, glaubt Udo Völke. Der Geschäftsführer der Personalagentur „TMP“ berät Kunden wie die Deutsche Bank oder Hewlett Peckard. „Wenn man etwas total artfremdes macht, zeigt das die Fähigkeit zu vernetztem Denken und einem erweiterten Horizont“, sagt er, „in dieser Hinsicht hat es in den Personalabteilungen in den letzten drei Jahren einen Wandel gegeben.“ Heute suchen die Unternehmen nach Bewerbern, die „möglichst breit aufgestellt sind“. Der Journalistik-Student Adrian Pflug hätte mit seiner Arbeit beim Krankenhausradio also möglicherweise schlechtere Chancen, als wenn er bei Greenpeace wäre. Solche bekannten Namen öffnen ohnehin viele Türen, weiß Völke: „WWF, Amnesty International - das sind große Namen, mit denen sich ein positives Image verbindet. Und das strahlt auf den Bewerber ab.“ Gegen die Abholzung des Regenwaldes kämpfen heißt also auch: Für die eigene Karriere kämpfen. Vor allem der „Otto-Normal-Kandidat“, der in seinem Lebenslauf sonst nichts Spektakuläres zu bieten hat, könne sich so gegenüber anderen Anwärtern auf den Job profilieren, meint Völke.

Natürlich schreibt Adrian Pflug auch in seinen Lebenslauf, dass er sich sozial engagiert. Zu viel kalkuliertes Karrieredenken ist ihm aber suspekt: „Ich mache das hauptsächlich, weil es Spaß macht und weil sich die Patienten echt darüber freuen“, sagt er. Erst letztens hat ein Hörer noch während der Sendung angerufen und sich bedankt, weil er für ihn „Ein Schiff wird kommen“ von Lale Andersen gespielt hat. „Er hat mir dann erzählt, dass er bei dem Lied seine Frau kennen gelernt hat - so was sind richtig schöne Erlebnisse.“

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