GerichtsurteilPinkelpausen im Betrieb

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Der Gang auf die Toilette bleibt jedem Arbeitnehmer selbst überlassen. (Bild: Jupiter)

Der Gang auf die Toilette bleibt jedem Arbeitnehmer selbst überlassen. (Bild: Jupiter)

Diese Woche erlaube ich mir ausnahmsweise eine leicht anrüchige Frage: Sagen Sie mal, wie oft gehen Sie eigentlich täglich zur Toilette? Ich weiß, das geht mich natürlich nichts an, aber nach einem aktuellen Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln könnte Ihre Antwort darauf durchaus von Bedeutung sein. Den Richtern lag vor ein paar Tagen nämlich folgender, sonderbarer Fall zur Entscheidung vor:

Einem Arbeitgeber war aufgefallen, dass ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit ziemlich häufig die Toilette aufsuchte. Der Chef beauftragte daher eine Kollegin damit, heimlich die Toilettengänge des Arbeitnehmers aufzuzeichnen - mit überraschendem Ergebnis: In einem Zeitraum von 18 Tagen verbrachte der Mann stolze 384 Minuten (!) auf dem stillen Örtchen. Da sowieso die baldige Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart war, wollte der Chef keine Abmahnung oder Kündigung aussprechen und kam auf die Idee, wegen der „Fehlzeiten“ das Gehalt des Mitarbeiters zu kürzen, und zwar beträchtlich: Der Chef rechnete die in den 18 Tagen gemessenen 384 Minuten auf die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses hoch und kam so auf insgesamt 90 „Toilettenstunden“ in den vergangenen 12 Monaten, für die er bei einem Stundenlohn von 7,70 Euro in der letzten Gehaltszahlung 700 Euro einbehielt.

Zu Unrecht! Das ArbG Köln mochte diesem fragwürdigen Spiel keinen Segen erteilen und verurteilte den Arbeitgeber jetzt zur Zahlung der restlichen 700 Euro: Eine Kürzung wegen angeblich übermäßiger Toilettenzeiten komme nicht in Betracht. Solange kein erkennbarer Missbrauch vorliege, sei eine solche Maßnahme und insbesondere das heimliche Aufzeichnen der Toilettengänge rechtswidrig. Über eine Kürzung des Lohns könne frühestens nachgedacht werden, wenn ein Arbeitnehmer die Hälfte seiner Arbeitszeit auf der Toilette verbringe, was hier aber nicht vorliege. Auf den Einwand des Arbeitnehmers, er habe an den fraglichen 18 Tagen an einer Magenverstimmung gelitten, komme es daher auch gar nicht an (ArbG Köln - 6 Ca 3846 / 09).

Fazit: Der Chef hat auf der Toilette nichts zu kontrollieren. Auch häufige Gänge auf das stille Örtchen berechtigen, außer bei offensichtlichem Missbrauch, zu keiner arbeitsrechtlichen Maßnahme. Ach ja: Die Geschichte spielte übrigens in einer Rechtsanwaltskanzlei - was bei genauer Betrachtung noch zwei Fragen aufwirft: Suchte der angestellte Anwalt in den 384 Minuten auf der Toilette vielleicht dort das Recht? Und falls ja, war diese Suche mit 7,70 Euro wirklich angemessen vergütet? Wie auch immer: Für den Chef jedenfalls war das Verfahren: ein echter Griff ins Klo.

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