In der Villa brodelt es

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Spaß beim Boulen im Garten - das ist nur eine von vielen Attraktionen, die in der Villa Friedlinde von Senioren für Senioren angeboten werden.

Spaß beim Boulen im Garten - das ist nur eine von vielen Attraktionen, die in der Villa Friedlinde von Senioren für Senioren angeboten werden.

Lohmar - Draußen vor der Terrasse haben gut ein Dutzend Spieler Spaß beim Boule. Am Tisch unterm Sonnenschirm sitzt eine Runde, liest Zeitung, plauscht. Drinnen im Tagesraum wird an zwei Tischen zünftiger Skat gedroschen, eine Doppelkopfrunde ist auf der Jagd nach Punkten, still konzentriert brüten die Schachspieler am Fenster über ihrem nächsten Zug.

Szenen aus der Villa Friedlinde, seit zwei Jahren der herausgeputzte städtische Treffpunkt für Senioren. Triebfeder allen Treibens in der und um die Villa herum ist die Sozialpädagogin Johanna Manz. Die 58-Jährige hob einst den Jabachkindergarten mit aus der Taufe, leitete die Einrichtung lange. Nebenher bildete sie sich zur Kunsttherapeutin weiter. Im Jahr 2000 bewarb sie sich, als die Stadt eine Leitung für die Villa Friedlinde suchte und wurde eingestellt.

„Damals war das hier noch ein muffiger Altbau“, erinnert sie sich. Kein Vergleich zu heute. Die Villa ist hell, freundlich, ein Ort, an dem man sich gern trifft. Leben kommt allerdings erst durchs vielfältige Angebot in die Bude, das Manz mit initiierte. Ohne das Engagement zahlreicher Ehrenamtler würde es jedoch nicht funktionieren, betont die Sozialpädagogin.

Spielenachmittag boomt

Ein Selbstläufer ist inzwischen mittwochs der „große Spielenachmittag“, bei dem Ilse Mattheß die Teilnehmer mit Kaffee, Kuchen und kalten Getränken versorgt. Sonst leitet sie das „Erzählcafé“. In einem kleinen Raum gleich neben dem Eingang weist Günther Tornow zwei Damen in die Geheimnisse des Textverarbeitungsprogramms „Word“ ein, ist sonst engagiert im Schreibclub der Senioren. Digitale Fotografie ist Thema einer anderen Gruppe. Auch Sportliches ist im Angebot : Eine Tanzgruppe unter Leitung von Johanna Manz - sie hat eigens dafür eine dreijährige Ausbildung absolviert - studiert Gruppentänze ein. Die Gymnastikriege fördert die Fitness. Die geistige trainiert Manz beim „Gehirnjogging“. Natürlich fehlt auch der Damen-Klassiker nicht, die Handarbeitsgruppe.

Auf all das sind Manz und die Stadt stolz. Ältere Menschen sind in Lohmar keine belächelte Randgruppe, sie sind dort mächtig im Kommen. So ist Lohmar die bisher einzige Stadt im Kreis mit einer gewählten Seniorenvertretung. Die kümmert sich außerparlamentarisch um die Belange der Ruheständler. Kommendes Großprojekt: Nach dem Vorbild des Lernlabors Ahlen Aktivitäten von und für Senioren vernetzen, eine Infrastruktur der Pensionäre schaffen, von der letztlich alle profitieren. Expandieren will die Alteninitiative außerdem in Wahlscheid und Birk, wo von September an unter dem Motto „Aktiv altern 55 plus“ Filialen der Villa Friedlinde entstehen sollen. In Wahlscheid, in den Familienräumen über dem Kindergarten „Rathausflöhe“, in Birk im Bürgerzentrum. Hier soll ein Improvisationstheater und ein Zeichen- und Malkurs entstehen.

Mehr „junge Ältere“ wünscht sich die Leiterin als Verstärkung der Aktiven. In der Villa sind es inzwischen 200 bis 250 Senioren, die das Programm mitgestalten und an den Veranstaltungen teilnehmen. Die Nachwuchskräfte könnten Projekte anstoßen, an die heute noch keiner dächte, gerät Manz ins Schwärmen: Gruppen zur Planung alternativer Wohnformen für Senioren, Heimwerkerrunden, Weinseminare oder Kulturzirkel, die Opern-, Theater- und Kinobesuche organisieren.

Sich als Endfünfziger derart einzubringen erfordere das Bewusstsein, selbst langsam zum Lager der Senioren zu zählen, weiß die Sozialpädagogin. Um das zu schaffen, gebe es die Initiative „ZWAR“ - zwischen Arbeit und Ruhestand -, für die demnächst 3500 „junge Senioren“ in Lohmar angeschrieben werden. Was ehedem allerorten so vor sich hindümpelte, die Arbeit mit Senioren, werde nun zu einer quirligen Bewegung, begeistert sich Manz. Sie und die Lohmarer aktiven Alten mischen da ganz vorn mit.

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