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„Sieg heil“ und „Scheißkanaken“ gerufen43-Jähriger muss 400 Euro Strafe zahlen

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Symbolbild.

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Köln – Am frühen Nachmittag des 26. Januar stutzten Passanten, die an der Parkanlage am Kaiser-Wilhelm-Ring vorbeikamen. Dort stand ein Mann, der wiederholt den Hitlergruß zeigte und „Sieg heil“ rief. Bald war die Polizei zur Stelle.

Knapp einen Monat später verschreckte derselbe Mann Besucher auf dem Melatenfriedhof. Er pfiff mit einer Trillerpfeife; als sich ihm zwei Zivilbeamte näherten, brüllte er „Meine Ehre ist Treue“, „Scheißkanaken“ und: „Ich ziehe meinen SS-Mantel an und mache euch fertig.“

Angeklagter hat Polizeibeamte angepöbelt

Am Montag musste sich der 43-Jährige vor dem Amtsgericht verantworten. Auch ein weiterer Vorfall im Januar, an den er sich ebenso wenig wie an die anderen erinnern will, wurde ihm zur Last gelegt. Auf der Fahrt zum Polizeipräsidium hatte er im Streifenwagen Beamte bepöbelt und unter anderem erneut „Sieg heil“ gerufen“. Die gesammelten Vorwürfe lauteten auf „Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen“ und Beleidigung. Ein Rechtsradikaler außer Rand und Band?

Schnell zeigte sich, dass es nicht so war. Der Angeklagte, der von einer Erwerbsunfähigkeitsrente lebt, legte ein Attest der LVR-Kliniken vor, aus dem hervorgeht, dass er seit Jahren an einer paranoiden Psychose leidet, die in Schüben ausbricht und wegen der er wiederholt in stationärer Behandlung war; zudem konsumiere er im Übermaß Alkohol und Cannabis. Die angeklagten Taten habe er „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ krankheitsbedingt „in wahnhafter Verkennung der Realität“ begangen.

Kriterien für Gutachten streng

Das brachte die Amtsrichterin in eine Zwickmühle. Mit Sicherheit sei er eingeschränkt schuldfähig gewesen. Doch ein Freispruch sei nur dann möglich, wenn ein Sachverständiger die volle Schuldunfähigkeit feststelle. Das Gutachten koste rund 3000 Euro; nach ihrer Erfahrung seien die Kriterien jedoch so streng, dass der Angeklagte höchstwahrscheinlich nur für vermindert schuldfähig erklärt werde. Er würde also trotzdem verurteilt und müsste obendrein die Kosten für das Gutachten tragen.

Besser komme er weg, wenn gleich heute „der Deckel drauf gemacht“, das heiße, ein Urteil gefällt werde, riet die Juristin. Er stimmte zu. Der Staatsanwalt beantragte 500 Euro Geldstrafe, und die Richterin setzte 400 Euro fest. Die kann der 43-Jährige mit Sozialstunden abarbeiten. Vor der Verurteilung hatte er nur noch gesagt: „Ich kann nicht mehr tun als mich zu entschuldigen.“

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