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Ulrike von der GroebenEin bisschen Nordsee am Rhein

Lesezeit 6 Minuten
Hier fühlt sich Ulrike von der Groeben wie auf Baltrum: im Liegestuhl an der Beachsport-Anlage Playa.

Hier fühlt sich Ulrike von der Groeben wie auf Baltrum: im Liegestuhl an der Beachsport-Anlage Playa.

Junkersdorf – Manchmal kann man sich die Ewigkeit in nur 41 Jahren erarbeiten. So wie Doris Weber zum Beispiel. Sie führt seit 1972 den Junkersdorfer Hof an der Wilhelm-von-Capitaine-Straße. „Und viele Gäste nennen die Wirtin nur die ewige Doris“, erzählt Ulrike von der Groeben. Die RTL-Sportmoderatorin führt durch Junkersdorf, zeigt ihr Veedel. Und dazu gehört auch ihre Stammkneipe, in der sie einmal im Monat Doppelkopf spielt.

Weber umarmt von der Groeben zur Begrüßung, die Frauen duzen sich, plauschen bei einer Tasse Cappuccino an der Theke. „Es ist immer nett, wenn du hier bist“, findet Weber. „Erst esst ihr gemütlich, dann wird lustig gespielt.“ „Und das Tolle an Doris ist“, lobt von der Groeben, „dass man hier auch zu Ende spielen darf.“ Mit den drei befreundeten Kartenspielern sitze sie dann gern schon mal bis zwei Uhr morgens am Tisch gegenüber der Theke, bevor einer als Gewinner geht.

Dörfliche Ecken

Seit 21 Jahren lebt die Journalistin mit Ehemann Alexander von der Groeben in Junkersdorf. „Vorher habe ich in Sülz gewohnt“, sagt die 56-Jährige, „aber als unser Sohn zur Welt kam, sind wir hier herausgezogen, er sollte im Grünen aufwachsen.“ Max ist inzwischen 21 Jahre alt und wird im Herbst von zu Hause ausziehen. Er beginnt ein Studium an der renommierten Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München, im Februar hatte er noch die Goldene Kamera als bester Nachwuchsschauspieler gewonnen. Und womöglich wird nicht nur Max das Haus verlassen, seine 18-jährige Schwester Carolin schließt gerade die Schule mit dem Abitur ab, wird dann wohl ebenfalls studieren. „Und das wird sie sicher nicht in Köln tun“, vermutet Mutter von der Groeben, „Caro zieht bestimmt in eine andere Stadt. Dann sind beide Kinder auf einen Schlag weg, das wird komisch!“

Solche Gedanken beschleichen sie, während sie die Wilhelm-von-Capitaine-Straße in Richtung Frohnhofweg entlang spaziert. Nach ihren Doppelkopf-Abenden fährt sie die Strecke mit dem Rad nach Hause. Der Weg führt vorbei an verklinkerten Einfamilienhäusern, gepflegten Vorgärten, und gleich hinter dem modernistisch gebauten Mehrfamilienhaus öffnet sich das blau-weiße Hoftor zum Junkersdorfer Reitclub. „Das ist eine meiner liebsten Ecken“, bemerkt von der Groeben. „Dass es mitten in der Stadt so eine dörfliche Oase gibt, direkt am Ende einer Wohnstraße, finde ich einfach toll!“ Noch ein wenig weiter verklärt sich die Idylle, als Annette Hölscher-Hey um die Ecke biegt. Sie führt Schimmelstute Kentucky am Zügel, will zur Reitstunde und freut sich, als von der Groeben ihr die Steigbügel hält, damit sie bequem aufsteigen kann.

Marathon mit Peter Klöppel

Die dörflichen Ecken Junkersdorfs, dessen Name 962 zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden war, bringen die Nachrichtenredakteurin immer wieder ins Schwärmen. Zum Beispiel das Backsteinhaus des Dorfarztes Golo Tessmann Am Weidenpesch („eines der ältesten Gebäude im Ort“), der Edeka-Markt der Familie Daub („der wird in vierter Generation geführt, das mag ich, weil ich selbst so traditionsverhaftet bin“) und die alte Dorfkirche Am Schulberg. „Ich bin katholisch, Kirche gehört für mich dazu“, sagt von der Groeben. „Mein Mann und ich haben 1991 in Junkersdorf geheiratet, unsere Kinder sind hier getauft.“ Zwar nicht in der alten Dorfkirche, sondern in Sankt Pankratius, dem neuen und wesentlich größeren Pfarr-Gotteshaus. „Aber die alte Kirche ist einfach wunderschön“, findet von der Groeben. „Und außerdem sieht man die neue von hier aus sehr gut.“ Sie zeigt die Straße hinunter, die in der Verlängerung treffend Am Himmel heißt. Der Glockenturm von Sankt Pankratius ragt 40 Meter hoch, seine roten Backsteine leuchten aus den weißen Betonrastern heraus.

Ganz in der Nähe läuft von der Groeben über die Statthalterhofallee, wenn sie morgens joggt. Dreimal die Woche ist sie mit einer Freundin unterwegs, läuft zehn bis zwölf Kilometer weit. „Manchmal quälen wir uns dann an der Jahnwiese auch die Treppen hinauf zum Jahndenkmal“, berichtet sie. Zwar laufe sie zum Spaß, aber dass ihre Marathonzeit unter vier Stunden liegt, gefällt ihr auch. Mit dem Nachrichtenkollegen Peter Kloeppel hatte sie vor sechs Jahren sogar die hügeligen 42,195 Kilometer des New-York-Marathons geschafft.

Entspannung am Playa de Cologne

Wo sie Entspannung von der sportlichen Anspannung findet? „Gerne an der Playa in Cologne“, antwortet Ulrike von der Groeben und setzt sich in einen der orangefarbenen Liegestühle der Beachsport-Anlage gleich hinter dem Rhein-Energie-Stadion. Vogelgezwitscher mischt sich mit dem Ploppen der Bälle, das vom Beachvolleyball herrührt. Auf vier Spielfeldern pritschen und baggern sie. Es duftet nach sportlicher Anstrengung und nach frisch gemähtem Gras. „Wir nutzen die Playa gern als Biergarten“, gibt von der Groeben preis. „Und wir schauen uns hier die verschlüsselten Fußballspiele an.“ Dabei träume sie sich immer ein wenig auf ihre liebste Ferieninsel. „Die Atmosphäre hier erinnert mich an den wunderschönen Nordseestrand von Baltrum.“ Die kleinste der bewohnten ostfriesischen Inseln sei so etwas wie ein Zufluchtsort für die Familie.

Und ihren Ehemann, den Sportreporter Alexander von der Groeben, besucht sie während ihres Junkersdorf-Bummels auch gleich noch. Der Judo-Europameister von 1984 und 1985 trainiert nach wie vor zwei Stunden täglich, hat sich für Kniebeugen 60 Kilo an eine Hantel gehängt.

Im Kraftraum der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes am Guts-Muths-Weg geht er mit den Gewichten in die Knie, streckt sich wieder. Ehefrau Ulrike stellt sich hinter ihn, bewegt sich ebenfalls.

Judoka Andreas Tölzer betritt den Raum, nickt Alexander von der Groeben zu. „Hallo Axel“, „Hallo Tölz“, grüßen sie sich mit ihren jeweiligen Judo-Spitznamen. Und Andreas Tölzer will auch noch wissen: „Alles klar, Ulrike?“ „Das frage ich dich“, gibt sie zurück. „Was macht die Verletzung?“ Im Januar war der Bronzemedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele von London 2012 an der Schulter operiert worden. „Es wird“, meint er nun, „ich bin beschwerdefrei, für die Weltmeisterschaft im September werde ich wieder fit sein.“

Olympiasieger bezwungen

Das hört sich Frank Wieneke mit einem Nicken an. Der frühere Judo-Bundestrainer und Gold-Medaillengewinner der Olympischen Spiele von Los Angeles im Jahr 1984 bildet als wissenschaftlicher Referent zukünftige Bundestrainer und Sportdirektoren an der Akademie aus, und er ist befreundet mit den von der Groebens. Er umarmt die Moderatorin zur Begrüßung sehr herzlich und ermuntert sie dann gleich zu einem Schaukampf. Sie soll ihn im Schulterwurf auf die Matte bringen, das ist sein Lieblingswurf. „Damit bin ich Olympiasieger geworden“, verrät er und weist von der Groeben ein, wo sie welche Hand anlegen soll.

Die Linke muss sie an sein Revers legen, die Rechte um seinen Oberarm winden. Und tatsächlich: Am Ende liegt er auf der roten Matte. Die Siegerin ballt die Faust, den Erfolgsmoment nimmt ihr niemand. Auf ewig. Und wer weiß, vielleicht stößt sie darauf ja beim nächsten Doppelkopfabend auch mit der ewigen Doris an.

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