„Wort des Gedenkens“Wohlwollend für Kardinal Meisner, verletzend für die Lebenden

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Der Sarg von Kardinal Joachim Meisner war bei der Totenmesse vor dem Hauptaltar aufgebahrt.

Köln – De mortuis nil nisi bene. Über Tote nur mit Wohlwollen sprechen. An diese Anstandsregel hat sich Benedikt XVI. in seinem „Wort des Gedenkens“ gehalten, das er zum Tod von Kardinal Joachim Meisner im Kölner Dom verlesen ließ. Doch dann kam ihm das Feingespür abhanden. Denn was er voller Wohlwollen über den Verstorbenen sagte, war verletzend für die Lebenden.

Es stimmt, dass Meisner sich schwer damit tat, das Ruder der Kirche abzugeben. Und es ist honorig, wenn Benedikt ihm attestiert, zu einer inneren Gelassenheit gefunden zu haben – zumal das mit dem Weichzeichner beschrieben ist. In Wahrheit haderte Meisner bis zuletzt mit dem Kurs, den sein Nachfolger in Köln, besonders aber Benedikts Nachfolger in Rom eingeschlagen haben.

Wenn Benedikt nun „das Boot schon fast zum Kentern angefüllt“ sieht und die Hoffnung auf den Herrn als Meisners letzten Strohhalm, dann ist das ein vernichtendes Urteil über diejenigen, die heute das Boot steuern. Im gleichen Zusammenhang beschwor Benedikt seinen Lieblingspopanz, die „Diktatur des Zeitgeistes“, und rief nach „überzeugenden Hirten“ wie Meisner, die sich dieser Diktatur widersetzen.

Eine Geringschätzung für die Gesellschaften

Welch eine Geringschätzung für die Gesellschaften, in denen Meisner und er selbst gelebt und gewirkt haben! Wenn dieses Wirken offenbar so wenig segensreich war, dass nunmehr der Untergang der Kirche droht – ist dann nicht auch die Frage nach dem eigenen nautischen Talent angebracht?

Es gäbe viel Anlass, die kirchlichen Koordinaten neu zu bestimmen. Nicht zuletzt das Requiem im Dom hat das vorgeführt: In tragender Rolle war nicht eine einzige Frau zu sehen. Und der evangelischen Kirche kam bestenfalls die Position des Zaungasts zu. Weil katholische Hierarchen die Symbole so gut beherrschen sollten ihr solche Beobachtungen zu denken geben. Mindestens so sehr wie die immer gleichen Rundumschläge des Papa emeritus aus Rom.

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