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71.000 Kilometer mit 7,5 PSKölner reist mit Vespa von Alaska nach Argentinien

Lesezeit 4 Minuten
Mit einer betagten Post-Vespa aus Spanien durchquerte Alexander Eischeid den amerikanischen Kontinent.

Mit einer betagten Post-Vespa aus Spanien durchquerte Alexander Eischeid den amerikanischen Kontinent.

Köln/Amerika – Eigentlich ist es ein Wunder, dass es Elsi noch gibt. Und auch ihr Besitzer hätte mit etwas weniger Glück durchaus auf der Strecke bleiben können. Aber Alexander Eischeid spricht lieber von den schönen Momenten als von den brenzligen Situationen seiner verrückten Reise.

„Ich will zeigen, dass die Welt nicht nur aus Terroristen und Idioten besteht“

Von bitterarmen Leuten etwa, die ihn in ihren Lehmhütten übernachten ließen, von Fischern, die ihren einzigen Tages-Fang mit ihm teilten oder von Werkstattbesitzern, die Elsi auf Herz und Nieren untersuchten und keinen Cent dafür verlangten.

Seitdem Alexander Eischeid mit seiner auf den Namen Elsi getauften Vespa von Alaska nach Feuerland fuhr, hat er viel zu erzählen, aber nur eine Botschaft: „Ich will zeigen, dass die Welt nicht nur aus Terroristen und Idioten besteht.“ Diese Botschaft verbreitet der Kölner Tischlermeister mittlerweile in einem frisch erschienenen Buch, über seinen Internet-Blog und bei seinen Vorträgen.

120 Kilogramm Campingausrüstung, Klamotten und Ersatzteile

Der 39-Jährige schiebt sein gelbes Gefährt, eine ehemalige Post-Vespa aus Spanien, aus einer Garage in einem Nippeser Hinterhof. Es ist kaum zu glauben, dass jemand auf einem alten Zweitakt-Motorroller mit 7,5 PS, 125 Kubikzentimetern Hubraum und 80 Kilometern pro Stunde Höchstgeschwindigkeit 71000 Kilometer am Stück abspult – zusammen mit 120 Kilogramm Campingausrüstung, Klamotten und Ersatzteilen.

Aber Alexander Eischeid hat es getan und dabei alle nur erdenklichen Klimazonen, Straßenverhältnisse und natürlich Menschen kennen gelernt. Das Hamsterrad seines eigenen Tischlerbetriebs hatte er längst verlassen, als er sich im Juni 2013 schließlich auch von seiner Heimat verabschiedete, um fast zwei Jahre später als, wie er sagt, gelassenerer Mensch zurückzukehren.

Große Solidarität unter Verspa-Fahrern

„Eine Vespa ist von der Bauform für solche Touren überhaupt nicht geeignet, weil sie sehr tief liegt“, sagt Eischeid in der Morgenkälte des Nippeser Hinterhofs: „Aber der Motor macht nicht schlapp.“ Und wenn doch, konnte Eischeid meistens auf Hilfe hoffen. Die Solidarität unter Vespa-Fahrern sei groß, immer wieder bekam das sonderbare Gespann aus Deutschland Unterstützung von Vespa-Clubs und anderen Roller-Freunden: „Überall, wo es die Vespa gibt, wird sie von ihren Fahrern geliebt.“

Auf einem Motorroller reiste der „Nippeser Jung“ schon früh durch ganz Europa und das Baltikum. „Du bist motorisiert unterwegs, aber die Landschaft schießt nicht an dir vorbei“, erklärt er die Vorteile des italienischen Zweirads. Und anders als etwa ein Wohnmobil oder ein dicker Geländewagen schafft ein knatternder Zweitakt-Roller keine Distanz zwischen dem Reisenden und den Einheimischen, sondern überwindet sie im Eiltempo. Die Reise zelebrieren, Menschen kennenlernen war Eischeids Hauptziel: „Nicht Kilometer machen.“

Grizzly-Bären besuchten ihm beim Zelten in Kanada

Nach seinen ersten Vespa-Reisen wurde die 22-monatige Tour auf der Panamericana, einem berühmt-berüchtigten Schnellstraßensystem, das den Norden Nordamerikas mit dem Süden Südamerikas verbindet, für den bärtigen Handwerker zum Meisterstück. Mit Bootsbau in Südfrankreich und bescheidenem Lebensstil hatte er sich das Geld für die Erfüllung seines Traums zusammen gespart.

Dabei ging nicht alles glatt, und nicht alle Menschen waren nett. In Guatemala wurde Eischeid gleich zwei Mal kurz hintereinander von bewaffneten Räubern überfallen. Er verlor Wertsachen, aber nicht sein Leben. Auch nicht, als er zwei Mal heftig stürzte, bei 45 Grad das Death Valley in den USA durchquerte und beim Zelten in Kanada Besuch von einem Grizzly-Bären bekam.

Ein Döschen Wasser wandert von Alaska nach Argentinien

Aber weitaus mehr beeindruckt hat Eischeid die Herzlichkeit der Menschen in armen Ländern wie Guatemala, Kolumbien oder Paraguay. Menschen, die in Hütten mit Dächern aus Bananenblättern lebten und ihn trotzdem einluden – „ohne Angst oder Vorurteile“. Während in Deutschland über die „Flüchtlingskrise“ debattiert wurde.

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Acht Kolben, zwei Zylinder, drei Bremstrommeln, fünf Satz Reifen und sehr viel Pflege waren nötig, um die eigentlich robuste Elsi in all der Zeit am Laufen zu halten. Auch sie hat ihre Reise bewundernswert gemeistert und ihr wohl wichtigstes Gepäckstück ans Ziel gebracht. Am Anfang seiner Reise hatte Alexander Eischeid ein Döschen mit Wasser aus der Beaufortsee vor der Küste Alaskas in Elsis Rahmen gesteckt.

Am südlichsten Punkt Argentiniens goss er es in den Ozean. Wasser transportiert, Mission erfüllt. Die nächste Reise kann kommen. Alexander Eischeid träumt nun davon, mit einer Ape, einem dreirädrigen Klein-Transporter, durch Afrika zu fahren.

Weitere Informationen unter: www.vesparicana.de

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