AbschlussberichtKeine Einigkeit über Staatsversagen in Kölner Silvesternacht

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Ausschussvorsitzender Peter Biesenbach (CDU)

Ausschussvorsitzender Peter Biesenbach (CDU)

Köln/Düsseldorf – Der Abschlussbericht des „Untersuchungsausschusses Silvesternacht“ des Düsseldorfer Landtags ist rund 1400 Seiten stark. Das Dokument erhebt den Anspruch, die wichtigsten Erkenntnisse von 61 Sitzungen und 178 Zeugenvernehmungen zum Geschehen der Silvesternacht 2015/2016 zusammenzufassen.

Die Ereignisse seien „gründlich aufgearbeitet“, sagt SPD-Obmann Hans-Willi Körfges. CDU und FDP sehen das anders. Sie sprechen von einer „Stornierung der Wahrheit. Täuschen, tricksen, verheimlichen“, sei das Prinzip von Rot-Grün bei der Erstellung des Berichts gewesen, kritisiert Unions-Obfrau Ina Scharrenbach.

Diskussion über Willkommenskultur verändert

Die Kölner Silvesternacht hatte die Diskussion über die Willkommenskultur in Deutschland verändert. 513 Opfer hatten Strafanzeigen wegen sexueller Übergriffe gestellt. Bei den Tätern handelte es sich überwiegend um Zuwanderer aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum. Viele Frauen wählten in ihrer Verzweiflung den Notruf 110. Doch auf Hilfe warteten sie oft vergeblich. Wie es zu dem eklatanten Staatsversagen kommen konnte, sollte der Untersuchungsausschuss aufklären.

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Unstrittig ist, dass die dreiste Vorgehensweise der Täter durch die schlechte Abstimmung von Landes- und Bundespolizei sowie den städtischen Ordnungs- und Sicherheitskräften begünstigt wurde. Anders als im Vorjahr von der Bundespolizei angeregt, wurde die Hohenzollernbrücke nicht für Fußgänger geschlossen.

Panik drohte

Als dort eine Panik nach dem Feuerwerk wegen Überfüllung drohte, musste der Zugverkehr auf der Rheinquerung gesperrt werden. Die Folgen waren fatal: Im Bahnhofsbereich kam es zu einer massiven Überfüllung, die von den Tätern hemmungslos ausgenutzt wurde.

Nicht nur die Klärung der Zusammenhänge, sondern auch der Umgang mit der Aufarbeitung stand im Fokus der politischen Aufklärung. Über Wochen beeinflussten Enthüllungen durch die Medien die Arbeit des Gremiums. So stellte sich heraus, dass das unmittelbare Umfeld von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bereits am 1. Januar über sexuelle Übergriffe in Köln informiert war.

Mysteriöser Anruf aus der Leitstelle

Auch ein mysteriöser Anruf bei der Kölner Kripo wurde erst durch Presseberichte bekannt. Zwei Kripo-Männer berichten, ein „Anrufer aus der Landesleitstelle“ habe sie gebeten, den Begriff „Vergewaltigung“ aus einer internen Meldung über die Übergriffe zu streichen.

Versuche, den „Stornowunsch“ nachzuverfolgen, liefen ins Leere, weil Verbindungsdaten gelöscht wurden. Durch seine Aussage zur „Storno-Affäre“ geriet NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Bedrängnis. Er hatte fälschlicherweise den Eindruck erweckt, die Kölner Polizei habe die Aussagen der Kripobeamten dementiert.

CDU und FDP bemängeln, dass fast alle Textpassagen, die das Vorgehen der Landesregierung kritisch beleuchten, aus dem Textentwurf des Ausschussvorsitzenden Peter Biesenbach (CDU) gestrichen wurden. „Das Streichen und Schönen von Textpassagen ist den Opfern, der Öffentlichkeit und einjährigen Arbeit des Ausschusses unwürdig“, sagt Unions-Obfrau Scharrenbach. „Rot-Grün hat Transparenz versprochen, ist aber in Wahrheit nicht bereit, offen und ehrlich Fehler zu benennen“, fügt FDP Innen-Experte Marc Lürbke hinzu.

Wahlkampf auf Kosten der Opfer, ist der Vorwurf

SPD und Grüne erklärten, die Arbeit des Ausschusses habe gezeigt, dass die „Behauptungen und Verschwörungstheorien von CDU und FDP völlig haltlos und eindeutig widerlegt“ seien. Wer etwas anderes behaupte, verdrehe die Wahrheit und betreibe „Wahlkampf auf Kosten der Opfer“.

Union und Liberale haben ihre Schlussfolgerungen zur Silvesternacht in einem Sondervotum zusammengefasst. Darin heißt es, die Nachbereitung habe den Vertrauensverlust der Bürgerin in Rechtsstaat und Politik, der durch die Kölner Silvesternacht entstanden sei, weiter vergrößert.

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