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ArtenschutzKölner Zoo muss Waschbären aussterben lassen

Lesezeit 3 Minuten
  • Die EU-Verordnung über gebietsfremde Arten regelt, dass 37 Tiere und Pflanzen nicht mehr gezüchtet werden dürfen.
  • Der Waschbär ist das einzige Tier aus dem Kölner Zoo, das auf dieser Liste auftaucht.

Köln – Jeden Tag um Punkt 12 Uhr verzücken Inga und Gina die Besucher des Kölner Zoos. Wenn die beiden Waschbär-Damen von den Tierpflegern ihr Futter bekommen, nehmen sie es mit ihren kleinen Vorderpfoten immer ganz genau unter die Lupe, bevor sie es genüsslich verspeisen. Bald gehören diese unterhaltsamen Fütterungen aber wohl der Geschichte an. Denn aus dem Kölner Zoo und aus ganz Europa sollen die Waschbären nach Willen der Europäischen Union (EU) verschwinden.

In dieser Woche ist die EU-Verordnung mit der Nummer 1143/2014 über sogenannte invasive gebietsfremde Arten in Kraft getreten. Sie listet insgesamt 37 Tier- und Pflanzenarten auf, die mit ihrer Ausbreitung in Europa andere Arten und Ökosysteme gefährden und deshalb nicht mehr gehalten, gezüchtet, importiert und verkauft werden dürfen. Die Regelung gilt auch für Zoos. Diese dürfen ihre Tiere zwar behalten, müssen aber dafür sorgen, dass sie sich nicht fortpflanzen oder ausbrechen. Der Waschbär ist das einzige Tier aus dem Kölner Zoo, das auf dieser Liste auftaucht.

Das kölsche Waschbären-Duo ist schon alt. Gina kam im Jahr 2006, Inga 2007 zur Welt. „Wir wollten mit ihnen keinen Nachwuchs mehr züchten – und wahrscheinlich können sie sich auch gar nicht mehr fortpflanzen“, sagt Zoodirektor Theo Pagel. Dass die Art nach dem Tod der beiden Waschbär-Seniorinnen aber komplett aus dem Zoo verschwinden soll, war eigentlich nicht geplant. „Wir wollten schon noch Waschbären halten“, sagt Pagel.

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Ein Botschafter fällt weg

Denn die Tiere übernehmen im Kölner Zoo schon seit vielen Jahren auch eine pädagogische Aufgabe: „Der Waschbär war für uns bislang immer ein lebendiges Beispiel zur Aufklärung über invasive Arten“, erklärt Pagel. Die Tiere seien für die Besucher sehr attraktiv, den meisten von ihnen bekannt und sie könnten gleichzeitig eine wichtige Botschaft vermitteln.

Am Gehege in Köln sind Schilder angebracht, die die Ausbreitung der Waschbären in Deutschland und Europa erklären (siehe „Wie der Waschbär nach Deutschland kam“). Über die Tiere könne man den Zoobesuchern sehr gut nahebringen, welche Auswirkungen es haben kann, wenn Tiere in fremde Lebensräume vordringen und ein Ökosystem durcheinanderbringen, sagt Pagel. „Mit dem Waschbär verliert der Kölner Zoo einen Botschafter.“

Fragliche Auswahl durch die EU

Der Idee der Europäischen Union, mit der neuen Verordnung etwas gegen Tiere und Pflanzen zu unternehmen, die auf dem Kontinent eigentlich nicht zu Hause sind und mutmaßlich Schaden anrichten, kann Zoodirektor Theo Pagel so gar nichts abgewinnen. „Auch die Auswahl der Tiere auf der Liste ist fraglich.“ Neben dem Waschbären stehen eine Reihe von Krebs- und Krabbenarten, Hörnchen-Gattungen und auch Chinesische Muntjaks, eine Hirschgattung, die der Kölner Zoo bis vor kurzem auch noch gehalten hat, auf der Liste der neuen EU-Verordnung.

Um der neuen Regelung gerecht zu werden und die Waschbären in Europa auszurotten, müsse man eigentlich „einen regelrechten Feldzug gegen die vielen freilebenden Waschbären anstreben“, sagt Pagel. Seit vielen Jahren schon würde den wilden Tieren zwar nachgestellt, „aber es gibt Arten, die kriegen Sie einfach nicht mehr weg.“

Mit dem Verband der Zoologischen Gärten sei man bereits mit der Bundesregierung über die Umsetzung der neuen Verordnung aus Brüssel im Gespräch, sagt Theo Pagel. Ob diese Verhandlungen erfolgreich sein werden, ist allerdings fraglich. Im Kölner Zoo könnten die Waschbären darum schon sehr schnell ausgerottet sein: Schließlich haben Inga und Gina höchstens noch einige wenige Jahre zu leben.

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