Ausstellung120 Jahre Kölner Kinogeschichte

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Der erste Kinoneubau Kölns: Das 1912 eröffnete „Moderne Theater“

Der erste Kinoneubau Kölns: Das 1912 eröffnete „Moderne Theater“

Köln – Es war die erste Kamerafahrt der Filmgeschichte und eine der ersten Filmaufnahmen aus Köln: Im September 1896 nahm Constant Girel, ein Mitarbeiter der Brüder Lumière, von einem fahrenden Boot aus das Kölner Rheinpanorama auf.

Frachtkähne sind zu sehen, die in Deutz vor Anker liegen, ein Schiff, das schwarze Dampfwolken gen Himmel bläst. Fußgänger laufen über die Schiffbrücke. Die Wirkung des nur 50 Sekunden langen Streifens auf das Publikum war furios: Der Realismus der Bewegungen und selbst kleinster Details wie die Wellen des Flusses begeisterten die Zuschauer.

Nur wenige Monate zuvor, am 20. April 1896, hatte in einem Haus am Augustinerplatz (heute Hohe Pforte) die erste Filmvorführung vor zahlendem Publikum auf deutschem Boden stattgefunden. Gezeigt wurden zwölf kurze Werke, die die Brüder Auguste und Louis Lumière mit ihrer bahnbrechenden Erfindung, dem Cinématographe, aufgenommenen hatten – eine Sensation.

Alles zum Thema Film und Fernsehen

„Das war die Geburtsstunde des Films in Deutschland. Der Siegeszug des Kinos begann also in Köln“, sagt Mario Kramp, Leiter des Kölnischen Stadtmuseums, das sich jetzt erstmals dem Thema widmet.

Die Ausstellung „Großes Kino!“ blickt vom 4. Juni an auf 120 Jahre Kölner Kinogeschichte zurück. Gemeinsam mit dem Verein „Köln im Film“ präsentiert das Stadtmuseum mehr als 150 teils noch nie gezeigte Originalobjekte, Fotografien und historische Filme.

In neun chronologisch aufgebauten Etappen schlägt die Schau einen weiten Bogen; von der Frühzeit über die glamourösen 1920er Jahre zum Kino-Boom der 50er Jahre, vom langsamen Niedergang durch die Verbreitung des Fernsehens ab den 60er Jahren über das Aufkommen der Multiplex-Kinos bis hin zur Digitalisierung.

Den Anstoß lieferte ein Buchprojekt des Vereins „Köln im Film“. Die Autorinnen Marion Kranen und Irene Schoor hatten dafür mehrere Jahre lang recherchiert. Die Ergebnisse ihres Buchs „Kino in Köln – Von Wanderkinos, Lichtspieltheatern und Filmpalästen“ flossen in die Ausstellung ein. „Das war für uns ein Herzensanliegen. Denn hier Treffen Kino-, Film- und Stadtgeschichte wunderbar aufeinander“, sagte Irene Schoor anlässlich der Buchpräsentation in der vorigen Woche.

Warum ein Schokoladenfabrikant Köln zur Kino-Stadt machte

Dass Köln Kino-Stadt der ersten Stunde wurde, ist vor allem einem Mann zu verdanken: Ludwig Stollwerck. Der Schokoladenfabrikant war fasziniert von neumodischen Apparaturen aller Art, rund 15 000 seiner Süßigkeitenautomaten für den Straßenverkauf hatte er in ganz Deutschland installiert. Auch die ökonomische Durchschlagskraft der Cinématographen erkannte er sofort.

In einem Brief an einen Geschäftspartner, den „Köln im Film“ auf seiner Webseite zitiert, schrieb er: „Ich habe nie in meinem Leben eine Erfindung gesehen, mit welcher ohne Risiko und fast ohne Arbeit so viel Geld verdient wurde. Die Leut’ schleppen ja das Geld rein ins Haus!“

Stollwerck kaufte von den Lumière-Brüdern die Lizenz für Deutschland und holte die ersten Filmvorführer an den Rhein. Von ihnen stammen auch die allerersten Filmaufnahmen aus Köln: „Am Kölner Dom nach dem Hauptgottesdienst“, „Ankunft eines Eisenbahnzuges“, „Pontonbrücke“ sowie das eingangs beschriebene „Panorama vom Schiff aufgenommen“.

In der Ausstellung werden – so wie viele weitere historische Aufnahmen – auch die vier frühen Lumière-Filme gezeigt, wie Mit-Kurator Sascha Pries bei einem Rundgang erläutert.

Besonders stolz ist das Museum, dass es den Neon-Schriftzug vom „Theater am Rudolfplatz“ für die Nachwelt retten konnte. Erst vor zwei Wochen sei das Stück von dem zum Abbruch bestimmten Gebäude abmontiert worden.

Neben Leihgaben von den Filmmuseen in Frankfurt und Potsdam sind zahlreiche Objekte privater Sammler zu sehen. Einer von ihnen, der Kölner Claus Michael Sierp, steuerte gleich 15 Stücke bei, darunter Original-Stühle und Wandleuchten aus dem Hansa-Theater an der Weidengasse. Als das Kino Anfang der 80er Jahre geschlossen wurde, entdeckte Sierp, unter der Bühne versteckt und in Kisten verpackt, einen Projektor aus den 1930er Jahren. Seit Jahren versucht der Cineast, in Köln ein eigenes Medien-Museum zu gründen – bislang vergeblich. „Jetzt freue ich mich, dass wenigstens einige Stücke öffentlich zu sehen sind.“

Ausstellung und Begleitprogramm

Die Ausstellung „Großes Kino! 120 Jahre Kölner Kinogeschichte“ ist vom 4. Juni bis zum 6. November im Kölnischen Stadtmuseum, Zeughausstraße 1, zu sehen. Eintritt 5 Euro (erm. 3 Euro).

5. Juni: Kinospuren. Stadtspaziergang zur Kinogeschichte mit „Köln im Film“. Treffpunkt um 11.45 Uhr am Residenz, Kaiser-Wilhelm-Ring 30. 15 Euro, Anmeldung per E-Mail.

7. Juni und 26. Juli, 18 Uhr: Kuratorenführung

2. Juli: Exkursion „Wie das Kino ins Severinsviertel kam“, mit Blick hinter die Kulissen des Odeon. Treffpunkt um 13.30 Uhr am Odeon, Severinstraße 81. 15 Euro, Anmeldung unter der Rufnummer 0221/22122398.

26. August, 19 Uhr: „Wissensdurstig! 120 Jahre Kölner Kinogeschichte mit Eiskonfekt, Popcorn, Martini und Premierensekt.“ 12 Euro, Anmeldung unter 0221/22122398.

21. September, 19 Uhr: „Mach Dir ein paar schöne Stunden, geh’ ins Kino!“. Filmabend zur Kölner Kinogeschichte. 8 Euro.

25. Oktober, 18 Uhr: Mit Museumsdirektor Mario Kramp durch 120 Jahre Kölner Kinogeschichte.

Die Veranstaltungen kosten, soweit nicht anders angegeben, nur den Eintritt.

Das Buch: Marion Kranen, Irene Schoor: „Kino in Köln. Von Wanderkinos, Lichtspieltheatern und Filmpalästen.“ Emons Verlag, 24,95 Euro.

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