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Bettina Böttingers neue WDR-Sendung„Das gab es im Fernsehen bislang so noch nicht“

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Bettina Böttinger

Bettina Böttinger

Köln – In Ihrer neuen Sendung „Böttingers Bücher“ stellen Sie Bücher von Schriftstellern aus der Region vor. Die Idee scheint aus der Zeit gefallen, die Einschaltquoten von Büchersendungen sind ja mäßig. Wie kam es zu der Sendung?

Bücher im Fernsehen zu präsentieren, ist ein schweres Unterfangen. Die Zuschauer haben die Bücher in den allermeisten Fällen nicht gelesen – man spricht kenntnisreich über etwas, über das keine Kenntnis vorhanden ist. Die meisten Büchersendungen finden an einem runden Tisch statt, das ist auch nicht immer so prickelnd. Ich mag wahnsinnig gern Reportagen und lese sehr, sehr gern – deswegen wollte ich in Reportage-Form über Bücher und ihre Entstehung berichten. Das gab es im deutschen Fernsehen so noch nicht.

Klingt nach viel Arbeit.

Alles zum Thema Deutscher Bundestag

Das ist es auch, netterweise hat der WDR mich machen lassen. Wir haben mit Hanns-Josef Ortheil, dessen neues Buch „Der Typ ist da“ in Köln spielt, unter dem Dach des Kölner Doms gedreht, vor der Wohnung seiner Kindheit in Nippes, im Goldenen Kappes, am Wallrafplatz, im Konzertsaal des WDR, im Zug von Köln nach Frankfurt … mit Wolfgang Kaes, der als Reporter des „General-Anzeiger“ aus Bonn einen Mord aufgedeckt hat, waren wir am Grab der von ihrem Ehemann ermordeten Frau – mit dem Bruder der Frau. Das war sehr bewegend. Wir bekommen sehr tiefe Einblicke in die Arbeit der Schriftsteller – das ist natürlich aufwendig. Als besonderen Kniff stellen wir in der Sendung immer zwei Autoren vor, die etwas verbindet: Bei Frank Schätzing und Hanns-Josef Ortheil – zwei Typen, die unterschiedlicher kaum sein könnten – war das die Liebe zur Musik. Bei Frank Goosen und Melanie Raabe das Thema Heimat.

Welche Autoren haben Sie am meisten beeindruckt?

Wenn es um die Haltung geht, dann sicher Wolfgang Kaes. Man sieht seinem Gesicht an und liest aus seinen Büchern, wie er kämpft und ringt: er hat ein Anliegen: Er will anprangern und aufklären, er will etwas bewegen, und, letztlich: Gerechtigkeit.

Haben Sie da eine Verwandtschaft entdeckt?

Ich würde mich da nicht vergleichen wollen, das fände ich vermessen. Aber ich spreche im „Kölner Treff“ natürlich gern mit Menschen, die etwas bewegen, die sich selbst nicht genug sind. Auch sonst, sei es bei der lit.Cologne oder anderen Literaturfesten, engagiere ich mich für Autoren und ihre Bücher.

Welche Bücher haben Ihnen Literatur nah gebracht?

Ich habe schon als Schülerin gern und viel gelesen. Am nachhaltigsten beeindruckt hat mich „Das Tagebuch der Anne Frank“, weil ich über dieses Buch das Brutale, Furchtbare, Menschenverachtende des Dritten Reichs begriffen habe. Ich habe dann später Germanistik studiert, mache jedes Jahr bei der lit.Cologne mit, an diesem Wochenende bin ich als Moderatorin bei einem Literaturfestival in der Schweiz. Ich rede einfach gern mit Autoren über deren Werke.

Was lesen Sie gerade?

Eine Biografie über Manuel Gasser, den Gründer der Schweizer „Weltwoche“, Autor ist David Streiff, weil ich den in der kommenden Woche in der Schweiz interviewen werde. Für den Urlaub habe ich mir „Der menschliche Makel“ von Philip Roth rausgelegt, eines der vielen Bücher, die ich schon sehr lange lesen wollte.

Ein harter Schnitt: von Philip Roth zur Ehe für alle. Wie haben Sie reagiert, als der Bundestag die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen beschlossen hat?

Ich habe noch eine Woche vor der plötzlichen Entscheidung auf WDR 3 einen Kommentar für die Ehe alle abgegeben. As ich am Freitagmorgen in Köln/Bonn aus dem Flieger stieg, das Handy einschaltete und las, wie klar die Abstimmung gefallen war, dass auch viele Konservative dafür gestimmt hatten, hat mich das sehr bewegt. Die Entscheidung war natürlich längst überfällig.

Sie leben in einer eingetragenen Partnerschaft und werden Ihre Partnerin jetzt heiraten.

Das ist ja eigentlich ein formeller Akt, aber auch ein schöner. Wir freuen uns sehr.

Das Gespräch führte Uli Kreikebaum

Böttingers Bücher, WDR-Fernsehen, nächste Sendung: 17. Juli, 22.40 Uhr, über „Mord und Totschlag“, mit Wolfgang Kaes und dem Autorinnenduo Nadine d' Arachart und Sarah Wedler.

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