Neusser LandstraßeBürger stehen Plänen für Flüchtlingsheim kritisch gegenüber

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Die Fühlinger Bürger ließen sich über das Flüchtlingsheim informieren.

Die Fühlinger Bürger ließen sich über das Flüchtlingsheim informieren.

Köln-Chorweiler – Die Stadt hatte mit großem Andrang gerechnet. Zu gut erinnerte man sich an die Veranstaltung im März, als der Bürgerverein „Wir in Fühlingen“ im voll besetzten Pfarrheim über das geplante Flüchtlingsheim im Ort informierte. Diesmal blieben viele Stühle leer in der Aula der Heinrich-Böll-Gesamtschule. Vielleicht wussten viele, dass der Leiter des Amtes für Wohnungswesen, Josef Ludwig, nichts wirklich Neues erzählen würde.

Die Fakten sind bekannt. An der Neusser Landstraße/Blumenbergsweg plant die Stadt eine Unterkunft in Systembauweise. Bis zu 240 Menschen, überwiegend Familien, können dort voraussichtlich ab Mitte kommenden Jahres wohnen. Damit hat Fühlingen einen prozentualen Anteil an Flüchtlingen von rund zwölf Prozent – die höchste Zahl in ganz Köln.

Kritik an der Verteilung der Heime

Dementsprechend kritisch zeigten sich große Teile des Publikums. Bereits im März hatten Anwohner argumentiert, dass Fühlingen für rund 240 Flüchtlinge zu klein sei. Ohne richtige Infrastruktur – kein Supermarkt, keine Schule, nur eine Kita und eine Busverbindung – könne man die Menschen nicht angemessen integrieren.

Alles zum Thema Henriette Reker

Man sei ja generell bereit, Flüchtlinge aufzunehmen, aber die Anzahl sei zu groß. Zudem wurde kritisiert, dass innerhalb des Stadtgebiets solche Unterkünfte ungleich verteilt würden – viele im Kölner Norden, aber nur wenige in Lindenthal.

„Ich kann mich an die vielen Einwände erinnern, die im März erhoben wurden“, sagte ein Mann im Publikum. „Sie haben davon nichts mitgenommen. Diese Veranstaltung ist eine Farce.“ Ludwig konterte: „Ich habe damals schon gesagt, dass es einen Beschluss des Hauptausschusses gibt und ich beauftragt wurde, ihn umzusetzen.“ Der Ausschuss sei für die Bürger „so weit weg wie New York“, sagte ein Mann. „Geben Sie unsere Stimmung hier weiter?“

Natürlich gebe er das an Sozialdezernent Harald Rau – der ebenfalls an der Veranstaltung im März teilgenommen hatte – und an Oberbürgermeisterin Henriette Reker weiter, sagte Ludwig. „Es ist sehr wohl in der Politik angekommen, dass zwölf Prozent in Fühlingen exorbitant sind. Aber ich habe bislang von niemandem in der Politik die Bereitschaft vernommen, den Beschluss zu ändern.“

Auch ein damals von Rau angeregtes Stadtteilgespräch wird laut Ludwig nicht zustande kommen. „Herr Rau hat das Thema in den Verwaltungsvorstand mitgenommen“, erklärte der Amtsleiter. „Aber seine Kollegen haben gesagt, dafür stehen wir und unsere Ämter nicht zur Verfügung.“

Appell ans Publikum

Ludwig versuchte, die teils erhitzen Gemüter etwas zu besänftigen. „Die Flüchtlingszahlen sind rückläufig“, sagte er. Stand 28. Juni lebten 11606 Geflüchtete in Köln – weniger als in den vergangenen Jahren. „Wenn die Zahlen weiter sinken und der Bau nächstes Jahr steht, werden wir überlegen müssen, wie wir damit umgehen.“ Er sei „nicht aufgefordert“ worden, bei gleichbleibenden rückläufigen Zahlen alle 240 Plätze zu belegen. Schon jetzt sei nicht davon auszugehen, dass exakt 240 Menschen in das Gebäude ziehen. „Es werden rund 200 sein.“

„Warum wird die Unterkunft dann überhaupt gebaut?“, rief eine Frau im Publikum. „Weil der Druck auf die europäischen Außengrenzen groß ist“, entgegnete Ludwig. Und wenn die Zahlen erneut stiegen, wolle man vorbereitet sein. „Aber wo sollen die Kinder und Jugendlichen hin? Die Kitas und Schulen sind bereits überfüllt“, fragte eine Mutter. „Wir werden nicht alle – aber einige – Kinder in den Kitas unterbringen“, sagte Ludwig. Für die Schule müsse man nach Seeberg ausweichen.

Es gab aber auch andere Stimmen im Publikum. „Hätten wir auch so diskutiert, wenn um die Ecke ein Neubaugebiet für viele Familien gebaut werden würde?“ fragte ein Mann. Auch der Chorweiler Bezirksvertreter Klaus Roth appellierte an das Publikum: „Bitte sagen Sie nicht, dass die Flüchtlinge Sie überrollen. Das tun sie nicht. Sie suchen nach Hilfe, und fast alle wollen sich integrieren. Lassen Sie uns die Sache anpacken. Nur, wenn wir gemeinsam die Probleme angehen, kriegen wir es besser hin als es heute ist.“

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