ComputerladenPC-Experte und Virentöter

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Harald Müller in seinem Computerladen

Harald Müller in seinem Computerladen

Neustadt-Süd – Besser als jener Engländer, der erst von außen in den Laden starrte, dann die Eingangstür aufriss und ausrief: „Oh, what a shop!“, kann man es kaum ausdrücken. Was für ein Geschäft! Es ist der wahr gewordene Albtraum eines jeden Pingels, der Gegenentwurf zu allem, was gemeinhin als stylisch gilt und die absolute Sperrzone für Eltern, die mit ihren Heranwachsenden im Dauerstreit ums zugemüllte Zimmer liegen. Dabei ist auch Harald Müller jemand, der immer wieder aufräumt. Nur ist das Ergebnis danach meist genauso unklar, wie wenn Cindy aus Marzahn drei Tage lang fasten würde.

Harald Müllers Geschäft „Scor – Computer & Support“ liegt an der Maria-Hilf-Straße 4 in 50677 Köln. Telefon: 0221/9321216. Öffnungszeiten: montags bis freitags 13.30 bis 18.30 Uhr, samstags 10 bis 13.30 Uhr.

Wie lautet der Lieblingsspruch des 47-jährigen Computer-Ladeninhabers? „Der kluge Messi hält den Gang frei.“ Während er das sagt, lächelt der aus Ossendorf stammende Mann so, wie es nur jemand kann, der um die Treffsicherzeit seiner Sätze weiß. Was den Gang in seinem Laden betrifft, ließe sich mutmaßen: Hier hat einst bereits der legendäre Freddie Frinton seine Schrittfolge fürs „Dinner for one“ geübt. Einfach zu begehen ist die schmale Schneise zwischen all den an der Wand lehnenden Notebooks und dem Regal mit CD-Laufwerken, DVD-Brennern, Kabeln und Adaptern nicht. Harald Müller hat Mathematik und Informatik studiert, in den Semesterferien unter anderem in Rechenzentren gejobbt und dabei vor allem gelernt, „was ich nicht werden wollte“.

Seit der Eröffnung seines Südstadt-Geschäfts 1989 ist er Reparatur-Experte, Aufrüster, Beschleuniger, Entmüller, Virendoc und mitunter sogar psychologischer Beistand. Einen Kunden mit der Wahrheit zu konfrontieren, dass die Daten auf seinem Rechner unwiederbringlich verloren sind, erfordert viel Fingerspitzengefühl, und das hat Müller offenbar sowohl menschlich als auch handwerklich.

Optik des Ladens senkt die Hemmschwelle

Seine Kundschaft kann er im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilen: die, die vorsichtshalber alles doppelt und dreifach speichern und am Ende gar nichts wiederfinden, und die, die zu früh und zu viel löschen. „Gewisse Charakteristika der Menschen spiegeln sich eben auch auf ihren Rechnern wider“, sagt der Fachmann.

Apropos Charakteristika: Davon auszugehen, dass sich der Zustand des Ladens negativ aufs Geschäft auswirken könnte, wäre grundverkehrt. Vielmehr ist es so, „dass die Optik die Hemmschwelle herabsetzt, einfach hereinzukommen und nach etwas zu fragen“. Wer sich nur ein bisschen umschaut, gewinnt ohnehin die Zuversicht, hier selbst die Ersatzteile zu finden, die nötig sind, um das Uralt-Laptop am Laufen zu halten. Anders, als in manchem Handyshop, in den man sich kaum hereintraut, wenn man noch nicht Besitzer der neuesten Smartphone-Errungenschaft ist, kann man Müller schamlos die alte Kiste in die Hand drücken.

Im vorderen rechten Teil seines Geschäfts ist unter der Decke der Bereich, den Müller die Schlecht-erreichbar-Ecke nennt. Dort stehen Kartons mit Betriebssystemen, an denen heute allenfalls Saurier-Kinder Spaß haben dürften. Das wiederum heißt jedoch nicht, dass Harald Müller nicht in der Lage wäre, einem Spiel-Freak den für ihn geeigneten Hochgeschwindigkeitsrechner zusammenzubauen. Nur eines gelingt dem Südstädter bis heute eher schlecht: Die zwischendurch einfallenden Naturliebhaber davon zu überzeugen, dass die von Verpackungsmaterial überwucherte Palme wirklich aus Plastik ist.

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