Debatte im StadtratKölner Rat soll städtische Gebäudewirtschaft wieder kontrollieren

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Stadtrat Köln dpa

Eine Sitzung im Kölner Rathaus. (Archivbild)

Köln – Die städtische Gebäudewirtschaft hat wiederholt Mietverträge mit einem Volumen von mehreren Millionen Euro abgeschlossen, ohne das zuständige Gremium des Stadtrats zu beteiligen, wie Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergeben haben.

Die in der Betriebssatzung der Gebäudewirtschaft festgelegte Wertgrenze von 250.000 Euro, bis zu der die Dienststelle Objekte ohne Zustimmung des Ausschusses mieten kann, wurde demnach mehrfach ignoriert. In der Sitzung des Stadtrats am Donnerstag beschlossen die Politiker die Neuordnung der Gebäudewirtschaft. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

Wie reagiert die Leiterin der Gebäudewirtschaft?

Eine offizielle Anfrage ließ Petra Rinnenburger auch am Donnerstag unbeantwortet. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat die Chefin der Gebäudewirtschaft den Rechtsanwalt Rolf Bietmann, ehemals CDU-Ratsmitglied, eingeschaltet. Bietmann soll sich direkt an Oberbürgermeisterin Henriette Reker gewandt und sie aufgefordert haben, sich schützend vor Rinnenburger zu stellen. Er argumentiert, dass bereits seit 20 Jahren Anmietungen der Stadt nicht vom Stadtrat entschieden, sondern als Geschäft der laufenden Verwaltung gelten würden. Bietmann verweist auf die Zuständigkeitsordnung des Stadtrats. Die Gebäudewirtschaft habe lediglich auf Anforderung des Zentralen Raummanagements gehandelt, das dem Stadtdirektor unterstehe. Rinnenburger war bei der Ratssitzung am Donnerstag nicht anwesend.

Alles zum Thema Henriette Reker

Was steht in der Zuständigkeitsordnung?

In Paragraf 3 heißt es, dass Entscheidungsbefugnisse, die sich aus den jeweiligen Betriebssatzungen der Eigenbetriebe, eigenbetriebs-ähnlichen Einrichtungen und Sondervermögen ergeben, von der Zuständigkeitsordnung unberührt bleiben. Mit anderen Worten: Die Zuständigkeitsordnung gilt in Bezug auf die Gebäudewirtschaft, die eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung ist, nicht. Unter Paragraf 26 heißt es zudem, dass ein Geschäft der laufenden Verwaltung nur dann vorliegt, wenn die Wertuntergrenzen für die Zuständigkeit von Ausschüssen unterschritten werden. Genau das war aber bei mehreren Mietgeschäften der Gebäudewirtschaft nicht der Fall – die Grenze wurde überschritten.

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Welche Folgen hätte ein Verstoß gegen die Betriebssatzung?

Ein solcher Verstoß ist zunächst ein dienstrechtliches Vergehen. Der Vorgesetzte kann dann die üblichen Maßnahmen ergreifen, beginnend mit einer Abmahnung.

Was sagt die Stadt?

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat während der Ratssitzung angekündigt, dass die Stadt die Betriebssatzung der Gebäudewirtschaft ab sofort befolgen werde. Die Satzung sei bereits 2015 dahingehend geändert worden, dass der Ausschuss Anmietungen zustimmen muss. Es sei strittig, ob damit eine neue Rechtslage eingetreten sei. „Unabhängig davon wurde aber vor kurzem auf Empfehlung des Stadtdirektors die Praxis an die Änderung der Betriebssatzung angeglichen, und es wird jetzt so verfahren wie es die Betriebssatzung vorsieht“, sagte Reker.

Das gelte auch unabhängig davon, ob die Betriebssatzung de jure eine neue Lage geschaffen habe. Sämtlichen Anmietungen ab einem Gesamtbetrag von 250.000 Euro oder mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren muss der zuständige Ausschuss in Zukunft also auf jeden Fall zustimmen.

Was sagen die Ratspolitiker?

„Wir nehmen die geschilderten Vorgänge zu den Mietgeschäften der Gebäudewirtschaft sehr ernst“, sagt Martin Schoser (CDU), Vorsitzender des Betriebsausschusses Gebäudewirtschaft. Zum 1. Januar 2015 habe es eine Änderung der Betriebssatzung genau in diesem Punkt gegeben. Seit diesem Zeitpunkt hätten die Fachdienststellen die Finanzierung sicherzustellen. „Die Verwaltung ist nun in der Pflicht, für Aufklärung zu sorgen“, so Schoser. „Dann werden wir sehen, ob es für den Betriebsausschuss Gebäudewirtschaft Handlungsbedarf gibt. Auf jeden Fall sehen wir Gesprächsbedarf“, sagt Schoser.

Die SPD zeigt sich „äußerst irritiert“ über die Recherche des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur städtischen Gebäudewirtschaft. Die SPD fordert daher eine lückenlose Aufklärung. „Ich bin bestürzt über diese Nachrichten. Wenn es sich bewahrheiten sollte, dass das Baudezernat und die Gebäudewirtschaft seit Jahren gegen Vorschriften verstoßen haben, dann ist das ein erheblicher Vorfall“, sagt Inge Halberstadt-Kausch, baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Deshalb müsse der Sachverhalt jetzt zügig aufgeklärt werden.

Neue Organisation

Auf der Severinstraße wird erstmals in Köln eine Immobilien- und Standortgemeinschaft entstehen. Als Vorbild dienen die in Kanada und den USA etablierten Business Improvement Districts. Jeder Hauseigentümer muss sich finanziell daran beteiligen, eine Verweigerung ist nicht möglich. Über einen Zeitraum von drei Jahren sollen insgesamt 300 000 Euro zusammenkommen und investiert werden. Davon soll unter anderem ein Quartiershausmeister beschäftigt werden, der auf die Sauberkeit achten soll. (att)

„Wenn Abteilungen der Stadtverwaltung gegen Richtlinien verstoßen, dann müssen wir das im zuständigen Ausschuss diskutieren“, sagt Linken-Fraktionschef Jörg Detjen. Aber die Ausschüsse seien nicht informiert worden. Stattdessen vermutet er, dass Informationen aus der Stadtspitze an die Presse lanciert worden seien, um Mitarbeiter an den Pranger zu stellen. „Das ist eine Missachtung des Rates und der städtischen Beschäftigten“, kritisierte Detjen. Dem widersprach Stadtdirektor Stephan Keller in der Ratssitzung. „Wir stellen keine Mitarbeiter an den Pranger und schon gar nicht über die Presse“, sagte er.

Wie sieht die Neuordnung der Gebäudewirtschaft aus?

Die Gebäudewirtschaft soll mit zusätzlichem Personal ausgestattet werden, um künftig effizienter zu arbeiten. Petra Rinnenburger als technischer Leiterin soll ein kaufmännischer Leiter zur Seite gestellt werden. Zusätzlich soll für drei Jahre ein Interimsmanager installiert werden, der sich um die Neuorganisation kümmern soll. Kostenpunkt: 250.000 Euro im Jahr. Weiterhin sollen 15 externe Projektleiter eingestellt werden.

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