Dienstgruppenleiter über Silvester-Anruf„Streicht das Wort Vergewaltigung“

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polizei am hbf

Eine Gruppe Polizisten vor dem Kölner Dom.

  • Vor dem Silvesteruntersuchungsausschuss hat der Dienstgruppenleiter der Kriminalwache der Polizei Köln ausgesagt.
  • In einem Anruf von der Landesleitstelle wurde er offenbar gebeten, das Wort „Vergewaltigung" aus einem internen Bericht zu löschen.

Köln – Vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags hat am Vormittag ein Dienstgruppenleiter der Kriminalwache der Polizei Köln ausgesagt. Jürgen H. bestätigte, er habe am Neujahrstag einen Anruf von der Landesleitstelle in Duisburg erhalten. Der Anrufer habe ihn in schroffem Ton aufgefordert, das Wort „Vergewaltigung“ aus einem internen Bericht (WE-Meldung) zu streichen. Das sei ein Wunsch aus dem Ministerium. Vor dem Ausschuss sagte Jürgen H.: „Das Telefonat war sowohl von der Art und Weise als auch vom Inhalt her außergewöhnlich.“

H. schilderte, wie er am Neujahrstag seinen Spätdienst im Präsidium angetreten hatte, er hatte seine Jacke noch nicht ausgezogen, wollte gerade die Übergabe mit seinem Kollegen machen, als gegen 13.30 das Telefon klingelte. Er habe abgenommen, weil sein Frühdienst-Kollege gerade im Gespräch mit einem Mitarbeiter war. Der männliche Anrufer habe sich als Mitarbeiter der Landesleitstelle vorgestellt, also des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD), das dem Innenministerium untersteht. Der Anrufer sei direkt zur Sache gekommen. Den Namen des Mannes wisse er nicht mehr, sagte H. „Aus heutiger Sicht muss ich sagen, den hätte ich mir mal aufschreiben können.“

Nicht als Anordnung verstanden

In der WE-Meldung, die an verschiedene Behörden verschickt wurde, hatte H.'s Frühdienst-Kollege von sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht und von einer Vergewaltigung berichtet: Einer jungen Frau seien aus einer etwa 50-köpfigen Gruppe heraus Finger in Körperöffnungen eingeführt worden. In unhöflichem Ton habe der LZPD-Beamte am anderen Ende der Leitung gesagt: „Das sind doch keine Vergewaltigungen. Das streicht ihr bitte. Storniert die WE-Meldung und schreibt sie am besten ganz neu.“

H.  sagt, er habe dem Kollegen aus Duisburg dargelegt, warum es sich nach seiner juristischen Einschätzung in diesem einen Fall durchaus um eine Vergewaltigung gehandelt hätte. Wenn man  eine andere Rechtsauffassung habe, solle man sich nochmal melden, bat H. Daraufhin habe man das Gespräch beendet. Storniert oder gestrichen habe er nichts, auch habe es keine weiteren Anrufe oder Versuche gegeben, ihn in dieser Sache weiter zu bedrängen, betonte H. Aus diesem Grund gehe er heute davon aus, dass der Anruf keinen Versuch dargestellt hätte, seitens des Ministeriums etwas vertuschen zu wollen. Er habe das Telefonat nicht als Anordnung oder Weisung verstanden. „Es war eine Diskussion.“ Der 52-Jährige räumte allerdings ein, so etwas sei ihm zuvor noch nie passiert.

Im Verlauf des Montages sollen zu diesem Sachverhalt noch weitere Zeugen der Polizei Köln und des Landeskriminalamts gehört werden.

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